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Mafia 3 (Action-Adventure) – Der Fluch der offenen Gangster-Welt

Illusion Softworks, mittlerweile besser bekannt als 2K Czech war zwar in die Entwicklung von Mafia 3 involviert, doch die kreative und technische Hauptlast lag bei dem neu formierten Studio Hangar 13. Ob das in Kalifornien arbeitende Team der Gangster-Serie neue Impulse geben kann und ob sich der gute Eindruck der ersten Stunden auch längerfristig hält, klären wir im Test.

© Hangar 13 / 2K Games

Fängt stark an

Anfänglich macht Mafia 3 nicht nur erzählerisch bzw. mit der Inszenierung, sondern auch mechanisch neugierig. Während des überraschend umfangreichen und zeitaufwändigen Tutorials wird man linear an die Hand genommen, während man mit einigen Missions-Typen sowie mechanischen Feinheiten vertraut gemacht wird. Man lernt die Handhabung der Fahrzeuge kennen, die sich in den Optionen sogar auf „Simulation“ schalten lässt. Allerdings ist dies ein kleiner Etikettenschwindel: Denn es wartet dann kein Gran Turismo oder Forza Motorsport mit auf echten Boliden der Ära basierenden Fantasie-Fahrzeugen. Das Gewicht ist deutlicher spürbar als bei der „normalen“ Kontrollvariante, doch es bleibt dennoch alles im arcadigen Bereich.

Man erlebt erste Schusswechsel und kann sich mit den Schleichoptionen vertraut machen, die beide bei den meisten folgenden Missionen einzeln oder im Verbund Erfolg versprechen. Und so gut diese zwei „Angriffsformen“ auch funktionieren, bieten sie jede für sich kaum genug Stoff, um mit den großen der jeweiligen Zunft mithalten zu können.

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Man kann die Missionen entweder mit bleihaltigen Argumenten lösen, sollte dann aber auch das simple Deckungssystem nutzen. © 4P/Screenshot

Die Schussmechanik ist solide, verfügt über ein Deckungssystem, das per Knopfdruck aktiviert wird und bietet ein umfangreiches Repertoire an Schießprügeln, die sich allesamt unterschiedlich anfühlen. Und sie profitiert von einem halbwegs korrekten Trefferzonensystem, das bei intensiven Schusswechseln zu einem interessanten „Kugelballett“ führen kann. Doch die allerletzte Wucht, wie sie reinrassige Shooter à la Doom oder Far Cry bieten, sucht man hier vergeblich. Man liegt in diesem Punkt auch hinter dem letzten GTA zurück, das in vielerlei Hinsicht als Vorbild gedient zu haben scheint.

Schleichen auf der Karriereleiter

Auch an der grundsätzlichen Schleichmechanik, die mit dem Deckungssystem verbunden wurde, lässt sich nichts aussetzen. Man bewegt sich geschmeidig um Ecken herum oder huscht schnell von Vorsprung zu Vorsprung, um außerhalb des Sichtfelds der häufig patroullierenden Gegner zu bleiben. Man kann Gegner in Hörweite sogar mit einem Pfiff zu sich locken und sie unentdeckt mit einem Knopfdruck ausschalten. Sehr schön: Fast immer hat man bei den Missionen die Wahl, ob man im Verborgenen bleibt oder per bleihaltigem Frontalangriff à la John Rambo vorgeht, der durchaus in der gleichen Einheit wie Lincoln Clay in Vietnam gedient haben könnte. Beide sind im Nahkampf enorm versiert und beide verstehen sich auf psychologische Kriegsführung.

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Oder aber man schleicht und meuchelt im Geheimen – was durch die marode KI sehr schnell übermächtig wird. © 4P/Screenshot

Um Sal Marcano auch nur in Ansätzen gefährlich werden zu können, muss man seine drei Leutnants ausschalten, die wiederum erst auftauchen, wenn man jeweils zwei der sechs Capos erledigt hat, die über die verschiedenen Bezirke verteilt sind und dort ihren kriminellen Machenschaften nachgehen. Um diese  wiederum aus der Reserve zu locken, muss man den Geldstrom ihrer illegalen Geschäfte stilllegen. Wie das geht, erfährt man über Informanten, deren Aufenthaltsort an bestimmten Punkten innerhalb der Story bekannt gegeben wird. Und so wird die von Anfang an offene Spielwelt auch mehr und mehr mit Inhalten gefüllt. Bis hierhin hat Hangar 13 konzeptionell gute Arbeit geleistet und mit der Integration des gealterten Vito Scaletta, dem Helden aus Mafia 2, sogar eine Brücke zum Vorgänger geschlagen.

Lässt stark nach


Doch an dieser Stelle wurden die kreativen Köpfe von Hangar 13 offensichtlich von ihren Musen verlassen. Denn wo die Vorgänger mit abwechslungsreichem Missionsdesign punkteten und auch andere Titel mit offener Welt wie Saints Row 4, das thematisch ähnliche Der Pate 2 oder allen voran Grand Theft Auto 5 auf Variation setzten, hat man das Prinzip in New Bordeaux nicht nur schnell durchschaut, sondern wird dessen auch bei längeren Spielesessions überdrüssig. Denn es ist vollkommen unerheblich, ob man jetzt einen Autoschieberring aushebt, Schmugglern das Handwerk legt, den Drogenverkauf lahmlegt, Schutzgelderpressung eindämmt oder Geiseln befreit: Alles läuft nach Schema F. Man fährt oder läuft zu den Informanten, bekommt dort weitere strategische Orte angezeigt, an denen man entweder alle Gegner ausschaltet oder verbrecherische Aktivitäten zerstört, bis ein bestimmter Geld-Gegenwert erreicht ist. Dann taucht der Boss auf, den man nach gleichem Prinzip sucht und erledigt – oder auf seine Seite zieht. Das geht allerdings nur, wenn man vorher über das „Hacken“ von Telefon-Schaltkästen Informationen über sie gesammelt hat. Hat man nicht genug von ihnen übernommen, wird der Boss von Lincoln ohne Entscheidungsoption kaltgestellt.