Eigentlich kommt The Crew Motorfest im September zu spät – dachten wir zumindest, als Ubisoft den Releasetermin enthüllte. Denn in den zwei Previews zuvor versprühte das Rennspiel den Charme des perfekten Sommerspiels, das einfach nur Spaß machen und gute Laune vermitteln soll. Mittlerweile hat sich dieser Gedanke verflüchtigt. Nicht weil sich Ubisofts Antwort auf Forza Horizon im Test auf einmal als etwas anderes herausstellte, sondern weil der September noch ein letztes Mal viel Sonne brachte. Und eben The Crew Motorfest, welches bei uns zur Führerscheinprüfung vorfuhr.
Und ein guter Arcade-Racer ist The Crew Motorfest auf der Strecke allemal. Die hochgezüchteten Sportwagen und Motorräder erzeugen ein tolles Geschwindigkeitsgefühl, während die Steuerung präzise und schnörkellos ist. Manche Autos fühlten sich jedoch, wie man es von der Reihe kennt, ein wenig zu leichtfüßig an, weshalb man die eine oder Streckenbegrenzung schneller küsst, als einem lieb ist. Zum Glück lässt sich das aber mit ein paar Feineinstellungen beheben und schon liegt der Wagen auch in engsten Kurven oder Geschwindigkeiten jenseits der 350 km/h-Grenze vernünftig auf der Straße.
Eine Simulation ist The Crew Motorfest aber zu keinem Zeitpunkt, selbst wenn man einige Fahrhilfen wie zum Beispiel die Traktionskontrolle oder Bremshilfen deaktiviert. Dadurch gewinnen die Rennen zwar ein Stück weit an Herausforderung, aber richtig anspruchsvoll ist die Fahrphysik für den Controller nicht. Ihr müsst somit nicht unbedingt ein Lenkrad besitzen, um irgendwie aufs Podium zu kommen oder schnelle Rundenzeiten hinzulegen. Ein Zuckerschlecken sind die überwiegend Runden- oder Zielpunktrennen trotzdem nicht, weil ausgerechnet die KI ihre Finger im Spiel hat.
Hatte ich in den Preview-Sitzungen noch den Eindruck, dass die gegnerischen Fahrer nicht oder wenn nur sehr lose am Gummiband hängen, konnte die Testversion das nicht mehr in diesem Umfang bestätigen. Zwar kleben einem die gegnerischen Fahrer nicht extrem am Heck, falls man gerade auf Platz 1 ist, oder fahren übermäßig langsam, sobald man hinten liegt, aber dennoch wird in einigen Rennen ersichtlich, dass die Spannung künstlich am Leben erhalten werden soll. Deaktivieren lässt sich diese Option ebenso wenig wie das am PC feste 60 FPS-Limit. Spieler, die normalerweise auf 144 Hertz-Monitore oder höher zurückgreifen, sollten das im Hinterkopf behalten.
Gefahren wird übrigens nicht einfach ohne Sinn und Verstand, aber auch nicht in Form einer linearen Kampagne. Stattdessen sind alle Events in sogenannte Playlists eingebunden, die thematisch verschiedene Schwerpunkte setzen. In Made in Japan dreht sich alles um die fernöstliche Auto- und Rennkultur, während ich an anderer Stelle in blitzschnelle Elektroautos gesetzt werde (inklusive virtuellen Beschleunigungsstreifen statt Nitro) oder die Straßen mit Motorrädern unsicher gestalte. Anderorts darf ich wiederum Hawaii Offroad erkunden oder mir mit den schicksten Muscle Cars, die die amerikanische Szene zu bieten hat, knallharte Rad-an-Rad-Duelle liefern. Besonders clever ist die Idee, dass einige Playlists noch spezielle Mechaniken bieten, wie etwa die abnutzenden Reifen bei den Formula-Rennen. Das wird zwar nicht wirklich simuliert, wirkt sich aber trotzdem auf das Fahrgefühl aus, weshalb die Boxenstopps genutzt werden sollten, um nicht stets von der Strecke zu fliegen. Spielerische Abwechslung, das lässt sich festhalten, ist auf jeden Fall gegeben, während mir aber zugleich noch eine weitere Ähnlichkeit zu Forza Horizon ins Ohr gespült wird.
Ausnahmslos jede Playlist ist mit einer Wagenladung an Informationen verbunden, die mir die manchmal zum Fremdscham einladenden Charaktere während der Rennen erzählen. In einem Event geht es beispielsweise darum, bestimmte Sehenswürdigkeiten auf O’ahu abzuklappern, während der Guide in einer Tour Fakten auf eine mehr oder weniger charmante Art herunterbetet. In einem anderen Rennen wird mir mit der Geschichte Lamborghinis ein Ohr abgekaut. Der Großteil dieser Informationen ist zum Glück kaum von Belang und geht während der A
ction sowieso in der Regel unter. Schließlich will ich mich auf das Rennen konzentrieren und nicht nebenbei noch zuhören, warum das Auto, das ich gerade fahre, so ein fantastischer Bolide sei. Manch eine Playlist verkommt aufgrund der Gespräche außerdem schnell zu einer Art Werbetour, etwa wenn von der
unfassbaren Großartigkeit der Porsche 911er-Reihe gesprochen wird – in diesen Momenten hilft es, die Dialog-Lautstärke in Richtung Nullpunkt zubewegen.
Für jedes absolvierte Rennen gibt es anschließend Erfahrungspunkte sowie frische Bauteile fürs Auto, aber dazu später mehr. Erst einmal geht es um die Levelups, die mich früher oder später zur Main Stage bringen. Dabei handelt es sich noch einmal um größere Events, die aus mehreren Rennen und Herausforderungen bestehen und einen Kofferraum an Belohnungen versprechen. Zugleich kämpfe ich mich in einer Art Bestenliste nach vorne, um am Ende zu einer Legende des Motorfests zu werden.