In diesen Tagen jährt sich zum 70. Mal der Beginn des Zweiten Weltkrieges. Am 1. September 1939 überfiel die Wehrmacht Polen, ohne dass es zuvor eine
offizielle deutsche Kriegserklärung gab. Die unterlegene polnische Armee hatte nur eine Option: So lange durchhalten, bis alliierte Verstärkung eintraf. Zwei Tage später erklärten England und Frankreich Deutschland zwar den Krieg, doch an der Westfront geschah nichts. Es folgte der Sitzkrieg (drole de guerre), bei dem sich Deutsche und Franzosen an der Maginot-Linie belauerten. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit waren die Franzosen nicht bereit, um großangelegt ins Deutsche Reich vorzustoßen, und die Briten wollten nicht ohne ihre Verbündeten agieren. So fiel kein Schuss und Polen wurde im Stich gelassen. Deutsche und Sowjets teilten das geraubte Land unter sich auf.
Dieses unschöne Lippenbekenntnis taugt hervorragend zu Planspielen, da es einen Wendepunkt der Geschichte markiert. Was wäre passiert, wenn die französische Armee nach Deutschland einmarschiert wäre? Wie weit wäre sie angesichts des Westwalls gekommen? Hätte Hitler Einheiten von der Ostfront abgezogen, um sie zu stoppen und so den Blitzkrieg in Polen gefährdet? Was wäre geschehen, wenn die überlegene britische Flotte in die Ostsee eingedrungen wäre, um die deutsche Kriegsmarine zu versenken und Ostpreußen zu blockieren? Oder wenn in Danzig ein britisches Expeditionskorps an Land gegangen wäre? Wäre der Zweite Weltkrieg dann nach einer Woche zu Ende gewesen, nachdem die Deutschen sich aus Polen zurück gezogen hätten? Eine interessante Vorstellung, der man nun virtuell nachstreben kann.
Simulierter Krieg
Mit Hearts of Iron 3 lassen sich alle denkbaren Szenarien simulieren. Man kann wieder jede historische Nation im Zeitraum
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Wer Deutschland nimmt, hat am Anfang schon einiges, um zu bestehen. Andere Länder sind da schlechter dran. |
von 1936-48 wählen. Das schließt Länder wie Deutschland, Japan, USA oder die Sowjetunion ein, die ein großes Potenzial bieten, weil sie eine mächtige Kriegswirtschaft, viel Wissen und eine große Armee haben. Man kann aber auch mittlere Nationen nehmen wie Italien, Rumänien oder Polen, die weniger mächtig sind. Man kann also Frankreich auf Vordermann bringen, um den Nazis ordentlich einheizen. Wer möchte, kann sogar Luxemburg spielen – ein kleines neutrales Land ohne Armee, das 1940 von Deutschland annektiert wurde. Die Detailversessenheit der Macher ist legendär, denn ihr Spiel lässt sich quasi endlos wiederspielen, auch weil die KI nicht immer gleich reagiert.
Vom Umfang her entspricht es ziemlich genau dem, was schon der zweite Teil bot. Genauer ist es sogar etwas weniger, da es keine extra Feldzüge mehr gibt wie den Spanischen Bürgerkrieg. Dieses Mal gibt es drei große Lager: Alliierte, Achsenmächte und Komintern, wobei Letztere von den Sowjetunion geleitet werden. Für die Achsenmächte wäre es sinnvoll gewesen, schon 1933 zu beginnen, als die Nazis an die Macht kamen. Dann hätte man die Aufrüstung von Anfang an mitmachen können. Oder gar gleich 1922, als Mussolini den „Marsch auf Rom“ inszenierte. Neue Startjahre hat man sich gespart, dafür hat man die Möglichkeit bei vier Szenarien einzusteigen. Der Einsteig ist vergleichsweise einfach, da man nichts einstellen muss und einem die KI Regierungsaufgaben abnimmt.
Wenn man das Szenario Deutschland 1939 nimmt, muss man nur kämpfen. Dabei merkt man rasch, dass sich die KI bereits auf normaler Schwierigkeitsstufe recht aggressiv verhält. Das gilt nicht nur für das hochgerüstete Deutschland, sondern erfreulicherweise auch für die Alliierten. Anders als ihre wirklichen Vorbilder attackiert die französischre Armee bereits in den ersten Tagen des Septembers Süddeutschland, wo sie sogar Land gewinnt. Allerdings bringt das nicht viel, da die Vorstöße zu begrenzt sind, weil es deutsche Befestigungen gibt. Gleichzeitig bombardiert die englische Airforce strategische Ziele im Reichsgebiet. Es ist löblich, dass im Spiel für Polen immerhin symbolischer Widerstand geleistet wird.