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Ridge Racer: Unbounded (Rennspiel) – Ridge Racer: Unbounded

Manchmal ist die Luft einfach raus, die Bremsen sind eingerostet, der Auspuff durchlöchert und der Motor gibt nur noch ein gequältes Stottern von sich. Höchste Zeit für eine Generalüberholung! Das dachte man sich auch bei Namco und hat Ridge Racer in die Werkstatt geschickt, um das alternde Konzept mit westlicher Hilfe umzukrempeln. Rast man mit Unbounded aus der Krise oder hätte man sich die Neuausrichtung sparen sollen?

© Bugbear Entertainment / Namco Bandai

Der Verfall

[GUI_PLAYER(ID=87367,width=400,text=Schon beim ersten Trailer war klar, dass Unbounded ein Ridge Racer der anderen Art wird.,align=right)]Es gab Zeiten, da war Ridge Racer der Stern am Arcade-Himmel: Auf der PSone erlangte der Titel aufgrund seiner perfekten Umsetzung des Spielautomaten Kultstatus und auch Nachfolger wie das grandiose Rage Racer oder Type 4 rasten immer ganz vorne mit. Auf der PS2 gab es mit dem Erscheinen des fünften Teils eine erste Ernüchterung, die mit den Jahren und jeder weiteren Fortsetzung etwas zunahm. Anstatt neue Inhalte zu entwickeln, setzte Namco verstärkt auf Recycling und verlor auch technisch immer mehr den Anschluss an die Spitze, die mittlerweile Newcomer wie Burnout mit frischen Ideen erobert hatten. Den vorläufigen Tiefpunkt erlebte man kürzlich auf der Vita, wo Ridge Racer zu einem DLC-Experiment degradiert wurde, das den Ruf der Marke weiter beschädigte.

Driften mal anders

Doch eines konnte man der Reihe niemals vorwerfen: Das voll auf Arcade getrimmte Fahrmodell war jederzeit klasse! In kaum einem anderen Spiel machte es dermaßen viel Spaß, lässig durch die Kurven zu driften und dabei selbst bei abartig hohen Geschwindigkeiten die Kontrolle über die Boliden zu behalten. Klar, die Mechanik ist total simpel – aber es war selbst bei der kastrierten Vita-Version einfach herrlich, sich auf den Pisten auszutoben. Ridge Racer versprühte genau wie Outrun oder auch Sega Rally den puren Arcade-Fahrspaß!

Der Schweif, den die Fahrzeuge bei gezündetem Nitro hinterlassen, sieht nicht nur furchtbar aus, sondern beeinträchtigt auch die Sicht.
Der Schweif, den die Fahrzeuge bei gezündetem Nitro hinterlassen, sieht nicht nur furchtbar aus, sondern beeinträchtigt auch die Sicht. © 4P/Screenshot

Damit ist es jetzt vorbei: Die Entwickler von Bugbear Entertainment haben nicht nur das Konzept der Serie auf den Kopf gestellt und mehr in Richtung ihres Überraschungshits Flatout getrimmt, sondern legen auch bei der Fahrphysik eine 180 Grad-Drehung hin – und machen dabei vieles kaputt, was die Serie einmal ausgezeichnet hat. Statt einer präzisen gibt es jetzt eine schwammige Lenkung, statt lockerem Kurvenschlittern eine gewöhnungsbedürftige Drift-Mechanik, bei der man die Flitzer nur dann vernünftig kontrollieren kann, wenn man einen entsprechenden Knopf gedrückt hält, was vor allem Kenner der Serie (und von den meisten Rennspielen) zu einem krassen Umdenken zwingt.

Dummerweise sind die Rutscheinlagen immer noch von großer Bedeutung, denn mit ihnen lädt man im Zusammenspiel mit Windschattenfahren und Sprüngen die Power-Leiste auf. Ist sie gefüllt, kann man die gesammelte Energie klassisch als Nitro einsetzen und sich einen kurzzeitigen Geschwindigkeitsschub verpassen. Alternativ nutzt man den zusätzlichen Schub dazu, um einen von bis zu elf Rivalen mit einem gezielten Takedown aus dem Weg zu räumen – Burnout lässt grüßen, doch reichen die Zweikämpfe hier nicht an das offensichtliche Vorbild heran. Wieso? Zum einen fehlt es Unbounded an der Intensität des Criterion-Meisterwerks. Es wirkt einfach billig, wie man die Kontrahenten hier aus dem Weg räumt und anschließend die mäßig inszenierten und ständig gleichen Unfälle in der Zeitlupenkamera betrachtet. Zum anderen lassen sich die Auswirkungen der Rempeleien nicht richtig nachvollziehen: Manchmal reicht schon ein kleiner Schubser, um der KI einen Totalschaden zu bescheren – ein anderes Mal will deren Energieleiste selbst bei heftigen Remplern einfach nicht abnehmen.

Hilfloses Opfer

Zack - ein Rempler reicht und schon wird man angesichts der rüden KI wieder zum hilflosen Opfer!
Zack – ein Rempler reicht und schon wird man angesichts der rüden KI wieder zum hilflosen Opfer! © 4P/Screenshot

Das gilt leider auch umgekehrt, denn man wird ebenfalls immer wieder Opfer von rüden Attacken, denen man nichts entgegensetzen kann. Das ist besonders bitter, wenn man in Führung liegend kurz vor der Ziellinie von hinten abgeschossen wird und als Folge dessen wertvolle Plätze verliert, denn erst bei einer Positionierung unter den ersten drei gilt eine Veranstaltung innerhalb der Karriere als gemeistert. Im Gegensatz zu den anderen Fahrern fehlt beim Spielerauto eine Schadensanzeige – man kann den Zustand deshalb nur grob anhand von einer qualmenden oder gar brennenden Karosserie abschätzen. Doch selbst wenn man in einem frisch gespawnten Neuwagen die Fahrt fortsetzt, reicht ein gezielter Treffer schon aus, um dem Gefährt einen weiteren Totalschaden zu bescheren – ganz toll, so machen Spiele Spaß!