Hart aber fair
Solche Aha-Erlebnisse kamen mir meist genau zum richtigen Zeitpunkt: Immer wenn ich ein Weilchen die Gegend erforscht hatte und nicht weiter wusste, ging mir nach ein paar Minuten ein Licht auf – oder ich fand ein neues Gadget, das mir den Weg eröffnete. Es ist fast schon unheimlich, wie motivierend die Fähigkeiten auf versteckte Abschnitte abgestimmt sind – exakt so, wie ich es mag. Die Testspieler haben offenbar ganze Arbeit geleistet und der Spielwelt eine tolle Balance verpasst. An anderer Stelle leite ich mit Hilfe der „Stoßen“-Fähigkeit auch Schüsse in Richtung von Portalen um oder stelle andere coole Dinge mit ihr an, die ich hier noch nicht verraten möchte. Zu Oris neun Standard-Moves gesellen sich 28 Aufrüstungen aus dem dreigliedrigen Fähigkeitenbaum. Mit ihnen kann man das Spiel auf gelungene Weise ein wenig an eigene Vorlieben anpassen. Wer z.B. Tauchgänge hasst (die sich hier allerdings intuitiv steuern), kann mit verdienten Punkten Unterwasser-Atmung freischalten.
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Außerdem lässt sich die Flamme in zahlreichen Stufen aufrüsten und ein Dreifachsprung freischalten. Oder ich verpasse den manuellen Speicherpunkten einen Boost der Lebensenergie. Moment mal, manuelle Speicherpunkte? Ja, von einigen Portalen abgesehen sollte man hier möglichst oft speichern – damit man es nicht übertreibt, leert sich dabei eine begrenzte Energieanzeige. Zu Beginn habe ich es oft vergessen, nach einer Gewöhnungsphase empfand ich es aber als praktisch, vor kniffligen Sprungpassagen einen Speicherpunkt zu setzen.
Nerviges Bildstottern
Sobald ich ein Areal gemeistert habe, macht es richtig Spaß mit der neuen Fähigkeit zurückzukehren, um dort endlich alte Barrieren zu durchbrechen. Die Kammern der mittelgroßen offenen Welt sind schön miteinander verknüpft. Obwohl der Großteil der Areale mit Pflanzen überwuchert ist, habe ich mich nur selten verlaufen. Wuchtige Kultstätten, umgestürzte Bäume und Änderungen in der Lichtstimmung verleihen vielen Orten einen charakteristischen Wiedererkennungswert. Leider haben es die Entwickler ein wenig mit dem Unschärfefilter übertrieben: Vor allem am Bildrand versumpft das Bild ab und zu in einem Schleier – selbst, wenn ich vorher den Unschärfefilter abschalte.
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Noch ärgerlicher ist das leichte Ruckeln, welches auf der Xbox One mehrmals pro Minute kurz das Bild einfriert. Die Action stockt dann zwar nur einen Sekundenbruchteil lang, so dass das Sprung-Timing nur selten darunter leidet. Trotzdem sollte so etwas in einem Jump-n-Run nicht vorkommen. An der externen Festplatte kann es übrigens nicht liegen: Auf einer zweiten Konsole mit der Installation auf dem internem Speicher kam es zu den gleichen Problemen. Auf dem PC trat das leichte Ruckeln zum Glück viel seltener auf – dabei macht es keinen Unterschied, ob wir das Spiel auf einer SSD oder einer konventionellen Festplatte installierten. Eine Xbox-360-Version ist übrigens ebenfalls in Arbeit – hoffentlich schrauben die Entwickler dort die Grafikqualität weit genug herunter, um für ein flüssiges Spielgefühl zu sorgen.
Audiophiler Plattformer
Makellos wirkt dagegen jetzt schon die akustische Umsetzung. Für das Videofazit musste ich einige Passagen ohne Musik aufnehmen – doch immer wenn ich damit fertig war, bin ich sofort ins Menü gewechselt, um die Lautstärke aufzudrehen. Die sanften Piano-und Streicher-Melodien fangen die Stimmung der leuchtenden Welt perfekt ein. Komponiert wurden sie von Gareth Coker, der zuvor u.a. die Independentspiele inMomentum und Primal Carnage vertont hat. Für Ori and the Blind Forest nahm er ein Streichensemble auf und ergänzte die Melodien mit Bläsern sowie Gesang von Aeralie Brighton. Auch in die Soundeffekte ist derart viel Liebe geflossen, dass sie sich auf einem guten Kopfhörer noch eine ganze Ecke besser anhören. Trippelt Ori über einen ausgehöhlten Baumstamm klingt das ganz anders als auf Moos, Steinen oder festen Wurzeln.
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Trotz aller Qualitäten reicht es aber doch nicht ganz für eine Platin-Award, denn auf Dauer mangelt es ein wenig an Abwechslung. Von ein paar Gefechten gegen fette Gegner abgesehen gibt es z.B. keine spannenden Bosskämpfe. In Metroid Prime, Guacamelee! & Co. sorgten solche Einlagen aber stets für einen willkommenen Tempo-Wechsel, der hier ausbleibt. Auch in Shovel Knight oder Shantae and the Pirate’s Curse wechseln sich häufiger ruhige und spannende Aigenblicke ab, weil man dort auch mal die Stadt besuchen und die Seele baumeln lassen kann. Sicher – es gibt hektische Momente wie eine knifflige Fluchtsequenz vor ansteigenden Wassermassen. Trotzdem hätte das Spiel von etwas mehr Abwechslung profitiert.