Veröffentlicht inTests

EA Sports MMA (Sport) – EA Sports MMA

Dass der Erfolg von THQs Mixed Martial Arts-Spielen rund um die Ultimate Fighting Championship die Konkurrenz auf den Plan rufen würde, war vorhersehbar. Doch bevor sich Ubisoft mit dem Kinect-Prügler Fighters Uncaged oder 505 Games mit Supremacy MMA zu Underground-Kämpfen ruft, geht EA als erstes auf Konfrontationskurs und schickt MMA in den Ring. Kann das neue Spiel des Tiburon-Teams (Madden NFL, Tiger Woods PGA Tour) den Sprung vom Underdog zum Champion schaffen?

© EA Tiburon / Electronic Arts

Bei den Submissions ist auch nicht alles so optimal, wie man es sich wünschen würde. Wieso z.B. kann man nur in den seltensten Fällen aus der Side Control einen Aufgabegriff starten? Und wieso führt eine erfolgreich abgewehrte Submission fast immer  zu einem Positionskonter, der als Ergebnis hat, dass der bislang verteidigende Kämpfer in Angriffsposition gehen kann? Und wieso ist die Full Guard-Position, die für Brazilian Jiu-Jitsu eine der Grundlagen eines erfolgreichen Bodenkampfes ist, für genau diese Spezialisten im Spiel so verdammt wirkungslos?

Das ganze Konter-, Positionsverbesserungs- und Angriffs-Prinzip des Bodenkampfes mit seinem Schere-Stein-Papier-Ansatz zeigt deutlich, dass auch abseits des zwar schwer zu erlernenden, aber effektiven Systems in der UFC-Serie Platz für Bodenkampf in einer anderen Form ist. Und hat man sich an die Einschränkungen gewöhnt, kommt es auch am Boden zu

Es stehen zahlreiche Regelsets (Strikeforce, Vale Tudo, Unified etc.) sowie verschiedene Ringe zur Auswahl.

spannenden Duellen und einem dynamischen Hin und Her. Doch die Dynamik hätte ungleich höher ausfallen können. Die Ansätze sind da, aber am Ende fehlte es. An was? Schwer zu sagen. Es könnte Zeit sein, Ideen, was auch immer. Natürlich ist dies Jammern auf einem hohen Niveau. Doch EA hat sich auch das hohe Ziel gesetzt, den UFC-Titeln den Kampf anzusagen. Die handwerkliche Grundlage ist mit MMA gelegt. Das Kampfsystem geht auf, zeigt im Detail aber Limitierungen, die nicht durch den arcadigeren Ansatz erklärbar sind.

Ausdauer über alles

Wer sich mit MMA im Allgemeinen etwas beschäftigt, wird der Begriff „Cardio“ geläufig sein. Darunter versteht man meist die Kondition und das Ausdauer-Verhalten der Kämpfer. Und Ausdauer ist im Spiel einer der Impulse gebenden Faktoren innerhalb der Kampfmechanik. Wenn Ausdauer nur noch in geringem Maße oder gar nicht mehr vorhanden ist, verpuffen Schläge wirkungslos, kann kein vernünftiger Block mehr gesetzt werden und man ist anfällig für Takedowns, Transitions oder Aufgabegriffe.

Jede Aktion kostet Ausdauer, wird sie geblockt, ist der Energieverlust sogar noch höher. Mit diesem Prinzip alleine würde man schon dem im Mixed Martial Arts-Bereich gern benutzten Begriff des „Gameplan“, also der taktischen Ausrichtung des eigenen Kampfes Rechnung tragen.
MMA setzt dem aber sogar noch einen weiteren Punkt auf und bringt für Kopf, Oberkörper und Beine zusätzliche „Gesundheitsleisten“ ins Spiel, die bei entsprechenden ungeblockten Angriffen auf die jeweiligen Partien in Mitleidenschaft gezogen werden. Ist die „Kopfenergie“ auf Null, folgt ein Niederschlag oder gar Komplett-KO. Bei den Beinen hat ein Erreichen der Null-Linie eine starke Limitierung der Fortbewegung zur Folge. Und ist der Körper in Mitleidenschaft gezogen, ist der Ausdauer-Verlust kaum noch auszugleichen.

Das Problem: Die taktischen Geplänkel, die sich durch die verschiedenen Kampfstile (ist man eher ein auf Nahkampf ausgerichteter Boxer oder Muay Thai oder ein auf den Bodenkampf fokussierter Judoka oder Jiu Jitsu-Spezialist) ergeben könnten, spielen kaum eine Rolle.
Und das nicht nur, weil die Ausdauer sich insgesamt wieder zu schnell auflädt und die Kämpfer zwar eindrucksvoll schwitzend, aber dennoch weitestgehend frisch selbst am Ende einer 20-Minuten-Runde umeinander herumtanzen. Sondern auch, weil die Unterscheidungsmöglichkeiten dank eines insgesamt überschaubaren Bewegungs-Repertoires eher gering ausfallen. Natürlich wird man mit einem BJJ-Kämpfer am Boden bei Aufgabegriffen geringfügig mehr Möglichkeiten haben und ein Boxer hat im Zweifelsfall eine mörderische Schlagkraft sowie den einen oder anderen „Spezial“-Angriff wie „Superman Punch“ oder „Spinning Backfist“. Doch letztlich spielen sich alle Kämpfer sehr ähnlich. Und damit hat der „Gameplan“ eigentlich keine bzw. zu geringfügige Auswirkungen.

Solo-Käfigkämpfe

Ist man alleine in MMA unterwegs, wird man sich vorzugsweise an die Karriere klammern, bei der EA wieder an der Prämisse „Hauptsache anders als bei Undisputed“ festhält. Und wie bislang ergeben sich daraus sowohl positive als auch negative Elemente.

Geschmeidige Animationen und Muskelpartien, die sich unter der Haut bewegen: Die MMA-Kämpfer hinterlassen technisch einen sehr guten Eindruck.

Nehmen wir z.B. den Karrierefortschritt: Nach der Kämfpererstellung geht es in die ersten Trainingssessions. Hier wird man von MMA-Spezialist Bas Rutten in die Grundlagen der Steuerung eingeführt, bevor man in das professionelle Vollkontakt-Kämpfen entlassen wird.

Und ab diesem Moment öffnet sich hinsichtlich der Fortbildung und Weiterentwicklung des Kämpfers beinahe die ganze Welt. Vor jedem Kampf, der übrigens sehr einschränkend von den Computer-Managern festgelegt wird, hat man die Möglichkeit, die bis dahin gewonnenen Preisgelder dafür zu nutzen, sich bei einem „Spezialisten“ für ein achtwöchiges Trainings-Camp einzuschreiben. Dort findet man nicht nur unter Umständen Trainings- und damit Aufwertungsmöglichkeiten, die es bei keinem anderen Coach gibt, sondern vor allem Special-Moves, von denen man sich insgesamt 16 antrainieren kann.

Das Besondere der Trainingsessions ist jedoch nicht, dass man sie auch wahlweise automatisch abarbeiten kann und trotzdem deutliche Verbesserungen der Kampfwerte spürt. Oder dass im Gegensatz zu UFC keine Gefahr besteht, wieder abgewertet zu werden. Sondern vielmehr, dass die aktiv geführten Trainings-Sitzungen deutlich näher an dem gewünschten Lernziel liegen als bei der Konkurrenz. Wenn man z.B. eine Submission trainieren möchte, muss man den Gegner nicht erst auf den Boden befördern, sondern fängt gleich in einer Position an, die praxisnaher ist. Oder wenn man Stand-Up-Konter erlernen möchte, hat man auch nur Zugriff auf defensive Aktionen. Dadurch ist zum einen der Lerneffekt größer, zum anderen macht das Trainieren in dieser Form mehr Spaß als die auf Dauer eintönigen und mitunter nicht zum Trainingsziel passenden Sessions in Undisputed.