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Tales from the Borderlands – Episode 1: Zer0 Sum (Adventure) – Viel Witz und Charme

Wer hätte es damals für möglich gehalten, dass Telltale Games aus der blutigen Comic-Vorlage The Walking Dead eine gleichzeitig packende sowie bewegende Spielereihe im Episodenformat verwirklichen würde? Auch bei Tales from the Borderlands war die Skepsis groß, zählte die Geschichte doch nicht unbedingt zu den Kernkompetenzen des Loot-Shooters von Gearbox Software. Aber wie sich zeigt, war die Sorge einmal mehr unbegründet…

© Gearbox Software und Telltale Games / Telltale Games

Guten Morgen, liebe Sorgen…

Es gibt beschissene Tage. Und es gibt richtig beschissene Tage. Und während Rhys, einer der beiden Protagonisten von Tales from the Borderland, gefesselt von einem maskierten Fremden durch die staubige Prärie von Pandora gezogen wird, ist schnell klar: Der aufstrebende Hyperion-Mitarbeiter hat letzteren erwischt! Wie er in diese unangenehme Situation gekommen ist? Das darf ich zusammen mit dem mysteriösen Entführer erfahren, denn kurz darauf wird die Zeit zurückgedreht und ich darf die Geschichte des Gefangenen selbst erzählen…

Eigentlich fing alles so gut an. Endlich, endlich sollte sich die viele Schufterei an Bord der Raumstation für Rhys auszahlen. Doch es kam alles ganz anders: Statt der erhofften Beförderung gab’s die Degradierung zum Hausmeister – und das ausgerechnet vom Intimfeind, der überraschend im Chef-Sessel Platz genommen hatte, während der leblose Körper seines Vorgängers am gigantischen Fenster vorbei durch das All schwebte. So ein Mist! Alles umsonst!

Ein riskanter Deal

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Stilistisch fängt der Ableger die Vorlage exzellent ein. © 4P/Screenshot

Klar: Die (Videospiel-)Geschichte lehrt uns, dass man auch als Hausmeister in einer Science-Fiction-Umgebung jede Menge cooler Abenteuer erleben kann – Roger Wilco lässt grüßen! Doch Rhys will sich nicht mit diesem Schicksal als Weltraumputze abfinden. Stattdessen schmiedet er mit seinem Nerd-Kumpel Vaughn und der Requisiten-Spezialistin Yvette einen Plan, es dem verhassten Vasquez heimzuzahlen, indem er selbst einen lukrativen Deal rund um einen legendären Vault-Schlüssel eintütet, von dem er im Rahmen seiner Degradierung Wind bekommen hat – auch deshalb, weil Rhys nicht nur ein Telefongespräch belauscht, sondern sich auch mit Hilfe seines Echo-Auges in den Computer des neuen Vorgesetzten hacken konnte.

Was folgt, ist eine rasante Jagd nach dem Artefakt und Geldkoffer, die von spritzigen Dialogen, gelungenen Tempowechseln sowie einem herrlich trockenen Humor geprägt ist. Mehr will ich an diesem Stelle nicht verraten, um euch nicht die eine oder andere gelungene Überraschung innerhalb der unterhaltsam und klasse inszenierten Geschichte zu verderben, die zwar nicht das emotionale Potenzial eines Walking Dead oder Wolf Among Us besitzt, aber dieses Manko mit schrulligen Charakteren, schrägen Situationen und einigen Lachern wieder wett macht.

Die kleine Gaunerbande


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In Dialogen muss man sich wie gewohnt unter Zeitdruck entscheiden. © 4P/Screenshot

Spätestens wenn man nach etwa einer halben Stunde die Kontrolle über die wortgewandte Gaunerin Fiona übernehmen darf, die zusammen mit ihrer Schwester Sasha unter der Obhut des Ganoven Felix aufgezogen wurde, kommt richtig Schwung in die Handlung. Nicht nur deshalb, weil sie in ihrem Rückblick manche Situationen ganz anders darstellt als Rhys, dabei dem Gesamtbild durch die neue Perspektive aber dennoch mehr Sinn verleiht. Sondern auch, weil die Beziehung zwischen der Hyperion- und Gaunertruppe stärker an Bedeutung gewinnt, bei der sich das anfängliche Misstrauen langsam von einer Zweck-Gemeinschaft zur Partnerschaft entwickelt. Man vertraut sich zwar zunehmend, kann sich aber nie ganz sicher sein, was als Nächstes passiert. Denn viele der Charaktere bleiben unberechenbar, auch wenn sich recht früh heraus kristallisiert, wer eher zu den Guten und wer zu den Bösen gehört.