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ArmA 2 (Simulation) – ArmA 2

Armed Assault II (kurz ArmA II) möchte gerne die ‚ultimative Militärsimulation‘ im Fahrwasser von Operation Flashpoint sein und den Vorgänger übertrumpfen. Realismus, detailgetreue Waffen sowie Fahrzeuge, drastische Auswirkungen und ein beklemmend echt wirkendes Szenario gehören zweifelsohne zu den Stärken der Simulation. Doch die verfrühte Veröffentlichung nagt mit all ihren Schwächen an der Motivation, überhaupt in diesen Krieg zu ziehen.

© Bohemia Interactive / Peter Games

Wechselbad der Gefühle

Es ist das ständige ‚Auf und Ab‘, was das Ganze so frustrierend macht: Einerseits kann die Computerintelligenz Höchstleistungen vollbringen und bekommt geschickt taktierte Angriffe mit Sperrfeuer und Flankenattacken hin oder trifft über große Entfernungen mit tödlicher Präzision – und das meine ich wortwörtlich: Tief im hohen Gras liegende Gegner aus mehreren hundert Metern Entfernung schießen erstaunlich präzise; und nach einem oder spätestens zwei Treffern ist das virtuelle Ego erledigt.

Mit simulierter Tiefen- und Bewegungsunschärfe (z.B. beim schnellen Umschauen) suggeriert die Grafik-Engine weiteren Realismus.

Wer dieses Spiel wie einen Ego-Shooter von der Stange angeht und in Rambo-Tradition voranprescht, wird schneller ins Gras beißen als er „Wo kam denn der Schuss her?“ sagen kann. Ohne Deckung, Hocke,

Hinlegen

und den Möglichkeiten in der üppigen Vegetation zu verschwinden oder um Ecken zu spähen, werdet ihr nicht lange überleben und darauf kommt es letztendlich an: Das Überlebe

n der Schlacht.

Neben etwaigen Glanzleistungen der Computerintelligenz gibt es andererseits Totalausfälle der Marke „Ich mach gar nichts!“, „Ich sehe gar nichts!“, „Fahrzeug fahren kann ich nicht!“ und „Ich bin Pazifist in Uniform mit Waffe!“. Befehle in Formation zu bleiben oder mich medizinisch zu versorgen werden gelegentlich ignoriert und funktionieren dann beim nächsten Mal wieder wie von Geisterhand.

Einmaliges Szenario

Freud und Leid liegen hier nahe zusammen, insbesondere in der dynamischen Kampagne, dem Herzstück von ArmA II. Wahrhaft hochkarätig ist der Schauplatz: Ein 225 Quadratkilometer großes, aber nicht real existierendes postsowjetisches Land, in dem ein Bürgerkrieg ausgebrochen ist und ein Elite-Aufklärungstrupp (Razor Team) vor Ort eingreifen soll. Hierbei fällt nicht nur die Größe der Welt auf, das gesamte Design des Landes wirkt homogen, dreckig und zugleich schön realistisch: Dichte Wälder wechseln sich mit freien Ländereien und Hügeln ab. Mittendrin liegen kleinere Dörfer, überall durchziehen Stromleitungen das Gelände und stellenweise gibt es Industrieanlagen. Alles ist in schönes, dynamisches Licht getaucht, wobei mir die Hell/Dunkel-Überblendeffekte übertrieben vorkommen und allzu nah sollte man den Häusertexturen nicht kommen. Alles in allem schafft es die nach realem Vorbild geformte Welt den Kriegsschauplatz glaubwürdig zu vermitteln; jedenfalls so lange ihr keine Häuser betretet, denn Inneneinrichtung ist ein Fremdwort im fiktiven Ostblockstaat.

Stolze Kampagne

Ein halbes Dutzend Fraktionen fristen ihr Dasein in „Tschernarussland“ und verfolgen eigene Ziele, darunter United States Marine Corps, Regierungstruppen aus Chernarussland, russische Armeeeinheiten und natürlich die Rebellen, die einen Teil des Nordens unter ihre Kontrolle gebracht haben und nach Unabhängigkeit streben. Eine nationalistische Untergrundbewegung und die normalen Bürger

Suchspiel: Auf diesem Bild sind vier Soldaten versteckt…

dürfen nicht fehlen und je nachdem wie sich das Razor Team verhält, verändern sich die Beziehungen zu den ansässigen Fraktionen. So könnten beispielsweise Zivilisten vor der Exekution gerettet oder vor einem anstehenden Luftangriff gewarnt werden, was sich positiv auswirkt. Die „neu gewonnen“ Freunde helfen mit Informationen, missionsrelevanten Beweisen oder Unterstützung aus. Nach diversen Entscheidungen der Marke „Setze ich das Leben meiner Soldaten für die Fraktion X aufs Spiel oder nicht“, sammelt ihr Verbündete an eurer Seite und beendet die aus zahlreichen verschachtelten Haupt- und Nebeneinsätzen bestehende Operation „Red Harvest“, wobei zwischen den Aufträgen genügend Freiraum ist, die Welt auf eigene Faust zu „erkunden“.

Ihr seid nicht den ganzen Feldzug als Soldat unterwegs, sondern könnt die Kontrolle über andere Teammitglieder übernehmen, die u.a. individuelle Fähigkeiten haben und erklimmt bis zum Ende die Karriereleiter bis zum Kommandanten. Fortan könnt ihr militärische Einrichtungen wie Feldlager oder MG-Posten auf der Karte platzieren und habt den Befehl über Infanterie, Fahr- und Flugzeuge wie in einem Echtzeit-Taktikspiel, allerdings mit einem phänomenal überfrachteten und unkomfortablen Interface. Doch so seltsam es klingt: Das Interface ist besser als bei Operation Flashpoint oder Armed Assault, jedoch meilenweit von einfacherer Bedienbarkeit entfernt und im Tutorial wird sowieso nur ein Bruchteil aller möglichen Aktionen erwähnt; der Rest ist Learning-by-Doing.