Eine Seefahrt ist (leider) nicht immer lustig
Die Seefahrt besteht aber bekanntlich aus etwas mehr als Hafenrundfahrten in heimischen Gewässern. Da gilt es ganze Kreuzfahrtschiffe der Gegenwart zu manövrieren, mit Bugstrahlmotoren und so genanntem Azimuth-Antrieb (d.h. Schub und Rotation werden gleichzeitig gesteuert). Da kann die altehrwürdige Titanic von England über den Atlantik nach New York navigiert werden, sofern man nicht vorher einen Eisberg rammt, oder man schleppt Öltanker an ihre Anlegestellen.
Abgesehen von den „actionorientierten“ Einsätzen, wo beispielsweise mit Schnellbooten über Rampen gebrettert werden soll, oder unter Zeitdruck Ertrinkende gerettet werden müssen, überkommt einen auch schnell das, was bei einem Computerspiel möglichst nie auftreten sollte: Langeweile! Mitunter gähnende Langeweile. Warum?
Weil die obligatorische „Zeitmaschine“ fehlt. Schon Silent Service konnte vor 24 Jahren damit aufwarten: Dank der Zeitrafferfunktion war der Klassiker schon damals alles andere, nur nicht langweilig. Aktuelle Titel wie Silent Hunter 4 ermöglichen das „Vorspulen“ der Zeit um das Viertausendfache, wenn gerade nichts los ist. Da kann man zusehen, wie die Sonne aufgeht und selbige wieder über der U-Boot-Kanzel im Meer versinkt und schwupp ist man im neuen Einsatzgebiet – nicht so beim Schiff-Simulator. Warum denn bloß? Etwa weil die Simulation dann nicht mehr realistisch wäre, weil man schließlich in der Realität auch nicht „vorspulen“ kann? Wenngleich man sich offensichtlich redliche Mühe gegeben hat, Schiffe, Wetter und Steuerung realistisch zu gestalten, so ist man von einer authentischen Simulation im Stil der MS-Simulatoren „Train“ oder „Flight“ noch weit entfernt. Da hätte dieses immens wichtige Detail nun wirklich nicht geschadet. Geringe Abhilfe schafft die Tatsache, dass man beliebig speichern kann und man beispielsweise in der Titanic Mission natürlich nicht wirklich wochenlang von Liverpool nach New York tuckert, sondern nacheinander drei Szenarien absolviert und quasi in einer Art Staffellauf vom einen in das nächste „verfrachtet“ wird. Dennoch dauert der Trip Stunden, in denen teilweise rein gar nichts passiert!
Nur die Simulation, einer Simulation?
Zugegeben: Wenn ich mit einem kleinen Motorboot eine Jacht abschleppen soll, muss es auch eine kleine Ewigkeit dauern, bis beide Boote endlich Fahrt aufgenommen haben, das ist ja auch realistisch. Auch die Tatsache, dass ein Containerriese praktisch den halben Unterlauf der Elbe zum „Bremsen“ benötigt, bis er aus voller Fahrt zum Stillstand kommt, wurde durchaus korrekt umgesetzt. Doch dann trüben Aussetzer wie von Rampen unrealistisch abhebende Speedboote oder aus unerfindlichen Gründen beim Manövrieren einer Bohrinsel weit auseinander driftende Schlepper das Vertrauen in die Spielphysik doch merklich. Schlussendlich ist die Steuerung im Allgemeinen einfach etwas zu anspruchslos und trivial für eine wirklich glaubhafte Simulation. Bei den Referenztiteln ist z.B. kaum eine Taste frei, viele sind sogar doppelt belegt und so wird mir stets vermittelt Teil eines großen Ganzen zu sein.Hier werden nur wenige Tasten genutzt und auch wenn ich persönlich noch keine Kanalfähre gesteuert habe, so würde ich mich wundern, wenn dies mit zwei, drei Handgriffen zu machen wäre. Es ist nicht an einer Sache festzumachen,
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Unterwegs mit dem Hoovercraft im thailländischen Urlaubsparadies: Im Hintergrund die „Phi-Phi“ Inseln. |
woran es genau liegt, doch beim Schiff-Simulator habe ich nicht wirklich das Gefühl, Kapitän auf meinem Schiff zu sein. Ich bin eher Statist, denn Protagonist.
Die Kunst einer guten Simulation liegt darin, mir möglichst glaubhaft zu suggerieren der Boss zu sein und wirklich das sprichwörtliche Ruder in der Hand zu halten, also wirklich alle Fäden zu ziehen. Dieser Funke wollte nie wirklich überspringen. Da wurde ich als U-Boot-Kommandant, Pilot, Rennfahrer oder auch Lokomotivführer schon weitaus authentischer in das entsprechende Szenario hineinversetzt. Insofern unterfordert man echte Simulationsfans, überfordert Einsteiger dann aber, was deren Gedulds-, bzw. Leidensfähigkeit angeht. Für einen gelungenen Einstieg in die Welt der Simulationen hätte zumindest eine Zeitrafferfunktion integriert werden müssen.