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Disaster Report 4: Summer Memories (Action-Adventure) – Statisches Sommerbeben

Was für eine dramatische Geschichte hinter diesem Spiel steckt. Nach dem Debüt-Trailer aus dem Februar 2011 (!) musste die Arbeit am Survival-Abenteuer nur einen Monat später eingestellt werden. Der Grund: Das Erdbeben samt Flutwelle vom 11. März in der japanischen Region Tohoku. Der für PS3 geplante Titel verschwand vier Jahre von der Bildfläche, bevor er 2015 für PS4 als Disaster Report 4: Summer Memories wiederbelebt und 2019 auch für PC sowie Switch im Westen bestätigt wurde.

© Granzella / NIS America

Ein Flickenteppich des Spieldesigns

Aber all das wird entweder leidlich realistisch oder ohne jegliche situative Dynamik aufgelöst. Immerhin deckt die Auswahl an Antworten ein weites emotionales Spektrum ab: So kann man ganz unterschiedlich mit Leuten sprechen, die deprimiert irgendwo sitzen – man kann versuchen, sie auf diverse Art aufzuheitern, sich neutral verhalten oder ihnen vor den Kopf stoßen, wobei es manchmal direkte Reaktionen gibt. Allerdings ergeben sich daraus wiederum selten bis gar keine frische Situationen.

Man muss lange warten, bis man nach einer Hilfe endlich mal mit jemandem zusammen unterwegs ist, nur um dann in eine der plattesten Überfall- und schlechtesten Stealth-Action-Situationen zu landen, die ich je erlebt habe. Die „Dialoge“ mit den beiden Schurken sind so C-Movie-tauglich, dass man direkt den Ton abstellen will. Und dann, nachdem beide von ihren Opfern plötzlich ablassen, robbt man tatsächlich gefesselt auf dem Hosenboden, natürlich unendlich langsam, durch eine U-Bahn-Station von Deckung zu Deckung – und wird immer wieder ertapp, um von vorne zu beginnen…

Erkundung ohne Reize

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Gefangen von zwei Schurken in der U-Bahn. Was tun? Auf eine der schlechtesten Stealth-Action-Passagen der letzten Jahre warten. © 4P/Screenshot
Hinzu kommen öde Leerlaufphasen, in denen man nichts erkunden oder gar finden kann – bis auf diverse Kompass-Typen. Weil alles einen Trigger benötigt, damit es mit dem nächsten Erdbeben weiter geht, klappert man die vielen kleinen Areale manchmal mehrmals ab – meist handelt es sich um Straßenkreuzungen, in denen lediglich ein, zwei Gebäude zugänglich sind. Verlaufen kann man sich nicht, zumal alle Orte eine Karte haben.

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Agiert man egoistisch oder kümmert man sich um andere? Immerhin darf man recht frei agieren. © 4P/Screenshot

Und wie sieht es mit dem Survival-Flair aus? Bescheiden. Sehr bescheiden. Zwar verliert man bei einem Sturz Lebenspunkte und häuft Stress an, aber Erstere kann man über Bandagen und Letzteren über eine Pause an den Speicherpunkten wieder abbauen. Gegen den Hunger muss man allerdings etwas mit Snacks tun, die man kaufen kann. Außerdem muss man gelegentlich die Toiletten für die Notdurft oder Sauberkeit aufsuchen, denn beide werden rein statistisch genauso erfasst wie die Moralpunkte oder Anti-Moralpunkte. Wer also immer selbstlos hilft, wird irgendwann keinen Yen mehr zur Verfügung haben und muss dann vielleicht Arbeit suchen. Aber diese Nebenjobs wirken im Kontext der Katastrophe komplett fehlplatziert. Es fehlt diesem Spiel an allen Ecken und Ende eine glaubwürdige Inszenierung. Übrigens schaltet man nach ein, zwei Kapiteln auch einen VR-Modus frei, der daran allerdings nichts ändern dürfte.