Harte Sitten
Das All ist nicht nur verdammt weit, sondern auch verdammt brutal und unbarmherzig. Andres Suika (ehemals Blue Byte) hat nicht gelogen, als er auf Preview-Events erklärte, der Mensch sei in seinem Spiel The Long Journey Home nur ein kleines Licht. Ein im großen Kontext unbedeutender Störenfried, welcher sich viel zu viel auf die Technik seiner „Schrottschiffe“ einbildet. Ein Wesen, das von den Aliens am anderen Ende der Galaxis bestenfalls als Handlanger eingespannt wird oder an einem Hässlichkeitswettbewerb teilnehmen darf. Das Spiel gibt einem das Ausmaß der eigenen Unwichtigkeit von Anfang an zu verstehen, wenn man mit seinem ohnehin schon angeschlagenen Raumkreuzer ständig vom patrouillierenden Zoll diverser Völker gefilzt wird.
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Oder man wird ohne Umschweife in Stücke geschossen, weil das Gegenüber zu einem Volk gehört, das den Smalltalk verabscheut und man einen Dialogsatz zu viel abgespult hat. Klar – manchmal gelingt die Flucht oder man gewinnt sogar den kurzen Kampf aus der Draufsicht. Danach darf man sich aber meist mit ziemlich schwerwiegenden oder teuren Schäden herumärgern, die ohne Raumhafen in der Nähe schnell den Erstickungstod im All nach sich ziehen.
Nicht gerade zielsicher
Eigentlich hatte die Crew der ISS Olysses (oder einer der zwei anderen zu Beginn wählbaren Schiffe) nicht das geringste Interesse daran, in solch unwirtliche Gegenden vorzudringen. Ursprünglich war lediglich ein publikumsträchtiger PR-Jungfernflug in den angrenzenden Raum geplant, um den vom „Wissenschaftler“ Nikolay Lebedev entwickelten Sprung-Drive zu testen. Aus diesem Grund darf man zu Beginn sogar eine junge Bloggerin ohne große Qualifikation an Bord nehmen, wenn man die vierköpfige Crew, eines von drei Schiffen und drei Landefähren aussucht. Details wie Hüllenstärke oder Sprungreichweite unterscheiden sich erfreulich stark, so dass es durchaus sinnvoll ist, beim zweiten oder dritten Anlauf mal ein anderes Schiff auszuprobieren. Theoretisch nimmt eine Reise zurück zur Erde nur rund sechs bis acht Spielstunden in Anspruch. Ich vermute aber, ich bin nicht der einzige, der mehrere Versuche brauchte, um sich jedes Mal mit einer geschickteren Strategie ein paar Systeme weiter voran zu arbeiten.
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Passend zu den Anleihen ans Rogue-like-Genre werden manche Elemente prozedural generiert: Wer eine zu Beginn eingegebene Zeichenfolge wie z.B. ein Wort mit Freunden tauscht, kann mit der gleichen Ausgangslage starten. Die Dialoge mit Aliens variieren von Spiel zu Spiel, aber die Hintergrundgeschichte der Rassen bleibt immer konsistent. Quests oder Reaktionen können sich verändern, aber die Grundeinstellung und Persönlichkeiten bleiben erhalten. Auch die Charakterzüge der vom Spieler zusammengestellten Crew kann deutliche Vor- oder Nachteile mit sich bringen. Der Zufall spielt dabei ebenfalls eine wichtige Rolle: Findet man z.B. eine rätselhafte Maschine und hat einen fähigen Techniker an Bord, kann sie sich durchaus als Sammlung von Nano-Robotern herausstellen, welche mit Hilfe von etwas Sprit automatisch große Schäden beseitigt. Oder ein Biologe extrahiert eine heilende Substanz aus einer exotischen Pflanze, welche Verbrennungen oder andere Wehwehchen der Crew lindert.