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Far Cry 5 (Shooter) – Überall Wahnsinn

Nachdem man in Far Cry u.a. in fiktiven Gebieten Afrikas, Nepals und Indonesiens gegen machthungrige Tyrannen, Waffenschieber oder wild gewordene Piraten antrat, zieht es Ubisoft mit Far Cry 5 in den amerikanischen Westen. Hier nimmt man sich aktueller Themen wie Recht auf Waffenbesitz oder Religions- und Meinungsfreiheit an. Kann man den Shooter in offener Welt besser inszenieren als zuletzt? Mehr dazu im Test.

© Ubisoft Montreal / Ubisoft

Und die mit ihnen verbundenen Hintergrundgeschichten bleiben ebenso oberflächlich wie das Missionsdesign. Zuletzt hat auch Assassin’s Creed Origins sich in einigen Missionen die Zeit genommen, um einen eigenen kleinen, aber dennoch mit der Hauptgeschichte verbundenen Erzählbogen zu ziehen. Und das gelingt Far Cry 5 nicht. Und davon ist die Spielerfigur nicht ausgenommen: Trotz intensiver Erlebnisse fehlt die emotionale Anbindung. Immerhin bekommt man über die Upgrades und die Personalisierung von Waffen, Fahrzeugen und der Figur (über Klamotten) zumindest eine inhaltliche Verbindung. Und sobald man die ersten von neun „Haupt“-Helfern für seine Mission begeistern und später zwei mitnehmen kann, damit sie einen unterstützen, bekommen die Ballereien eine interessante Dynamik. Denn auch drei Tiere (ein Puma, ein Hund, ein Bär) können mit von der Partie sein und mit ihren Instinkten und teilweise mächtigen natürlichen Waffen die Feinde dezimieren. Wer stattdessen lieber von einer Sniperin, Flugspezialisten, die mit Bombenteppichen usw. unterstützen oder einer Überlebensspezialistin begleitet werden möchte, hat dazu ebenfalls Gelegenheit. Schade dabei ist allerdings, dass die Kommunikation innerhalb der Gruppe eher spartanisch stattfindet – was insbesondere auch der Fall ist, wenn man noch einen der  drei weiteren angeheuerten Miliz-Kämpfer dabei hat. Ich erwarte keine Zwiegespräche à la Tarantino oder wie bei den Filmen der Coen-Brüder. Auch Partyinteraktion im Stile der guten Bioware-Spiele ist nicht zwingend notwendig. Doch es könnte hier gerne etwas mehr und intensiver sein. Es gibt allerdings eine nennenswerte Ausnahme: Ist man mit Hurk und seiner Mom unterwegs, kann man sicher sein, dass die beiden auf die Aussagen des bzw. der anderen Bezug nehmen. Bei den anderen Konstellationen hingegen gibt es meist nur bedeutungslosen Smalltalk.

Der Shooter ist da


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Ein weiteres Beispiel für die maue KI: Ungeduckt sollte man sich nicht so problemlos auf die Gegner zubewegen können. © 4P/Screenshot

Dass angesichts der allgemein schwachen KI auch die Kameraden nicht immer die vorteilhafteste Entscheidung treffen, dürfte klar sein. Aber zum einen kann man sie im Rahmen eines durchaus großzügigen Zeitlimits wiederbeleben. Zum anderen erweisen sie sich als ebenso zielsicher wie die Gegner, wenn sie auf einen aufmerksam geworden sind. Dennoch sind die Aussetzer hier ebenfalls mehr als ein notwendiges Übel. Denn wenn man sich auf den Schleichpfad begibt und die Kumpel nicht darauf achten, in die Sichtlinie der Feinde zu gelangen, weil sie einfach nicht clever genug sind, ist der Frust groß. Aber zum einen kann man sich an den letzten der großzügig gesetzten Speicherpunkte zurücksetzen lassen. Und zum anderen kann man den Mitläufern über die nur rudimentären Befehle die Anweisung geben, hier oder dort zu warten – was sie in 95% der Fälle auch gewissenhaft machen. Im Gegenzug ist das Glücksgefühl unerwartet hoch, wenn der Angriffsplan auf ein Lager gelingt. Unter anderem auch, weil die Shooter-Mechanik von Far Cry auch im Ableger mit der Nummer “5” funktioniert. Das breit angelegte Waffenarsenal vom Bogen bis zum Raketenwerfer hat den nötigen, auch waffenabhängigen unterschiedlichen Wumms, ist aber ganz klar im Arcade-Bereich angesiedelt. Eine Pumpgun im Store mit einem Schalldämpfer auszustatten, mag ein Waffenschmied auch in der Realität hinkriegen, doch ein Zielfernrohr, dass die Reichweite für die Schrotflinte verlängert, ist dann doch eher Klamauk.

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Die explosive Action kann die KI-Defizite nicht verschleiern, aber versüßt sie zumindest ein wenig. © 4P/Screenshot

Doch in der Welt von Far Cry 5 funktioniert es und fühlt sich nicht nur gut, sondern auch irgendwie richtig an. Auch beim Scharfschützengewehr ist der Arcade-Einschlag spürbar: Man muss nicht auf Wind oder Entfernung achten, sondern nur seine Atmung per Knopfdruck unter Kontrolle bringen. In diesem Zusammenhang hätte aber das Trefferfeedback durchaus differenzierter ausfallen können. Je weiter man weg ist, desto weniger lassen sich mitunter Treffer ausmachen. Bei Gefechten in der Nähe hingegen funktioniert die Physik besser. Die Steuerung der Fahrzeuge, allen voran der Fluggeräte, ist ebenfalls weit von einer Simulation entfernt, macht aber gerade deswegen Spaß und ist im Falle der Hubschrauber auf jeden Fall besser als es seinerzeit in der Release-Version von Ghost Recon Wildlands war. Mit seinem offenen Abenteuerspielplatz ist Hope County den Just-Cause-Spielen recht ähnlich. Hier wie dort gibt es ähnliche Probleme (KI, Redundanz), die bei Rico Rodriguez’ Action-Ausflügen allerdings etwas besser kaschiert werden. Dennoch hält einen die Kampagne immer wieder für ein paar Momente gefangen. Sie hält einen immer wieder eine Mohrrübe in Form einer Storymission vor die Nase, von der man hofft, dass sie einen mehr zufrieden stellt als die letzte, meist nach Schema F ablaufende Befreiung von Camps. Häufig ist dies der Fall. Ab und zu ist diese Hoffnung vergebens. Denn unter dem Strich scheint das Ziel von Far Cry 5 die Befriedigung von intensiven und effektheischenden, aber auch letztlich simplen Ballereien für eine größtmögliche Spielermasse zu sein. Hope County ist gleichermaßen Schauplatz für eine wilde, aber gehaltlose Arcade-Ballerei mit abgefahrenen Figuren und einer größtenteils todschicken Kulisse. Allerdings sind uns auf der PS4 (Pro) auch mehrfach Situationen begegnet, in denen bestimmte Missionstrigger nicht ausgelöst wurden, so dass ein Neustart des Spiels nötig war.