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Pro Evolution Soccer 2019 (Sport) – Stagnierende Fußballsimulation

Die überraschende Nachricht im Vorfeld der Veröffentlichung von Pro Evolution Soccer 2019 war nicht der Wegfall der Champions League als Lizenz, sondern die vorzeitige Kündigung der Zusammenarbeit von Borussia Dortmund, die eigentlich weitere zwei Jahre laufen sollte – das muss auch Konami kalt erwischt haben, denn auf den ersten Screenshots war der BVB noch zu sehen. Dieses Jahr sind als deutsche Mannschaften also nur noch der FC Schalke 04 und Bayer Leverkusen dabei. Wir verraten euch im Test, welche Neuerungen es gibt und wie sich die Fußballsimulation auf PC, PS4 und Xbox One präsentiert.

© Konami / Konami

Russland calling

Erinnert ihr euch noch an diesen Riesen bei der WM? Dieser Klotz von knapp zwei Metern, der aussah wie ein Relikt aus der Ära Hrubesch? Richtig, ich meine

Artjom Sergejewitsch Dsjuba. Wie viele andere habe ich den Russen im Vorfeld natürlich nichts zugetraut. Es gibt ja kaum namhafte Spieler, dazu war ihr Fußball grausam anzusehen. Aber noch mehr als die Siege der Sbornaja, die sie tatsächlich bis ins Viertelfinale trugen, hat mich dieser Dsjuba überrascht – irgendwie hat seine einfache Spielweise den Fußballnostalgiker in mir geweckt. Ich fand ihn cooler als Kane. Zumindest bis zu diesen Veneneinstichen…

Warum erzähle ich das? Vielleicht, weil er mich als Dortmund-Fan an Jan Koller erinnert, der ein ähnlicher Stoßstürmer war. Vielleicht, weil ich

im Zeitalter von sich weg streikenden oder peinlich schauspielenden Multimillionärs-Zicken von Dembélé bis Neymar ein wenig die Schnauze voll habe von vermeintlichen Stars. Auch ein Weltmeister wie Griezmann ist mir spätestens seit seinem Kasperjubel à la Fortnite unsympathisch. Ähnlich wie die Isländer bei der EM haben die Russen mit der Euphorie im Rücken jedenfalls demonstriert, dass ein engagiertes Team über all die überbewerteten Diven oder angebliche Favoriten hinauswachsen kann. Selbst engagierte Top-Spieler wie Modric, Rakitic & Co standen kurz vor dem Aus.

Stagnation im Jahresrhythmus

Gerade in diesen Turnieren kann das Kollektiv über das Kapital, der No-Name-Kicker über die voll vermarktete Prominenz mit ihren Millionen Followern siegen. Überraschung, Ungewissheit, ein Underdog kann gewinnen

– das ist für mich Fußball

. Natürlich gibt es das noch, man denke u.a. an Leicester oder Frankfurt im Pokal. Sowohl in der realen Bundesliga als auch digital dominiert allerdings die Stagnation der Favoriten im Jahresrhythmus. Der FC Bayern wird auf unbestimmte Zeit Meister
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Der FC Barcelona ist weiter offizieller Partner von Konami, während der BVB seinen Vertrag vorzeitig kündigte. © 4P/Screenshot
und weder FIFA noch PES werden sich aufgrund des viel zu kurzen Veröffentlichungszeitraums auf dem Platz großartig entwickeln; die DFL-Lizenzen bleiben bis mindestens 2021 bei EA, so dass wir die ewig gleichen Analysen für kleine Schräubchen in Tests bemühen werden. Die Folge: Eine Ernüchterung bei mir als Fan, Kritiker, Spieler – sicher auch bei euch Lesern.

Beide Titel sind ja nicht schlecht, aber sie haben sich von der Award-Begeisterung vergangener Zeiten entfernt. 

Es rockt nicht mehr so, wenn der Ball rollt oder über ihn geschrieben wird.

Und dennoch…

…da ist immer diese Neugier, diese naive Resthoffnung, dass der FC Bayern tatsächlich mal verliert, am besten in Serie, und der Bildschirm wieder so brennt wie anno PES 6.

Also stößt man doch wieder an, lädt Kumpel ein oder zockt online. Immerhin kann man diesen Dsjuba ja auch in PES 2019 erleben, wenn man mit Zenit St. Petersburg loslegt – und Konami trifft da immer noch einen authentischen Nerv. Seine Körperlichkeit, aber auch seine Defizite werden auf dem Platz spürbar, wenn er den Ball annimmt, sich schwerfällig dreht oder zum Kopfball ansetzt. Trotzdem kann er gegen Neuer einnetzen – und schon macht der Kick wieder Laune. Genau diese menschliche Fehleranfälligkeit wird in diesem Jahr noch deutlicher auf dem Platz, wenn selbst Ballkünstler beim Vollsprint auf nassem Geläuf ausrutschen, wenn Pässe in die Tiefe mehr Timing verlangen oder Schlenzer aus der zweiten Reihe nicht mehr so oft im Winkel landen, sondern von den besseren Torhütern abgefangen werden. Konami hat also weiter Automatismen aufgebrochen, die noch vor zwei, drei Jahren für Flipperflair sorgten, als der Ball wie von Zauberhand und viel zu schnell zirkulierte.