Es galt lange Zeit als ein Naturgesetz in der Gamingwelt: Lizenzspiele können nicht gut sein. Oft sind sie nur Produkte voller Fan-Service, im Grunde nur eine lieblose Zweitverwertung. Das meiste Geld ist für die Lizenz und das Marketing draufgegangen und die restlichen Cents flossen dann in die Entwicklung. So fühlte es sich zumindest häufig an. RoboCop: Rogue City möchte aufräumen, mit diesem Vorurteil und mit hunderten von Gangstern. Ihr wünscht euch ein gutes RoboCop-Spiel, weil ihr denkt, dass die Marke viel für ein Videospiel hergibt? Das dachte sich Entwickler Teyon auch. Verdammt ja. Nur eine Warnung vorab: Ihr müsst ein Fan sein. Damit der Spaß nicht nur schießt, sondern auch ballert.
Ein späterer Abschnitt von RoboCop: Rogue City im Polizeihauptquartier beweist, dass der Spaß nicht automatisch endet, wenn das Schießen aufhört. Denn dann beginnt die wundervolle Narrative. Die Welt von RoboCop steckt voller Geschichten und Details – die immer zwischen Humor, Satire und Grausamkeit liegen. Statt direkt in die nächste Mission gepeitscht zu werden, seid ihr hier erstmal damit beschäftigt, Kollegen beim Öffnen ihres Schranks zu helfen, Betrunkene in Zellen zu tragen und bei der Bearbeitung von Beschwerden auszuhelfen. So möchte sich ein Gesuchter selbst stellen, um die Belohnung zu bekommen, die auf ihn ausgesetzt ist. Wie auf dem Fließband werden solche Witze und kuriosen Situationen serviert – mit kleineren Entscheidungsmöglichkeiten für zusätzliche Boni. Dafür, dass RoboCop nur ein Roboter ist, tut er wirklich sein Bestes, um den Menschen zu helfen.
Ob Schießen oder Narration, beides macht Spaß, eins wechselt das andere ab und jedes Mal erlebt ihr eine gute Zeit. Womit wir zu einem weiteren Highlight kommen: Ihr werdet in einer Mission ausgesetzt, die in einem Stadtviertel stattfindet. Bloß nur Kulisse? Nein! Das gesamte Viertel ist nicht nur mit Jokes oder Items gepflastert, sondern auch mit dutzenden Nebenquests. Damit könnt ihr allein Stunden zubringen, bevor ihr zum Haupteinsatz zurückkehrt. Nicht zu kurz, nicht zu ausufernd – einmal sucht ihr einen gestohlenen Wagen, ein anderes Mal müsst ihr einen kuriosen Mord rund um Sonnenmilch aufklären. Wo kein Gespräch hilft, wird geschossen. Und während ihr euch in einer Werkstatt durch brennende Autos durchkämpft, springt plötzlich ein Gangster aus der Toilette, der gerade pinkeln war – es ist so unverschämt bescheuert und gut!
Und das ist es eigentlich auch schon. Schussgefechte, die kein Erbarmen kennen und angenehm schwer sind. Narrative Passagen, die keinen Moment vergeuden, um euch mit dem trockenen Humor zu unterhalten. Größere Areale, die euch noch mehr Zeit in der RoboCop-Welt schenken. Plus einen Skillbaum, der tatsächlich nicht nur Boni liefert, sondern auch kleinere Zusatzfähigkeiten – wie beispielsweise das obligatorische Kugel-Abprallen. Das ist auch nötig, wenn der Gegner aufrüstet.
Erwartet bei RoboCop: Rogue City keinen besonderen taktischen Shooter, erwartet keine Shakespeare-Story. Aber auch das war der Film niemals. Sein “Wie” war immer schon viel effektiver als sein “Was”. Und genauso verhält es sich mit dem Spiel. Es macht nicht weniger und vor allem auch nicht mehr, was die DNA verwässern würde. Eine wirklich überraschend gute Adaption, die euch durch eine umfangreiche Anzahl von Missionen schickt, die immer wieder mit kleineren Neuheiten aufwarten, aber im Grunde gleich bleiben. RoboCop: Rogue City will nicht fesseln, sondern Spaß machen. Und diesen Job macht es verdammt gut.