Weniger Feinschliff ließen die Entwickler bei der Be a Pro-Karriere walten, die ihrem Vorläufer beinahe wie ein Ei dem anderen gleicht. So darf ich erneut ein Alter Ego erstellen, das an einer festen Position spielt und dessen Fähigkeiten ich im Laufe seiner Karriere stetig verbessere. Für Einzelsportler ist dies nach wie vor der perfekte Weg, sich im virtuellen Eishockey selbst zu verwirklichen! Schade aber, dass ich mich selbst in dieser Spielvariante nach wie vor wie eine zum Leben erweckte Statistik fühle. Zwar steuere ich stets nur meinen eigenen Profi oder wahlweise seinen Ersatz auf derselben Position. Doch obwohl mir der Trainer Hinweise zu meiner Leistung gibt, fehlt besonders zwischen den Matches die Kommunikation zwischen meinem Spieler und seiner Umwelt. Ich will weiß Gott keine Eishockey-Soap erleben! Zwischenmenschliche Beziehungen und Gängeleien unter den Profis würden der Karriere allerdings ebenso gut tun wie eine Berichterstattung in den virtuellen Medien. Und wieso pfeifen mich die Fans selbst dann nicht vom Eis, wenn ich offensichtlich und mit voller Absicht gegen meine eigene Mannschaft spiele? So grandios die Stimmung beim Herauskommen aus der Kabine ist – hier hat selbst NHL 2K10 mit seinen ausgefeilten Inszenierungen vor dem Anpfiff das Nachsehen – so wenig wird der gute Ansatz zu Ende gedacht. Einziger Schritt in diese Richtung ist das Beschützen eines Superstars im eigenen Team. Auch als „Tough Guy“ kommt man zwar nicht groß raus; EA weiß aber offenbar, dass die sportliche Solokarriere nicht das Ende der Fahnenstange war… Nicht zuletzt ist es bedauerlich, dass noch immer keine der wählbaren Kameraperspektiven das gesamte Geschehen einfängt, denn zu oft sehe ich entweder meinen Profi oder den Puck nicht. Wie soll ich da wissen, ob ich einen Gegenspieler decken oder mich freiskaten soll?
Wo sich ebenfalls nichts getan hat, ist die Internet-Anbindung – was in diesem Fall jedoch kein Nachteil ist. Die EA Sports Hockey League ist damit nämlich erneut die beste Möglichkeit, den selbst erstellten Be a Pro-Sportler weltweit bekannt zu machen! Dank weiterer Einzelspiel-, Turnier- und Liga-Varianten und des allgemein flüssigen Online-Spiels kommt damit beinahe jeder Gesellschaft
suchende Skater auf seine Kosten. Nur, dass einige Pausen aufgrund von Synchronisierungsproblemen eine halbe Minute oder länger andauern, ist ärgerlich. Mir fehlt auch ein globales Netzwerk, in dem Manager mit den Möglichkeiten des Be a GM-Modus‘ gegen menschliche Konkurrenten um Punkte pokern können. Immerhin darf man aber erneut seine schönsten Momente als Foto oder Video festhalten und bei Bedarf online stellen.
Dynamische Altlasten
Und vielleicht geht es ja ohnehin weniger ums Drumherum als um das Geschehen auf dem Eis – die 4P-„Stars“ verbringen jedenfalls für gewöhnlich mehr Zeit im schnellen Einzelspiel als vor dem Manager-Schreibtisch. Konnte EA hier vielleicht noch eine Schippe drauflegen? Schließlich war der Streit um den Puck bereits im vergangenen Jahr eine gelungene Simulation. Legen die Entwickler vielleicht noch einen drauf oder bleibt auch im eigentlichen Spiel das meiste beim Alten? Letzteres ist der Fall; beim gewöhnlichen Passspiel, in der Verteidigung und beim Angriff ändert sich sogar praktisch gar nichts und das ist ernüchternd! Weil sich bei einer Sportsimulation letztlich alles ums Spiel dreht, stand uns nach den ersten Partien deshalb ein enttäuschtes „Und jetzt?“ ins Gesicht geschrieben. Die Erweiterung des Umfangs ist lobenswert – der Stillstand in den Arenen legt sich jedoch zunächst wie ein ärgerlicher Makel auf die schönen Kulissen.
Im Gegenzug gingen dank des sehr guten Fundaments aus dem Vorjahre allerdings sehr bald packende Matches hervor! Der Kampf um den losen, von einem Könner aber stets kontrollierbaren Puck, ist auch in diesem Jahr ungemein spannend! Hat man die Spielmechanik erst mal verinnerlicht, stochert man im richtigen Moment den Puck vom gegnerischen Schläger, macht geschickt Laufwege zu, fängt Pässe ab, skatet elegant durch die Defensive und erarbeitet durch Fleiß und clevere Spielzüge Torchancen. Die Hartplastik-Scheibe landet dabei seltener im Netz als bei NHL 2K10, weshalb Tore hier umso befriedigender sind. Bei der Konkurrenz nimmt man Tore zur Kenntnis – hier jubelt man! Die Schiedsrichter pfeifen konsequent, aber nicht übermäßig streng, so dass meist nur übereifrig eingesetzte Body oder Poke Checks zu einem Foul führen. Lediglich die Einführung, das Tutorial, darf beim nächsten Mal gerne mehr erklären als das grundlegende Skaten und Schießen; die Erklärung von Schlenzern oder Handgelenkschüssen entdeckt man nur beim Studium des viel zu mageren Handbuchs oder der optionalen Trainingssitzungen.