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Far Cry 6 (Shooter) – Die Revolution bleibt aus

Ein ferner Schrei: Feuer Frei! Abermals darf man in Far Cry 6 einen größenwahnsinnigen Diktator stürzen, diesmal vor malerischer karibischer Ku(ba)lisse. Ubisoft setzt weiter konsequent auf die eigene Open-World-Formel, stopft die Welt mit Aktivitäten voll und verbessert immerhin einiges im Vergleich zum Vorgänger. Etliche Möglichkeiten, die Serie auf ein höheres Niveau zu heben, bleiben aber ungenutzt oder werden nur zaghaft verfolgt, weswegen Far Cry 6 die altbekannte Open-World-Ballerbude mit Fast-Food-Geschmack bleibt.

© Ubisoft Montreal / Ubisoft

Schnelle Guerilla-Ausbildung

Letztlich wird Dani Rojas ein Widerstandskämpfer bzw. eine Widerstandskämpferin, wobei die Charakter-Entwicklung der Hauptfigur trotz langer Cutscenes eher sprunghaft als nachvollziehbar abgehandelt wurde. Was macht man also als Mitglied der Guerilla? Man muss die mächtigen Anhänger von Castillo ausschalten, die bestimmte Teile von Yara unterdrücken, bevor man die Hauptstadt stürmt. Um diese Zielpersonen auszuschalten, muss man sich mit anderen Fraktionen anfreunden, die zunächst erst skeptisch sind und durch Taten überzeugt werden müssen – so weit, so bekannt.
 
Aktivitäten ohne Ende

Neben den Haupteinsätzen, die sich um Abwechslung und jegliche Form von Action bemüht zeigen (etwas zu viel Gelaber), gibt es kleine reizvolle bis völlig bescheuerte Nebengeschichten – je nachdem wie überdreht die Questgeber-Charaktere gerade sind. Ansonsten kann man sich vor lauter Aktivitäten kaum retten. Man übernimmt Kontrollpunkte (Schnellreisepunkte), jagt Luftverteidigungsanlagen hoch, geht auf (meist nette) Schatzsuche, fährt Rennen, wirft die Angel aus, dezimiert Tiere, ergänzt den Fuhrpark, klaut Nachschublieferungen, reitet Pferde, entdeckt Minispiele, sammelt haufenweise Material für den Ausbau der Stützpunkte oder Waffenverbesserungen, erkundet die große Spielwelt und befreit Gefangene, damit diese auf Missionen gehen können. Hier und da fehlt es an gescheiten Erklärungen und Einführungen, doch zumindest hat Ubisoft im Vergleich zu den Vorgängern leichte Verbesserungen vorgenommen. So wird man bei leisen Attacken oftmals nicht von irgendwelchen Wildtieren überrascht und da man die Waffe wegstecken kann (hallo Assassin’s Creed), kann man schnell an Gegnern vorbeigehen, ohne gleich einen Kampf zu starten.  
 

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Impro-Feuerwerksbatterie gegen Panzer. © 4P/Screenshot

Für meinen Geschmack ist in der offenen Welt etwas zu viel los – und damit sind nicht nur die ganzen Aktivitäten gemeint, sondern es sind auffällig viele Patrouillen, Transporte, Castillo-Schergen, Panzer, Gefangenen-Eskorten oder Erschießungskommandos unterwegs. Die feindliche Präsenz wirkt wie in Ghost Recon Breakpoint zu allgegenwärtig und schafft es trotzdem nicht, auch nur einen Checkpoint zurückzuerobern.
 
Schleichen? Ballern? Oder beides?

Die reichlich portionierten Aktivitäten lassen die Welt vielfältig und pseudo-lebendig erscheinen, kaschieren den Fast-Food-Charakter und die fehlende Tiefe nicht. Wenn man aber weiß, worauf man sich einlässt und wofür Far Cry steht, dürfte man sich ordentlich unterhalten fühlen und hat in der Regel die Wahl, was man in Angriff nehmen möchte.  
 

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Die vermeintliche Urlaubsstimmung steht im Kontrast zum Regime von Antón Castillo. © 4P/Screenshot

Sehr schön ist, dass man recht viel Freiheit hat, um die Missionen anzugehen, jedoch längst nicht so viel wie bei Titeln von Arkane (jungst Deathloop). Meist gibt es mehrere Zugangswege oder Eingänge und man kann die Positionen der Gegner und von wichtigen Elementen (Alarmsystem, Fahrzeuge, Standgeschütze) mit einem Smartphone markieren, idealerweise von einer höheren Aussichtsposition. Dann steht die Entscheidung an, ob man lautstark oder leise-schleichend reingehen möchte. Die leise Vorgehensweise ist meist spannender, dauert jedoch viel länger, wird nur mit wenigen Bonus-Ressourcen belohnt und offenbart schnell die Grenzen der gegnerischen Computerintelligenz; Stealth-Kills mit Machete und versteckbare Leichen inklusive. Oftmals ist das Geschleiche nicht wirklich nötig, da man die Schergen mit dem wuchtigen Waffenarsenal förmlich niedermähen kann, wobei man natürlich von stürmisch-doofen Verhalten der Gegner im Kampf profitiert. Apropos KI-Qualität: Es haben sich Patrouillen in Far Cry 6 schon gegenseitig totgefahren.
 
Ohnehin gibt es nur zwei Schwierigkeitsgrade: einen extraleichten Story-Modus und den normalen Action-Modus, der tendenziell etwas zu leicht wirkt, außer wenn aus Versehen ein Panzer eine zeitkritische Mission stört oder Feinde von allen Seiten kommen. Die Checkpunkte waren in der Regel fair gesetzt.