Ubisoft zeichnet ein düsteres Bild Amerikas: In Hope County, einem fiktiven Landstrich Montanas, haben religiöse Fanatiker, Waffennarren und „Doomsday Prepper“ (Zivilisten, die sich auf den nahenden Weltuntergang vorbereiten) die Herrschaft übernommen. Unter der Leitung von „Vater“ Joseph Seed, eines selbst ernannten Predigers, hat der christliche Kult „Return to Eden’s Gate“ mit Hilfe von Drogen und purer Gewalt die Bevölkerung entweder zu hörigen Gläubigen bekehrt oder in den Widerstand gezwungen. Als ein Bundespolizist Joseph Seed mit Hilfe der lokalen Gesetzeshüter festnehmen möchte, darunter auch der Spieler als Nachwuchs-Sheriff, der von allen nur entsprechend „Rook“ oder „Rookie“ genannt wird, eskaliert die Situation. Einen Hubschrauber-Absturz später sind die wesentlichen Gesetzeshüter in der Gewalt der Seed-Familie. Nur der Spieler ist durch einen glücklichen Zufall nicht in den Händen der Fanatiker und macht sich seinerseits auf eine aussichtslos scheinende Rettungsmission.
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Doch bevor man die drei großen Gebiete Hope Countys mit weit über 50 Quadratkilometern Wald-, Wiesen- und Gebirgslandschaft befreien und schließlich den finalen Angriff auf den Sekten-Anführer starten kann, während man ganz nebenbei tausende von religiösen Fanatikern erledigt, muss man kleine Brötchen backen. Auf Dutch Island, einer kleinen Insel im Zentrum von Hope, benannt nach ihrem Bewohner, einem Patrioten, der die Nase voll von den Seeds hat, erledigt man die ersten kleineren Aufträge und lernt die wesentlichen Mechaniken von Far Cry 5 kennen. Und die unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht sehr von ihren Vorgängern. Die Camps, die man einnehmen muss, wobei man tunlichst Aufmerksamkeit vermeiden oder die (teils multiplen) Alarme ausschalten sollte, sind schon lange ein mehr oder weniger erfolgreicher Bestandteil der Serie. Hier werden sie genutzt, um einerseits den Einfluss von Eden’s Gate zu verringern und zum anderen um Widerstandspunkte zu sammeln, die mit bestimmten Meilensteinen Schlüsselszenen freischalten.
Im Kampf gegen die Vergangenheit
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Während das Gros der nötigen Punkte über die Aufgaben der Hauptgeschichte erreicht werden kann, die bei engem Fokus etwa 30 Stunden in Anspruch nimmt, muss man von Zeit zu Zeit auch eine der zahlreichen Nebenmissionen erledigen. Dabei fallen einige Dinge positiv auf: Im Gegensatz zu einigen anderen, vor allem älteren offenen Welten von Ubisoft muss man hier nicht mehr auf Türme steigen, um neue Gebiete und deren Missionen zu öffnen. Nicht nur, dass Ubisoft sich hier einen augenzwinkernden Seitenhieb auf die eigene Vergangenheit erlaubt – zudem sind alle Gebiete von Anfang an komplett offen, wobei nur Kernmissionen vom Start weg verfügbar sind und man erstmal sehen muss, wie man zum Zielort gelangt. Alle weiteren Nebenaufgaben findet man über Gespräche mit geretteten Bewohnern Hope Countys heraus – eine gute Idee. So erfährt man erst nach und nach, wo weitere relevante Personen, Camps von Eden’s Gate oder zu zerstörende Infrastruktur oder die Verstecke von „Preppern“ mit Geld, Munition usw. oder gar besondere Jagd- bzw. Angelgebiete gefunden werden können. Man kann Comics und verloren gegangene Feuerzeuge suchen, Zeitrennen bestreiten und einiges mehr. Allerdings ist man nicht auf diese Gespräche und Rettungsaktionen angewiesen, da man nahezu alles auch beim Erforschen der Umgebung entdecken kann. Doch natürlich erleichtern die direkt auf der übersichtlichen Karte verzeichneten Tipps die Suche immens. Und mit den minimalistischen Gesprächen kommt wenigstens ab und an der Eindruck einer lebendigen Welt auf. Allerdings einer, in der man nur in Krisensituationen, sprich: Angriffen von Kultisten, zumindest ein paar Leute auf der Straße sieht.
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Hier waren die letzten offenen Welten von Ubisoft allesamt weiter. Sowohl Watch Dogs 2 als auch Ghost Recon Wildlands und zuletzt Assassin’s Creed Origins boten hier ein überzeugenderes Bild. Obwohl mir bei den Nebenaufgaben vor allem die überraschend kreativen Rätsel zum Betreten der Prepper-Verstecke gefallen haben, beginnen mit den Nebenmissionen daher auch die Probleme. Denn auf Dauer sind die sekundären Aufgaben nicht nur redundant, sondern auch mit zu wenigen Ausnahmen erzählerisch schlecht eingebunden. Die Spannung bei der Befreiung von Camps aus den Händen des Kults verliert sich zu schnell und wird in Ausnahmefällen nur noch durch ein etwas anspruchsvolleres Layout und mehr Alarmanlagen bzw. fordernde Gegner aufgebaut. Dabei darf man wie in den letzten Teilen auch schleichend vorgehen und versuchen, die Gegner aus dem Hinterhalt zu erledigen. Das wiederum wird wie das gesamte Spielerlebnis, egal ob ballernd, aus dem Hinterhalt, oder auch nur bei der Erforschung der Welt, durch die schlechte KI beeinflusst. Die einzigen Momente, in denen die Gegner einigermaßen überzeugend reagieren und dann auch umgehend Gefahr ausstrahlen, erlebt man, wenn man unvorsichtigerweise in ihrem Sichtfeld einen Kameraden erledigt. Dann nehmen sie unbarmherzig die Verfolgung auf, rufen Verstärkung und lassen sich nur schwer abschütteln.