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Reign: Conflict of Nations (Taktik & Strategie) – Reign: Conflict of Nations

Einen Thron in Mitteleuropa konnte man schon öfters virtuell erobern, wenn man etwa an Medieval 2 denkt. Jetzt ist in Reign: Conflict of Nations erstmals Osteuropa Thema eines mittelalterlichen Strategiespiels, wobei man Reiche wie Moskau, Kiew oder Polen regieren kann. Wer wird Herrscher aller Russen?

© Lesta Studio / 1C Company / Just A Game (Deu)

Zeit der kämpfenden Reiche

Während bei uns das Mittelalter durch den Konflikt Kirche vs. Adel gekennzeichnet ist, geht’s in Russland um den Kampf gegen die Mongolen. 

Mit dem Niedergang der Mongolen versank Russland nach 1350 zunehmend in Anarchie, weil eine Zentralmacht fehlte.

Das Machtvakuum, das die bei den Slawen verhasste Goldene Horde hinterließ, wurde von lokalen Machthabern genutzt, um ihren Aufstieg zu planen. So wurde Moskau aufgrund seiner zentralen Lage zum Fürstentum, das sich nach und nach alle Nachbarn einverleibte. Keiner der Kleinfürsten konnte den Moskowitern standhalten, sei es die reiche Republik Nowgorod, das listige Rjasan oder das stolze Twer. Aus dieser Keimzelle entstand unter Iwan dem Großen 1478 das Zarentum, das sich bereits über die Grenzen hinaus orientierte, da es sich als Beschützer aller orthodoxen Christen sah. Erst später wurde der Zar zum Herrscher aller Russen.

Allerdings wurde der Aufstieg immer auch durch die aufstrebenden Mittelmächte in der Region bedroht, die schon früh zusammen hängende Ländereien hatten. Im Spätmittelalter waren das in Osteuropa Schweden, Polen, Litauen, Lettland und nicht zuletzt die Ritter der Deutschordens. Man glaubt es kaum – gerade das heute gern übersehene Litauen war damals eine führende Macht, die im ständigen Kampf mit dem Deutschorden lag. Das ging sogar soweit, dass sich Polen und Litauen zu 1386 einem Großreich zusammen schlossen, das sich immer wieder in die inneren Angelegenheiten der Russen einmischte. So dauerte es noch bis zum 17. Jahrhundert, bis ganz Russland endlich unter eine Herrschaft kam und auch nach außen als Einheit auftrat.

Mal was anderes

All diese zerstrittenen Groß-, Mittel- und Kleinstaaten kann man in Reign regieren, das sich zeitlich grob von 1350 bis 1650 erstreckt. Da es drei Startpunkte für die Kampagne gibt, kann 

man in allen Stufen der Entwicklung einsteigen. Moskau etwa ist anfangs ein winziges Kleinfürstentum, das sich

Wer den Deutschorden nimmt, hat zu Beginn schon ein ansehnliches Land. Wer hingegen Moskau nimmt, hat nur Ärger.  
kaum seiner aggressiven Nachbarn erwehren kann. Später in der frühen Neuzeit ist es ein aufstrebendes Land, das immer mehr Einfluss und Ansehen gewinnt. Und schließlich wird es zu der Macht, die Russland dominiert. Es sind aber auch Länder spielbar, die bereits mehr Macht haben. Das empfiehlt sich, wenn man rasch was erreichen will. Leider fehlen Randstaaten wie Böhmen, Dänemark oder Osmanisches Reich, die interessant gewesen wären. Das historische Szenario spielt sich dennoch unverbraucht, auch wenn es optisch nicht immer überzeugend umgesetzt wurde.

Wer will, kann ebenso Großmeister des Deutschordens werden, Anführer der Kossacken oder schwedischer König. Obwohl sich die 26 Reiche in Lage, Entwicklungsstand und Größe unterschieden, spielen sie sich doch recht ähnlich. Das gilt nicht nur für die russischen Fürstentümer, sondern auch für die größeren Königreiche wie Polen. Es liegt sicher auch daran, dass sich die Staatsform kaum unterscheidet: Man spielt immer den absoluten Herrscher in slawischer Tradition, obgleich etwa Nowgorod in Wirklichkeit eine Republik war. Neben den Kampagnen gibt es auch ein freies Spiel, wo man keine Aufträge hat. Es ist kein Multiplayer dabei, was seltsam ist für ein Strategiespiel dieses Kalibers, auch wenn es genau genommen nicht rundenbasiert ist, da es in Echtzeit läuft.

Frust zu Beginn

Obwohl das Tutorial einem alles zeigt, ist es nicht gerade einsteigerfreundlich, weil es schnell überfordert.  Zudem sollte man gut Englisch können.
Das zeigt sich auch gleich, denn Reign beginnt recht hektisch, wie es bei einem Rundenspiel unmöglich wäre. 

Als Neuling spielt man natürlich das Tutorial, das einen aber gleich mit Meldungen, Instruktionen und Ereignissen bombardiert, was für ein ohnehin komplexes Spiel einfach zu viel ist – man muss sich erst langsam reinfinden. Immer wieder soll man Aufträge erledigen, die so auch in den Total War-Spielen vorkommen könnten: Man entsendet Emissäre, vertreibt Aufständische und schließt Handelsabkommen, was allerdings wenig anspruchsvoll ist. Einzig Fernziele wie die Einnahme einer Stadt oder der Sturz eines Königs sind eine Herausforderung, da man es sich mit den Nachbarn verscherzen kann. Diese Quests gehen aber nach dem Tutorial weiter, auch wenn sie komplexer werden.

Das Spiel ist auch deshalb nicht leicht, weil die Computergegner gleich aggressiv vorgehen. Zwar hält sich die KI an geschlossene Abkommen, aber wenn man einen Krieg vom Zaun bricht, hat man nichts zu lachen. Die von der KI gesteuerten Generäle marschieren flugs vor und nehmen kleinere Ortschaften ein, die wichtig sind. Diese Blockade führt zum Ausfall der Ernte, der meist in einer Hungernot in der attackierten Provinz mündet. Truppen, die nichts zu beißen haben, verlieren ein Gefecht nach dem anderen oder lösen sich auf. Gerade zu Beginn sollte man Kriege vermeiden, da sie einen teuer zu stehen kommen. Kleine Nationen werden gnadenlos platt gemacht, was teils frustriert. Da auch das Ändern des Schwierigkeitsgrades wenig bringt, sollten Neulinge größere Länder spielen, um nicht gleich die Lust zu verlieren.