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Sniper Ghost Warrior Contracts (Shooter) – Weit weg – von Feind und Perfektion

Nach dem missglückten Open-World-Ansatz von Sniper Ghost Warrior 3 haben die polnischen Macher ihren Schleich-Shooter kräftig umgekrempelt. Als Söldner macht ihr nun fünf große Auftragsgebiete in Sibirien unsicher – und investiert die dort verdiente Kohle in bessere Ausrüstung. Wie viel Spaß bringen die Stealth-Mechaniken und Scharfschützen-Kills in Sniper Ghost Warrior Contracts. Das erfahrt ihr im Test.

© CI Games / CI Games / Koch Media

Kugel-Kamera gefällig?

Wenig überraschend bietet auch Sniper Ghost Warrior Contracts an, tödliche Schüsse mehr oder weniger häufig (einstellbar in vier Stufen) per „Kugel-Kamera“ dramatisch in Szene zu setzen. Soundeffekte und Kugel-Flug-Perspektiven überzeugen, der Einschlag hingegen wirkt hampelig und technisch dürftig – mit den ab und an wegfliegenden Gehirnteilen schmeckt das mehr nach Soldier of Fortune von anno dunnemal als nach der gelungenen Röntgen-Killcam von Sniper Elite. Generell hat CI Games einfach kein Händchen für eine gute Präsentation: Zwar verzichtet man diesmal auf hölzerne NPC-Dialoge, dafür spielen die Einleitungsfilme vor jeder Mission eine Runde Bullshit-Bingo – russische Separatisten, Biowaffen, Oligarchen & Co. inklusive. Die Story um euren stillen „Seeker“ mit der Stylo-Cybermaske könnt ihr also getrost wegklicken, sobald es der Ladebalken erlaubt.

 

Die Szenarien in Sibirien hingegen sind weitaus vielfältiger als die grau-braune Matschwelt Georgiens in Sniper Ghost Warrior 3. Nach der Schnee-Tristesse in Level eins wird es abwechslungsreicher und interessanter, es geht in hügeliges Grasland voller Feindbasen, an einen gut bewachten Hafen samt Atom-Eisbrecher und in luxuriöse Gebäudekomplexe. In grafischer Hinsicht sind die Kulissen leider nur durchschnittlich, die CryEngine wird nicht ansatzweise ausgereizt. Auf PS4 Pro und Xbox One X gibt es zwar weder 4K-Auflösung noch HDR oder verschiedene Performance-Modi, dafür trotzdem nette Licht- und Wettereffekte und eine halbwegs stabile Bildrate. PC-Zocker freuen sich über generell bessere Texturen (auf höchster Detailstufe) und viele grafische Optionen; trotzdem kommt es zu gelegentlichen Stockern in der Bildrate und die Field-of-View-Einstellungsunterschiede sind nur marginal – immer wirkt das Scharfschützengewehr riesig.

 

Sniper-Agent 47?

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Kurzsichtig: Dieser Herr lehnt so lässig an seinem Panzer, dass er euch nicht bemerkt. © 4P/Screenshot

Hitman-Spielern könnte die Levelstruktur bekannt vorkommen: In den fünf recht großen Gebieten kann man sich nämlich frei aussuchen, welche Missionsziele man wie und in welcher Reihenfolge erledigt. Zwar wird das kreative Potenzial eines Hitman-Areals nicht erreicht, die Levels bieten aber tatsächlich viele verschiedene Wege, Hintereingänge sowie die Chance, viele Patrouillen elegant zu umgehen. Hat man eines von fünf Hauptzielen pro Gebiet erledigt, bietet das Spiel an, die Mission zu beenden, indem man zum Exfiltrationspunkt geht. Wer das tut und den Einsatz dort abbricht, sackt die ausgelobte Kohle ein. Wählt man danach fortsetzen, startet man an derselben Stelle – und spielt mit den schon erledigten Wachen weiter; allerdings kann es schon mal sein, dass ein feindlicher Scharfschütze direkt am Spawnpunkt auf den Spieler anlegt.

 

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Die Karte ist spartanisch, aber gelungen: Man kann zoomen und sich Ziele anzeigen lassen. © 4P/Screenshot

Wer eine Mission hingegen neu startet, findet auch alle Feinde wieder an Ort und Stelle vor – kann sich diesmal aber einem anderen Ziel widmen, da die bereits erledigten keine Kohle mehr bringen. Jederzeit speichern kann man leider nicht – noch so ein Vorteil, den die Sniper-Elite-Reihe seit ein paar Episoden mitbringt -, das erschwert freilich den perfekten Scharfschützen-Einsatz und hemmt die Experimentierfreude. Wer versucht schon einen kühnen Sprint zwischen MG-Drohne und Sicherheitskamera, wenn er im Falle des Scheiterns die letzten 20 Minuten nochmal absolvieren darf? Schließlich verlangt Sniper Ghost Warrior Contracts, dass alle fünf Missionsziele eines Levels erledigt sind, bevor der nächste Schauplatz zugänglich wird.