Kleiner, besser, leiser: Mit Shadow Ghost hat der französische Hersteller Blade den Nachfolger seiner Shadow Box vorgestellt. Wir haben das Gerät über mehrere Wochen ausprobiert, das als Bindeglied zum Streaming-Service Shadow konzipiert wurde und den klassischen PC überflüssig machen soll. Unser Test klärt auf, ob der Kasten mit seinen schwungvollen Linien tatsächlich eine sinnvolle Alternative darstellt und welchen Eindruck das Zocken über den Cloud-Rechner hinterlässt.
Ghost ist nicht zwingend erforderlich, um Shadow nutzen zu können. Blade stellt auch Clients für Windows-PCs und Macs zur Verfügung, mit denen man über seinen Rechner oder Laptops auf den Streaming-Service zugreifen kann. Für den mobilen Einsatz werden außerdem Apps für Android und iOS zur Verfügung gestellt. Doch auch hier läuft nicht alles rund: Bei der Installation auf einem schwachbrüstigen Windows-10-Netbook mit einem niedrig aufgelösten Bildschirm wurde das Bild des Shadow-PCs nur fehlerhaft wiedergegeben, weil es entweder verzerrt dargestellt oder ständig in den Ausschnitt hinein gezoomt wurde. Auf einem alten Pentium 4 mit Windows 7 verweigerte die 32-Bit-App gar komplett den Start. Besser sah es auf einem betagten Laptop mit Windows 10 aus – bis zu dem Zeitpunkt, als er mit einem Fernseher verbunden wurde und das Programm plötzlich ein Problem mit der Auflösung hatte.
Auch die Android-App konnte in Verbindung mit einem Huawei P8 Lite (2017) nicht unbedingt überzeugen: Aufgrund der häufigen Verbindungsabbrüche, die selbst in unmittelbarer Nähe zum WLAN-Router auftraten, kam hier nur selten Spielspaß auf. Wenn es mal funktionierte, war es allerdings beeindruckend zu sehen, ein PC-Spiel mit Highend-Grafik auf dem Handy-Display zu erleben. Dafür benötigt man mindestens das Betriebssystem Android 5.0, damit die App funktioniert.
Ordentliche Performance
Sind die vielen Stolpersteine aus dem Weg geräumt, macht Shadow unter idealen Bedingungen aber einen erstaunlich guten Eindruck: Mit einer schnellen Internetverbindung ist die Latenz kaum spürbar, wobei der Eindruck je nach Spiel, Provider und Verbindung variiert. Neben Action-Adventures wie Rise of the Tomb Raider, reaktionsschnellen Plattformern wie Ori and the Blind Forest oder Survival-Horror wie Resident Evil 2 lassen sich selbst Shooter wie Battlefield V, Anthem, Apex Legens oder Titanfall 2 ordentlich via Pad sowie Maus und Tastatur steuern. Es ist teilweise sogar erschreckend, wie gut das Spielen via Cloud funktioniert. Bei Rennspielen wie Project Cars 2, Assetto Corsa oder F1 2018 macht Shadow ebenfalls eine gute Figur. Sogar Lenkräder lassen sich verwenden und das Streaming scheint keine spürbaren Verzögerungen bei Eingaben oder dem Force Feedback zu verursachen. In einem kompetitiven Umfeld, wo es gerade bei Fighting Games oder Shootern teilweise auf Millisekunden und hohe Reaktionsgeschwindigkeiten in den Mehrspieler-Partien ankommt, könnte das Cloud-Gaming
allerdings trotzdem einen leichten Nachteil mit sich bringen. Auch der Einsatz von Musiksoftware wie Sonar eignet sich aufgrund der Latenz nur bedingt, wenn man seine Audiospuren live einspielen möchte.
Generell ist der Shadow-PCs nicht auf Spiele beschränkt, auch wenn Blade sich mit seinem Angebot gezielt an Zocker richtet. Dank Windows und freier Installation kann man den Cloud-Rechner theoretisch für alles nutzen, wofür man auch einen ganz normalen PC verwenden würde – sei es zum Surfen im Internet, Bild- und Videobearbeitung oder andere Softwareanwendungen.
Einschränkungen und Abstriche
Ein paar Kompromisse muss man dennoch angehen: Dual-Screens funktionieren am Cloud-PC derzeit (noch) nicht. Auch haben wir es trotz zahlreicher Versuche weder mit der Ghost Box noch Apps hinbekommen, Windows zu einer Raumklang-Audioausgabe zu überreden – und das, obwohl wir die Geräte teilweise direkt an eine Surround-Anlage angeschlossen haben und sich die entsprechenden Optionen auch in den Soundeinstellungen von Windows aktivieren ließen. In diesem Fall blieben die Lautsprecher aber komplett stumm. Bei der Verwendung der Shadow Box traten nach einem Update außerdem
knacksende Störgeräusche auf, die wir beim PC-Client nur sporadisch bemerkt haben.
Und obwohl Blade die Hardware in seinen Rechenzentren möglichst aktuell halten will, gilt das nicht für die Windows-Treiber. Das ist zwar in der Regel kein Problem, doch verweigerte z.B. Battlefield V aufgrund eines deutlich veralteten Geforce-Treibers den Dienst und ließ sich erst gar nicht starten. Hier mussten wir selbst Hand anlegen und manuell den aktuellen Grafikkarten-Treiber auf dem Cloud-PC installieren.