Veröffentlicht inTests

Madden NFL 11 (Sport) – Madden NFL 11

Seit über 20 Jahren wird der virtuelle American Football von der Madden-Serie dominiert – zumindest im Ausland. Denn im nunmehr zweiten Jahr ist der Sport für die deutsche Niederlassung von Electronic Arts kein Thema mehr. Das ist insofern bedauerlich, da nach dem ernüchternden Vorgänger einige viel versprechende Neuerungen eingebaut wurden.

© EA Tiburon / Electronic Arts

Mein Spielzug, mein Erfolg

Dabei reagiert der Coach auch kurzfristig auf bestimmte Situationen. So ist der KI bei einem Match beispielsweise aufgefallen, dass meine Pass-Spiele nicht gerade von Erfolg gekrönt waren und hat den Fokus auf Laufspiele gelegt, die letztlich entscheidende Punkte eingebracht haben. Ganz vor Fehlern gefeit scheint die Trainer-KI allerdings nicht zu sein – oder aber sie neigt zu unnötigem Risiko: Bei einem Third Down und nur einem zu erreichenden Yard ein Shotgun-Pass-Spiel auszurufen, erscheint ungewöhnlich. Dank einfach zu erreichender Audibles kann man jedoch schnell eingreifen. Doch egal

Optional kann man sich die Spielzüge über das Headset ansagen lassen – eine simple Idee, die enorm zur Atmosphäre beiträgt.

ob man sich jetzt auf die bestehenden Playbooks verlässt oder seine eigene Taktik durchzusetzen versucht: Dank Gameflow ist das Spielerlebnis deutlich homogener und wirkt deutlich näher am eigentlichen Geschehen und damit wie aus einem Guss.

Als atmosphärische Krönung kann man sich die Spielzüge sogar über das Headset durchgeben lassen, während Kommentare und Umgebungsgeräusche aus den TV- oder Surround-Lautsprechern plärren – ein coole Idee, die das Gefühl gut vermittelt, direkt auf dem Platz zu stehen. Noch besser wäre es allerdings gewesen, wenn der Coach nicht nur stur auf seinen Spielzügen verharren würde, sondern auch nach einem besonders guten Pass, einer Interception oder einem gelungenen Sacking des gegnerischen Quarterbacks emotional zu Wort melden würde und einen zusätzlich lobt. Doch auf diese gefühlsmäßige Einbindung muss man verzichten.

Feintuning im Umfeld

Nachdem die mechanischen Änderungen letztes Jahr eher im Detail und auf den tiefer liegenden Ebenen stattfanden, hat das Tiburon-Studio abseits des Gameflow-Systems und den erwähnten Vereinfachungen noch an zahlreichen anderen Punkten angesetzt. So kann man z.B. die Ausweichbewegungen des ballführenden Spielers nun über den rechten Stick steuern – und sollte dies auch nutzen. Denn zusätzlich wurde die Sprint-Taste in den Standard-Einstellungen wegrationalisiert; obwohl sie in den Optionen wieder hergestellt werden kann, um den in dieser Hinsicht arcadigeren Spielfluss der alten Maddens wieder aufleben zu lassen. Stattdessen sind die Werte der Läufer noch wichtiger und hat man einen kleinen Geschwindigkeitsvorteil, sobald man das Loch in der gegnerischen Abwehr gefunden hat und durchgestoßen ist.

Damit all die neuen Funktionen und Möglichkeiten adäquat ausgeschöpft werden können, hat man auch an den KI-Routinen gearbeitet. Gab es in der Vergangenheit immer wieder Ausgaben, in denen man entweder die Defensive oder die Offensive in dieser Hinsicht bevorteilte, hat man hier an beiden Ausrichtungen gefeilt. Zwar hat man immer noch seltene Momente, in denen die Spieler ungewöhnlicherweise nicht genau das machen, was man von ihnen erwarten würde und sowohl offensiv als auch defensiv quasi „aus der Reihe schlagen“, doch diese Situationen sind eher die Regel bestätigende Ausnahme.
Denn die übrige Zeit muss man sich verdammt anstrengen, um die Verteidiger auszuhebeln oder den gegnerischen Quarterback in Bedrängnis zu bringen. Es ist zwar innerhalb des Gameflow-Systems auch immer noch eine bestimmte Tendenz zu spüren, dass bestimmte Laufspiele deutlich Erfolg versprechender sind als andere. Doch unter dem Strich ist festzuhalten, dass die KI trotz des einen oder anderen Mankos mehr fordert als in den letzten Jahren.

Physik mit Problemen

Und wie sieht es mit der Physik aus? Immerhin hat Backbreaker ja gezeigt, dass es in dieser Hinsicht noch intensiver auf dem Feld zugehen kann. Tiburon zeigt hier nur sehr zaghafte Fortschritte. Natürlich muss man dazu sagen, dass die Tacklings der Madden-Serie auch ohne Euphoria-Physik-Antrieb schon gut aussahen und dank einer stark erweiterten

Physik und Animationen zeigen sich verbessert, haben aber mit gelegentlichen Problemen und wirken mitunter unsauber.

Animations-Bibliothek auch nach wie vor einen richtig guten Eindruck hinterlassen. Bei der Ballphysik zeigen sich jedoch ungewohnte Schwächen: Vor allem bei abgewehrten Lob-Pässen kommt es vergleichsweise häufig vor, dass das Schweineleder scheinbar vollkommen unkontrolliert und leider auch vollkommen unrealistisch von den Körperpartien der partizipierenden Athleten abprallt, bevor es auf dem satten Grün liegen bleibt.
Und obgleich das Bewegungsrepertoire stark erweitert wurde, scheint manchen Übergängen die eine oder andere Animationsphase zu fehlen. Vor allem in den „Zwischenszenen“ ist dies auffällig, aber auch das ansonsten gut bis sehr gut eingefangene Geschehen auf dem Platz leidet mitunter an kleinen Bewegungsaussetzern. Das beeinflusst zwar nie den Spielverlauf oder mindert den Unterhaltungswert, stört aber dennoch.

Die Rückkehr der Sammelkarten

Was die Modi betrifft, ist der größte Stillstand festzustellen. Die Karriere als NFL-Superstar samt Trainings-Sessions kennt man bereits. Der über 30 Jahre gehende Franchise-Modus ist für Madden-Fans ebenfalls ein alter Hut. Neu hingegen ist der AFL-Modus, in dem man stilecht mit Teams aus den 50er Jahren auf Touchdown-Jagd geht – alternativ auch in einer visuellen Stilisierung, deren Farbgebung und Störfilter den 50ern entsprechen. Da dieser Modus sich aber ebenfalls auf die bekannten Mechanismen verlässt, ist dies wenig mehr als eine nette Dreingabe.