Eigentlich kommt The Crew Motorfest im September zu spät – dachten wir zumindest, als Ubisoft den Releasetermin enthüllte. Denn in den zwei Previews zuvor versprühte das Rennspiel den Charme des perfekten Sommerspiels, das einfach nur Spaß machen und gute Laune vermitteln soll. Mittlerweile hat sich dieser Gedanke verflüchtigt. Nicht weil sich Ubisofts Antwort auf Forza Horizon im Test auf einmal als etwas anderes herausstellte, sondern weil der September noch ein letztes Mal viel Sonne brachte. Und eben The Crew Motorfest, welches bei uns zur Führerscheinprüfung vorfuhr.
Über die zumindest nach Außen hin größte Änderung von The Crew Motorfest im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern wurde schon oft geschrieben, deshalb versuche ich diesen Part so kurz wie möglich zu halten. Statt erneut den Großteil des US-Festlands zu befahren, verfrachtet Entwickler Ubisoft Ivory Tower seine Rennspielserie an einen der vielleicht schönsten Urlaubsorte der Welt: Die Insel O’ahu, die drittgrößte des US-Bundestaates Hawaii, auf der sich auch die Hauptstadt Honolulu befindet. Neben zur Entspannung einladenden Stränden, dichten Dschungelabschnitten, von vulkanischer Aktivität gezeichneten Umgebungen und natürlich vielen weiteren Sightseeing-Möglichkeiten, ist The Crew Motorfest vor allem eines: Wunderhübsch. Wer sich endlich mal wieder einen ausgedehnten Sommerurlaub wünscht, der kann diesen zumindest virtuell mit schnellen Autos ausleben.
Klein fällt The Crew Motorfest übrigens trotz des Szenarienwechsels keineswegs aus. Zwar kann das nachgebaute O’ahu mit der Anzahl seiner Quadratkilometer nicht mit der kompletten USA mithalten, aber dennoch nimmt eine Rundfahrt etliche Minuten in Anspruch. Wer dann noch seine eigene Musik-Playlist im Hintergrund laufen lässt, dürfte zu Beginn kaum aus den Grinsen rauskommen. Zumindest mir ging das während des Tests so, denn The Crew Motorfest bereitet in diesen Momenten einfach nur puren Spaß. Ein Eskapismus ausgedrückt in hunderten von Pferdestärken, während man Richtung Sonnenuntergang rauscht und perfekt ins Nachtleben von Honolulu driftet.
Wer will, kann den Teil des digitalen Hawaiis auch per Flugzeug oder Boot erkunden, falls die Straßen doch einmal zu langweilig werden. Ausführliche Rennen zu Luft oder zu Wasser gibt es aber bis auf ganz wenige
Ausnahmen nicht, weshalb die beiden Kraftfahrzeug-Alternativen unter dem Strich wie ein Überbleibsel aus The Crew 2 wirken. Sie sind unter dem Strich eher eine Art exklusives Fortbewegungsmittel der offenen Spielwelt, um mehr oder weniger schneller von A nach B zu gelangen.
Ein Déjà-vu-Festival
Der Fokus von The Crew Motorfest liegt hingegen in erster Linie auf Zwei- oder Vierrädern und der damit verbundenen Kultur. Grundlage ist das namensgebende Festival, welches tausende von Touristen und begeisterte Rennfahrer anlockt, während die vor Ort lebende Bevölkerung wohl schon bald den Ausreiseantrag ausfüllt. Alles ist feucht-fröhlich, bunt, laut und voller quietschfidelem Spaß, bei dem gefeiert, getanzt und natürlich gefahren wird. Wem das bekannt vorkommt, der hat vermutlich in den letzten Jahren mindestens ein Forza Horizon gespielt.
Microsofts Rennspiel-Reihe, das dürfte angesichts der Bilder und Videos wenig überraschen, stand sehr intensiv Pate für den dritten The Crew-Ausflug. Egal ob Präsentation, Inszenierung, Zwischensequenzen oder Dialoge, alles erinnert immer und immer wieder an Forza Horizon 5 oder einen der Vorgänger. Würde man jemanden vor den Fernseher setzen und ihm jeweils einen Ausschnitt beider Spiele präsentieren, so wäre ich mir fast sicher, dass dieser kaum einen Unterschied feststellen könnte – von der grafischen und technischen Qualität einmal
abgesehen. Ein Forza Horizon 5 sieht, obwohl es schon zwei Jahre auf dem Buckel hat, immer noch eine ganze Stoßstange besser aus als The Crew Motorsport.
Wirklich schlimm empfinde ich die Imitation seitens Ubisoft übrigens nicht: Forza Horizon 5 und seine Vorgänger sind nun einmal der Genreprimus. An wem orientieren, wenn nicht an diesen Spielen? Zudem die Entwickler die Vorlage so gut übernehmen, dass sie überhaupt nicht wie ein billiger Versuch wirkt. Darüber hinaus ist der Schachzug auch gar nicht so übel, denn The Crew Motorfest ist nicht nur auf dem PC und den Xbox-Konsolen verfügbar, sondern auch auf der PlayStation 4 und PlayStation 5. Zwei Plattformen, die auf die Forza-Reihe verzichten müssen und auf denen die Lücke eines partylastigen Arcade-Racers gut gefüllt werden kann.