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Grand Theft Auto 4 (Action-Adventure) – Grand Theft Auto 4

Ich könnte mir das Leben so einfach machen: Ich könnte hier im Einstieg lang und breit über die Geschichte von GTA labern, über seine Vogelperspektiven-Anfänge bei DMA-Design, über die 3D-Wucht, mit der GTA 3 die Spielelandschaft für immer verändert hat, über die Erwartungen, die GTA 4 nach den brillanten Vorgängern Vice City und San Andreas angestaut hat. Mache ich aber nicht.

© Rockstar Games / Take 2

Ich kann fliegen!

Obwohl ihr auch Boote fahren und Helikopter fliegen könnt, verbringt ihr doch die meiste Zeit in Autos bzw. auf Motorrädern. Die Vehikel, deren Design deutlich von bekannten Marken inspiriert ist, ohne deren Namen zu tragen, sind wunderschön modelliert, reflektieren die Umgebung in Echtzeit und verfügen über ein glaubwürdiges Schadensmodell – das geht sogar so weit, dass ein schwerer Crash die Karre komplett absaufen lässt. Und obwohl das Fahrmodell weit von Realismus-Schwergewichtigen wie Forza oder Gran Turismo entfernt ist, distanziert es sich auch deutlich von dem Arcade-Modell der Vorgänger: Die Vehikel steuern sich deutlich anspruchsvoller, besonders die Benutzung der Handbremse will mittlerweile wohl überlegt sein; war früher ein

Eine Seefahrt, die ist technisch beeindruckend: Die Wassersimulation in GTA 4 ist besser als je zuvor; es schwappt und blubbert herrlich erfrischend.

Hochgeschwindigkeitsturn in eine 90°-Kurve kein Problem, bewirkt dieselbe Aktion mittlerweile eine heftig rotierende Karre. Vielleicht sogar schon etwas zu übertrieben, wie ich finde. Immerhin zwingt einen dieser neu gewonnene Realismus zu etwas mehr Zurückhaltung auf dem Gaspedal und mehr Kontrolle. Motorräder betrifft das logischerweise genauso: Ein Wheelie ist mittlerweile ein Kraftakt, besonders, wenn er mehr als zehn Meter betragen soll. Und wer mit Höchstgeschwindigkeit die Stabilität einer solide wirkenden Mauer testen will oder in ein parkendes Fahrzeug rast, kann interessiert verfolgen, wie die Gesetze der Physik auf dem brachial durch die Luft geschleuderten und von einem heftigen Schrei begleiteten Körper von Niko wirken. Gewinnt die Schwerkraft schließlich die Oberhand, purzelt Niko wie ein tentakeliger Sack auf die Fahrbahn, wird meterweit herumgerollt und bleibt schließlich als verknotetes Häufchen Fleisch auf der Straße liegen. Immerhin war der direkt davor gezeigte Geschwindigkeits-Verzerreffekt wirklich beeindruckend. PS3-Spieler haben immer wieder die Gelegenheit, statt den Analogstick per Sixaxis die Kontrolle zu übernehmen: Wheelies ausführen, Helikopter fliegen oder eine Bowlingkugel werfen. Es funktioniert zwar besser als bei Spielen wie Lair, ist aber dennoch nicht optimal – mit den Sticks seid ihr in allen Fällen besser beraten. Apropos PS3: Vor dem Spielen steht die mittlerweile übliche Installation, die eurer Festplatte knapp drei GB Platz klaut. Das Datenschaufeln geht aber schnell vonstatten, außerdem verkürzt das Ganze die späteren Ladezeiten ein wenig.

GTA 4 brilliert mit wunderschönen Effekten – die sorgen allerdings dafür, dass die Geschwindigkeit gelegentlich in die Knie geht.

Natürlich ist nicht alles das Schönste vom Schönsten: Bei hoher Geschwindigkeit oder vielen Explosionen auf dem Bildschirm geht die Framerate schon spürbar in die Knie. Die GTA-typischen Streaming-Probleme, die dafür sorgen, dass sich manche Straßen als verwuschelter Matsch präsentieren oder gelegentlich Personen und Gegenstände wie durch Zauberhand mitten im Bild erscheinen, gibt es ebenfalls nach wie vor. Und die an sich beeindruckenden Echtzeit-Schatten sind etwas krümelig, was auf weite Distanz für ein etwas unruhiges Bild sorgt – jedenfalls auf der 360. Die PS3-Schatten sind weicher, das Anti-Aliasing wirkt intensiver, dafür kommt mir das Bild einen Tick ruckeliger vor; allerdings nicht in Dimensionen, die den Spielspaß beeinträchtigen würden. Außerdem müssen PS3-Gangster mit etwas weniger kraftvollen Farben leben, das 360-Bild wirkt in sich harmonischer. Doch das sind Kleinigkeiten, im Großen und Ganzen sehen beide Spiele identisch aus. Unabhängig von der Plattform ist das Spiel ziemlich dunkel, auch tagsüber gibt es einige Missionen, die ohne zugezogene Vorhänge kaum spielbar sind – ich empfehle nachdrücklich, die Helligkeit im Optionsmenü hochzuschrauben. Und schließlich ist Niko selbst zweifelhaft animiert: Grundsätzlich ist er sehr langsam unterwegs. Etwas schneller wird’s mit dem Trab, noch flotter geht’s mit dem kurzen Sprint voran – der allerdings sieht aus, als würde Niko all seine Waffen im Rektum mit sich führen.

Der Hangelmeister

In Sachen Steuerung ist grundsätzlich alles beim Alten – allerdings gibt es ein paar Neuzugänge. Nummer eins ist das Kontersystem: Mit gutem Timing könnt ihr einem Nahkampfangriff ausweichen und eine mächtige Konterattacke zurückgeben; prinzipiell eine praktische Sache, allerdings kommt es nur selten tatsächlich zum Nahkampf. Zweitens gibt es jetzt zwei Zielmethoden, automatisch und manuell. Bei

Ihr könnt neuerdings hinter jedem soliden Objekt Deckung suchen, und sowohl gezielt als auch blind daraus feuern.

Ersterer zieht ihr den linken Trigger komplett durch, der nächstbeste Gegner wird ins Visier genommen, um das Fadenkreuz herum seine Lebensenergie eingeblendet – per Richtungsangabe mit dem linken Stick könnt ihr unterschiedliche Körperteile anvisieren, mit dem rechten Hebel wechselt ihr zum nächsten Feind. Bei der anderen Variante haltet ihr die Taste nur halb gedrückt, könnt dafür aber auch völlig frei zielen; das ist allerdings nicht nur ziemlich unpraktikabel, sondern auch dezent sinnlos.

Neuerdings dürft ihr auch einen großen Teil der Umgebung als Deckung nutzen: Ein Druck auf den rechten Schulterbumper, und schon klettet sich Niko an das Nächstbeste, was solide genug aussieht, um ihm Schutz zu geben. Von hier aus könnt ihr gezielt oder auch blind feuern, was den Gefechten eine unerwartet taktische Note verleiht. Ähnliches könnte man auch von der Möglichkeit sagen, aus dem Auto in alle Richtungen feuern können – würde man aber nicht, da sich das sehr fummelig steuert und dankbarerweise auch kaum gebraucht wird. Genauso wenig wie das Hangeln und Schwimmen.