Oder die Mission, in der man erst Schauspielern ihre Kostüme abnehmen muss, bevor man selber als Teilnehmer eines Passionsspiels mit seinen Assassinen-Kollegen bestimmte Positionen ablaufen muss. Nicht zu vergessen die Railsequenz, in der man wie wild mit einer von Leonardo Da Vinci für die Borgias entwickelten Kriegsmaschine flieht und die auf einen zustürmende Kavallerie aufs Korn nimmt. Okay: Das war nur eine Nebenmission, aber das macht dennoch deutlich, dass man trotz grundsätzlich identischer Mechaniken im Vergleich zu AC2 wesentlich mehr aus den Möglichkeiten macht und innerhalb der verschiedenen Aufgaben zusätzlich zu den Sekundärzielen gekonnt mit Tempo und Anforderungen spielt.
Langweilige Gegenwart
Mit einer Ausnahme: Die Einbindung der Gegenwart, die in Teil 1 noch für Neugier sorgte und bei Ezios erstem Ausflug als Stilmittel nur noch unzureichend genutzt wurde. Dabei wirkt der Einfall, den das Team hatte, auf den ersten Blick sehr
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Dass man selbst entscheiden kann, wann man in der Gegenwart den Animus verlässt, ist gut. Dass man bei seinen Ausflügen kaum etwas entdecken oder beeinflussen kann, ist schade. |
reizvoll: Mittlerweile kann man jederzeit über das Pausemenü aus dem Animus aussteigen – insofern man will, denn das römische Abenteuer gibt einem eigentlich keinen Grund, den Animus auf eigenen Wunsch zu verlassen.
Jetzt entschließt man sich aber doch und verlässt das Hightech-Gerät. Doch belohnt wird man dafür nur leidlich. Man kann zwar mit seinen Freunden im Unterschlupf sprechen und so etwas über ihre Beweggründe und die Gruppendynamik erfahren, doch abseits dessen haben diese Unterhaltungen keinen Wert für die Mechanik – man erfährt nichts über Geheimnisse, die man mit Ezio oder Desmond erforschen könnte. Auch die E-Mails, die man abrufen kann, wirken plan- und seelenlos.
Der Sinn der möglichen zeitlich begrenzten Ausflüge außerhalb des Verstecks durch die Kleinstadt, die einen unwissend beherbergt, erschließt sich mir ebenfalls nicht. Man kann herumlaufen. Ja und? Man kann springen. Ja und? Aber ich konnte nichts entdecken, was die Erforschung gelohnt hätte. Hier wäre evtl. eine Verknüpfung von Vergangenheit (Ezio entdeckt oder versteckt Hinweise) und Gegenwart (Desmond findet oder entschlüsselt sie) sinnvoll gewesen, um das Spielerlebnis abzurunden. Da die Gegenwart aber gegen Ende der Geschichte stärker in den Fokus gerät, ist sie nicht ganz so unnütz, wie sie über einen Großteil des Spielerlebnisses scheint.
Die Vergangenheit Ezios hingegen wird gut genutzt. Als einer der optionalen Missions-Stränge kann man immer wieder in seine Jugend abtauchen und mehr über seinen Charakter erfahren – eine nette Idee. Wie auch die so genannten VR-Missionen, die sich als Hommage an Hideo Kojimas Metal Gear Solid auf der PSone verstehen dürften. In einer virtuellen Umgebung kann man sich an immer schwerer werden Aufgaben in verschiedenen Kategorien (z.B. Kampf, Klettern, Suchen/Finden) versuchen, die zwar keine Auswirkungen auf die Spielwelt an sich haben, aber eine weitere Herausforderung darstellen, mit der man die ohnehin üppige Spielzeit nochmals verlängern kann.
Katz und Maus im Multiplayer
Als ob die umfangreiche Solo-Kampagne nicht reichen würde, spendiert Ubi Montreal der Bruderschaft sogar noch einen Mehrspieler-Modus, der den Meuchelmorden eine interessante kompetitive Online-Facette hinzufügt. Dabei ist die Prämisse sehr einfach: Man schlüpft in die Rolle eines Assassinen, der den Auftrag hat, eine andere Figur zu töten, deren Konterfei man kennt und dessen ungefährer Standort auf dem Kompass angezeigt wird. Jetzt geht es aber nicht darum, dass alle das gleiche NPC-Ziel haben und der schnellste die Punkte bekommt. Das wäre zwar spielerisch reizvoll, aber die Idee von Ubisoft ist ungleich spannender. Jedes potenzielle Opfer ist menschlich: Und nicht nur das: Während man selber sein Ziel sucht, steht man selber auf der Abschussliste eines anderen Spielers.
Zusätzlichen Reiz gewinnt die Jagd auf Punkte, während man gleichsam um sein Überleben kämpft und sich wirklich niemals sicher fühlen kann durch die Tatsache, dass die von der Größe optimal eingestellten Karten nur mit Figuren bevölkert sind, die auch ein Feind oder Opfer sein könnten.
Um unerkannt zu bleiben, hat man die gleichen Möglichkeiten zur Verfügung wie Ezio: Man kann sich unter das Volk mischen, auf einer Bank Platz nehmen oder sich neben einem gleich aussehenden NPC postieren und hoffen, dass man nicht entdeckt wird. Und selbst wenn man seinen potenziellen Killer identifiziert hat, ist noch nicht alles zu spät – allerdings muss man jetzt schnell reagieren und entweder weglaufen, wobei man z.B. sich automatisch hinter einem schließende Türen zu
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Im konzeptionell guten, aber schwachbrüstigen Mehrspieler-Modus wartet ein hoch spannendes Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man Jäger und Gejagter ist. |
seinem Vorteil nutzen kann oder versuchen, den Gegner kurzzeitig zu betäuben und damit bewegungsunfähig zu machen. Dass er in diesem Zustand für seinen Mörder natürlich ein gefundenes Fressen ist, macht das spannungsgeladene Online-Gemeuchle nur noch reizvoller.
Dass man nicht nur Punkte für den Mord an sich, sondern auch für Stil bekommt (aus einem Versteck heraus etc.) und selbst gelungene Fluchtversuche und Betäubungen der Assassinen belohnt werden, gerät man schnell in den Sog aus Gefahr, Blutlust und versilberter Belohnung, so dass man kaum der Versuchung widerstehen kann, sich in eine neue Runde zu begeben.
Zusätzlich angeheizt wird das Dasein als Online-Assassine durch die Möglichkeit, wie bei den letzten CoD-Teilen im Rang aufzusteigen, was mit nützlichen Gimmicks, weiteren Klamotten-Optionen sowie der Aussicht auf neue Variationen der Spielmodi bis hin zu einer kooperativen Katz-und-Maus-Jagd belohnt wird.
Allerdings stellt sich die Frage, ob der Umfang reicht, um die Fans lange bei der Stange zu halten. Denn zum einen gibt es innerhalb der einzelnen Mehrspieler-Modi zu wenig Variation, zum anderen könnte die letztlich doch sehr knappe Kartenauswahl (hallo DLC!) auf lange Sicht den Erfolg des potenziell hoch interessanten und sehr motivierenden Mehrspieler-Modus verhindern.