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Empire: Total War (Taktik & Strategie) – Empire: Total War

Gute Traditionen sollte man pflegen – auch in der Spielewelt. Allerdings ist das Pflegesystem unberechenbar, wenn es um prominente Greise geht. Oft werden sie in hohem Alter noch mal künstlich fit gespritzt und verlieren dabei ihren Charme. The Creative Assembly hat sich um das gute alte Total War gekümmert. Das hat vor sieben Jahren mit japanischen Samurai für Aufsehen gesorgt, danach die Römer sowie kürzlich das Mittelalter bildgewaltig aufleben lassen. Und jetzt will man das Pulverdampfzeitalter einläuten. Hat das ehrwürdige Strategiespiel seinen Zenit überschritten oder marschiert es zu neuer Größe auf?

© Creative Assembly / Sega

Die neuen Kontrollzonen

Kampf oder Flucht? Diese Flotte hat mich im Hafen überrascht und sieht zahlenmäßig überlegen aus – dafür habe ich die besseren Schiffe. Risiko?

Ich ziehe meine große Flotte mit achtzehn Kriegsschiffen gerade durch das Mittelmeer, durch einen rot markierten Bereich meiner Feinde – die Barbareskenstaaten bei Tunesien kontrollieren dieses Gebiet. Aber nichts passiert – hey, war ich zu stark? Danach ziehe ich meine beiden schwachen Ostindien-Fahrer durch dasselbe Gebiet und zack – sie werden überfallen und versenkt; Mist! Hier erkennt man, dass das Prinzip des Abfangens sowie die KI gut funktioniert. Allerdings gab es auch ein, zwei Situationen, in denen eine feindliche Armee auf der Strategiekarte einfach so durch eine eigene Kontrollzone hindurch marschieren konnte. Und der Sinn der Festungen ist mir bisher nicht ganz klar, da man sie lediglich ausbauen, aber nicht aktiv zur Sicherung nutzen kann.

In der Regel funktioniert das neue System aber gut: Bevor es zu einer Land- oder Seeschlacht kommt, kann die Kontrollzone jedenfalls darüber entscheiden, wer zuerst zuschlägt. Diese Einflusszonen sind ein neues Element auf der Karte. Klickt man auf eine Armee, wird diese Zone farblich von grün bis rot dargestellt. Man kann mit einer Armee z.B. Brücken blockieren oder Flaschenhälse erstellen, durch die der Feind durch muss – auf diese Weise kann man verhindern, dass eine feindliche Armee nach Kriegserklärung gleich zur Hauptstadt vorrückt. Das Prinzip dieser Zonen ist ein gutes, denn so kann man auch geografische Besonderheiten in seine Planung einbeziehen. Ansonsten wurde die KI auf der Karte durchaus verbessert: Wenn man sie auf „schwierig“ einstellt, kann man beobachten, wie schwache Grenzen attakiert und der Abzug von Armeen eine Runde später ausgenutzt wird; auch das gezielte Postieren der Agenten in Schulen und Hauptstädten kann sich sehen lassen. Allerdings kommt es auch hier zu Aussetzern – vor allem, wenn hoffnungslos unterlegene Truppen (50) eine starke Garnison (350 Mann) attackieren, zweifelt man am Verstand oder an den Fähigkeiten der feindlichen Aufklärung.

Der präzise Manöverkompass

Die Kamera war immer so eine Sache in Total War. Ja, sie erlaubt quasi alle Perspektiven vom freien Schwenk bis hin zum direkten Einheitenzoom und zur Verfolgersicht, die besonders packend ist, wenn man mit der Kavallerie frontal in den Feind

Manchmal behindern Bergketten oder Flüsse den direkten Zugang in andere Gebiete – schon auf der Strategiekarte.

reitet. All das zeichnet sie aus. Trotzdem hatte und hat sie noch ihre kleinen Tücken, wenn man in der Hitze des Gefechts plötzlich Schlachtreihen ändern oder Truppenpositionen wechseln will. Vor allem bei Belagerungen verflucht man dann auch das zickige Positionieren, das nie so klappen will, wie man möchte – auf den riesigen Wehrgängen hat man einfach nicht genug Freiheit beim Postieren der Truppen.

Neu und sehr nützlich in der Landschlacht ist jedoch der Manöverkompass, mit dem man den Truppen per Mausklick auf einen Pfeil den Befehl zum schrittweisen Vorrücken erteilen kann – auch Schwenks nach links oder rechts sind so möglich. Hält man die Maustaste gedrückt, wandern die Positionspunkte weit nach vorne. Der Vorteil dieser Steuerungsverfeinerung liegt darin, dass man die Bewegung seiner Gruppen oder der ganzen Armee ruhig und ohne Drag&Drop-Gefummel koordinieren kann; dazu gehört das langsame Heranpirschen an die feindlichen Linien bis hin zur Schussreichweite.

Schön ist auch, dass das Sicht- und Schussfeld der angewählten Einheit leicht eingegraut dargestellt wird und dass man über einen Druck auf Space schattiert erkennen kann, wo die finale Position einer bewegten Truppe liegt – ideal, wenn man die Marschroute einer Truppe in der Hitze des Gefechts vergessen hat. Auch die Gruppenbildung, das gleichmäßige Marschieren in Formation sowie die knapp ein Dutzend vorgegebenen Formationen lassen keine Wünsche beim Armee-Management offen. Wer fleißig in die Erforschung militärischer Errungenschaften investiert, schaltet sich Schritt für Schritt neue Möglichkeiten im Feld frei – von der Aufpflanzung des Bajonetts über die Keilformation und Schrotladungen der Kanonen bis hin zur Quadrat-Formation gegen die Kavallerie. Alles, was erforscht wurde, kann aktiv in der Schlacht genutzt werden.