Doch Kämpferauswahl hin, Editor her – für die Premiere der Cagefighter im EA-Stall ist vorrangig eines wichtig: Wie schlägt man sich mechanisch im Vergleich zur Konkurrenz von THQ? Spieler, die bereits mit den letzten Fight Night-Ablegern im Boxring standen, werden sich über die Nutzung des rechten Sticks für die Schläge in verschiedenen Varianten freuen, die in Kombination mit Schultertasten als Tritte bzw. gegen den Körper gerichtet auf den Gegner niederregnen. Über eine weitere Schultertaste kann man blocken bzw. ausweichen oder den Oberkörper auspendeln, bevor man zu einem Konter ansetzt. Eine nette Idee, aber spielerisch weitgehend nutzlos ist der „Fake“-Modifikator, also die Vortäuschung eines Schlages. Die
Ausführung hakt nicht nur an der einheitlichen unspektakulären Animation, sondern auch am Wert. Da der Fake bereits viel
zu früh abgebrochen wird, fällt man höchst selten auf diese Finte herein. Entsprechend umgesetzt hätte sie das Kampfgeschehen im so genannten „Stand-Up“ durchaus bereichern können. Mit etwas Eingewöhnungszeit, die für UFC-Veteranen noch etwas höher ausfallen dürfte, da dort auf dem rechten Stick die Takedowns, Transitions und Aufgabegriffe liegen, kommt es zu einem sehr dynamischen Schlagabtausch, der dem aus UFC in vielen Bereichen ebenbürtig ist. Dank eines überzeugenderen Einsatzes von physikalischer Trefferberechnung liegt der alte Champion aber in diesem Aspekt trotz aller guten bis sehr guten Ansätze und gelungener Umsetzung von MMA hauchdünn vorne. Im Gegenzug sind in MMA die TKOs und Knockouts zwar brachialer inszeniert, aber das reicht nicht, um die Nase vorn zu haben.
Kotz-Cam im Clinch
Beim Clinch, also dem Nahkampf und damit dem zweiten Faktor der MMA- (und auch UFC-) Kampfmechanik, beginnen die Probleme. Das betrifft weniger die Mechanik an sich, die mit Timing-basiertem Knopfdrücken, Kontermöglichkeiten, die durch ein Rumpeln des Pads angezeigt werden (das Zeitfenster und damit die Dauer des Rumble ist von einigen Faktoren abhängig) sowie Schlägen und Tritten über den rechten Stick eigentlich intensiv genug ist, um dem überladenen UFC-System Paroli zu bieten. Die Kämpfe um eine vorteilhafte Clinch-Position sind spannend, kranken aber an einer total verkorksten Kameraführung, die bei unseren Testsessions zu einer unausgesprochenen Kampfsonderregel geführt hat: Clinch nur im absoluten Notfall, um einem KO zu entgehen. Wieso? Anstatt die Kamera in einem Clinch einfach etwas weiter herauszuziehen, hat man sich vermutlich aus Gründen einer vermeintlich höheren Dramatik entschlossen, die Kamera auf den Kämpfer zu fokussieren, der im Clinch gerade die Nase vorn hat. Da es aber in einem Clinch immer wieder hin und her geht, bewegt sich die Kamera ebenso unruhig. In nicht wenigen Momenten -und wir sind normalerweise nicht für bewegungsbedingte Übelkeit anfällig- gab es aber ein verdammt flaues Gefühl in der Magengrube – mit dieser von uns „Kotz-Cam“ getauften Einstellung hat sich EA keinen Gefallen getan.
Timing statt Kreisel
Am Bodenkampf von MMA schließlich werden sich die Gemüter scheiden. Denn auch hier geht man nach der offensichtlich geheimen Prämisse vor, die sich durch das ganze Spiel zieht: Wir schauen uns an, was THQ mit UFC gemacht hat – und machen es anders. Dass „anders“ aber nicht zwangsläufig auch „besser“ bedeutet, zeigt sich auch hier. Obwohl EA einen guten Ansatz hat, der nicht nur „anders“ ist, sondern auch viel Potenzial zeigt: Anstatt die so genannten „Transitions“, also den Wechsel von einer Boden-Position in die nächste, über Halb- oder Viertelkreise des rechten Sticks wie bei UFC zu starten, drückt man hier einfach eine Taste. Dadurch wird zum einen die Transition-Animation gestartet, zum anderen ein im Pad durch Vibration angezeigtes Zeitfenster geöffnet, in dem der verteidigende Spieler die Transition blockieren kann. Spieler, die ohne DualShock 3 unterwegs sind, müssen die visuellen Hinweise erkennen und umsetzen, was allerdings deutlich schwieriger ist als die Reaktion auf die Pad-Vibration. Gelingt der Block, hat dies zur Folge, dass die Ausdauer-Leiste des Aggressors absinkt. Natürlich kann man als Verteidiger ebenfalls versuchen, seine Position zu verbessern, was nach dem gleichen Prinzip funktioniert. Wie lange das Zeitfenster zum Verhindern des Positions-Fortschritts ist, hängt von den athletischen Fähigkeiten sowie stark von der Ausdauer ab. Die kann man übrigens durch Schläge und Tritte (und abhängig vom Regelset) gegen den Körper zusätzlich vermindern. Wobei diese Schläge im Fall eines Blockes dafür sorgen, dass der Angreifer Ausdauer in erheblichem Maß verliert.
![]() ![]() |
Die „Aufgabe“-Techniken sind gut, aber auf lange Sicht zu mechanisch und nicht variantenreich genug. |
Zusätzlich kann man aus bestimmten Positionen heraus noch die Aufgabe-Griffe starten, die abhängig von der Positionierung und dem angegriffenen Körperteil zu zwei Minispielen führen. Bei einem muss man quasi in einem Kreis über den linken Stick einen sich bewegenden Punkt finden. Je nachdem, ob Angreifer oder Verteidiger den Punkt zuerst haben, steigt oder sinkt die Chance, den Aufgabe-Griff zu einem erfolgreichen Ende zu führen. Bei dem anderen müssen beide mit ihrer Ausdauer haushaltend versuchen, einen Kompromiss zwischen Angriff (Knopf drücken) und Erholung (Knopf loslassen) zu finden, während ein Semi-Röntgenbild den Zustand der Knochen- und Gelenksbelastung zeigt.
Konzept gelungen, Umsetzung mit Schönheitsfehlern
Diese Ideen sind konzeptionell richtig gut, transportieren den taktischen Vollkontakt-Schach-Gedanken, der sich hinter dem Bodenkampf bei Mixed Martial Arts versteckt und unterstützen gleichzeitig den im Vergleich zu UFC arcadigeren Charakter, der sich durch das gesamte MMA-Kampfsystem zieht. Doch in der Umsetzung gibt es ein paar unglückliche Stolpersteine.
Die Transitions z.B. sind zwar wie fast alles richtig gut animiert, laufen aber zu mechanisch ab. Bis auf Athleten, die eine bestimmte Sonderfähigkeit haben, folgt auf Full Guard die Half Guard, darauf dann die Side Control, die schließlich von Mount und Full Mount beendet wird. Nicht nur, dass dabei z.B. auch Positionen wie North-South nicht abgebildet werden, hat man als Aggressor nie wirklich die Wahl der nächsten Position – da ist das UFC-System variantenreicher.