Die Speerspitze einer US-amerikanischen Vampir-Killer-Organisation bildet Jesse Rentier, der mit Elektro-Faust, Revolver, Repetier-Gewehr, Shotgun und Flammenwerfer für Ordnung sorgen soll – und, ja, diesen Berg an Ausrüstung führt das beinharte Raubein stets mit sich. Das ist auch bitternötig, denn das Schicksal der USA steht am Scheidepunkt. Entweder es gelingt den Menschen, der düsteren Plage Herr zu werden, oder der Obervampir feiert den endgültigen Sieg dunkler Mächte. Schon nach kurzer Spieldauer wird allerdings klar, dass der geneigte Spieler, der 60 Euro in den Sand gesetzt hat, der eigentliche Verlierer in der verwirrenden, langweiligen und technisch grenzwertigen Geschichte ist.
Dann nimmt Jesse mal drei, vier Vampire, Werwölfe oder auch mal einen einzelnen Superfetti auf’s Korn und erfreut sich dank breitem Moveset an einer Melange aus zuckenden Blitzen, jaulenden Vampiren und blutig explodierenden Hüllen. Leider hielten es die Entwickler für eine gute Idee, den Schwierigkeitsgrad an ein stark erhöhtes Gegneraufkommen zu koppeln. Dort dann die Oberhand zu gewinnen, ist aufgrund des niedrigen Schadens, den man anrichtet, oft frustig, meistens von hektischen Ausweichrollen geprägt und immer heillos chaotisch. Ein gutes Kampfsystem zeichnet sich durch einen intelligenten Mix von defensiven und offensiven Manövern aus. Hier dann rechtzeitig umzuschalten, um aus der Deckung dann aggressiv nach vorne zu gehen, bedeutet für den Spieler von Evil West nur eines: den sicheren Bildschirmtod.
Also laufen die Kämpfe in den allermeisten Fällen folgendermaßen ab: Der Spieler betritt die Arena über den einzig verfügbaren Zugang. Das Spiel schmeißt zu den bereits vorhandenen zehn bis zwölf kleineren Gegnern noch sechs spuckende Monster-Fliegen und ein paar Fernkämpfer auf für den Nahkampf unerreichbaren Stellen – für die muss also das Gewehr her. Spieler rollt, schießt, rollt, teilt ein paar Backpfeifen aus, rollt, legt an, schießt, rollt. Fünf gelegte Gegner später entschließt sich das Spiel noch zwei Superfettis und zwei axtschwingende Unholde reinzustellen, ist ja sonst kaum was los hier. Die beiden Dickmänner rennen dann mit Schilden im Stampede-Modus dem Spieler hinterher, deren K. I. erinnert dabei unweigerlich an die Kollegen aus Serious Sam. Der Spieler ist jetzt kaum mehr Herr der Lage und rollt nun noch einmal mehr, oft auch gerne in Wände oder Zwickmühlen. Die Superattacke der Dickmöpse geht dann aus mangelnder Übersicht natürlich gerne mal direkt in den Rücken – weil der Spieler ja immer noch genug mit dem Kroppzeug in der Arena zu kämpfen hat.
Am Ende des Tages manifestiert sich dann das, was ein Kampfsystem in einem modernen Spiel nicht ausmachen
sollte: Der Rückwärtsgang ist der bessere Vorwärtsgang. Auch einige Mini- und Endbosse sind von der Gegner-Inflation nicht ausgenommen. Die im letzten Level nur mühsam besiegte Riesenfledermaus hat eben auch oft Lust sich einfach mal mit ins oben beschriebene Getümmel zu werfen. Sind endlich alle Gegner besiegt geht es ab in den nächsten Schlauch, der rechts und links eine Kiste Loot zu bieten hat, nur um dann wieder in der nächsten Kampfarena zu münden. Schwitzen und Gähnen lagen selten so nahe beieinander.