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Tomb Raider: The Angel of Darkness (Action-Adventure) – Tomb Raider: The Angel of Darkness

Mit Lara Croft betritt die bekannteste Heldin der Spielewelt zum sechsten Mal das Gameplay-Parkett. Doch diesmal soll alles anders werden, denn das Girlie-Image der akrobatischen Archäologin ist passé: erwachsener, düsterer und mysteriöser soll es in Tomb Raider Angel of Darkness zugehen. Warum aber nicht nur die Story, sondern auch das Gameplay finstere Dimensionen offenbart, klärt der Test!

© Core Design / Eidos

Dornröschen lässt grüßen

Ein Merkmal von Städten ist die Lebendigkeit, das Gewusel, die Geschäftigkeit. Die Pariser Innenstadt, die Lara erkundet, kann sich zwar architektonisch sehen lassen, aber die Straßen wirken bis auf ein paar Kontaktpersonen wie leergefegt. Wer Mafia, GTA 3 oder Shenmue kennt, wird seinen Augen nicht trauen: keine Passanten, kein Verkehr, kein Leben.

Und dass Laras Flanieren durch diese sterile Metropole schon nach wenigen Sekunden einen Ladebildschirm erfordert, ist vollkommen unverständlich. Was wird denn da bitte nachgeladen? An dieser Stelle werden sich PC-Besitzer fragen müssen, warum ihre Hardware überhaupt strapaziert wird.

Glanz und Krampf

Dabei blitzt ab und an grafische Qualität auf: Lara wirkt dank tanzendem Pferdeschwanz, perfekt sitzender Jeans und animierter Sitzmuskulatur auf den ersten Blick recht ansehnlich. Auch die klasse Spiegeleffekte auf nassem Boden und vor polierten Vitrinen laden zum Hinschauen ein, denn die Umgebung wird sauber reflektiert.

Der Louvre ist z.B. ein einziger glänzender Prachtpalast. Auch das architektonische Arrangement der Städte, manche Licht- und Nebelspiele in finsteren Gängen sowie die Inneneinrichtung der Räume kann zunächst eine stimmungsvolle Atmosphäre aufbauen.

__NEWCOL__Aber dieser Glanz vergeht so schnell wie er gekommen ist. Schaut man zum Himmel, sieht man ein entzauberndes, starres Firmament; schaut man ins Inventar sieht man grob aufgelöste Items; schaut man zu Türen oder Fenstern sieht man fade Texturtapeten; schaut man auf den Boden, sieht man grobklotzige Grashaufen. Auch Fußabdrücke auf Asphalt und viele falsche Schatten trüben das optische Bild.

Und wenn ein Gemälde an ein zerlaufenes Tuschebild erinnert, kann von Kunst keine Rede mehr sein. Hinzu kommen diverse Clippingfehler, die beim Klettern an Regenrinnen und beim Springen auftauchen sowie üble Grafikbugs wie entstellte Gesichter und falsche Spiegelungen.

Auch Lara offenbart auf den zweiten zugleich den männlichen Blick: Ihre Bewegungen gehören eher in den Bereich Voyeurismus als Realismus – die Designer hatten scheinbar eine Vorliebe für Steifigkeit und Hinterteile in allen Lebenslagen. Ms. Croft dreht sich wie ein Segelschiff mit Mast und kriecht wie ein laszives 0190-Babe durch Korridore.

Klar ist das durchaus ansehnlich, aber angesichts der düsteren Story und des Mordverdachts hätte man sich mindestens ebenso viele Bewegungsnuancen und Kamerafahrten für Laras Gesicht gewünscht. Am Ende bleibt Lara eben doch bloß das sexy Babe und verfehlt die Chance, sich als weiblicher Charakter zu etablieren.