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Gothic (Rollenspiel) – Gothic

Einige Jahre mussten sich die Gothic-Fans gedulden, doch jetzt ist es endlich so weit: Das erste 3D-Rollenspiel aus deutschen Landen, genauer gesagt von Piranha Bytes aus Bochum, tritt in den Ring gegen den direkten Konkurrenten Ultima IX. Aber der Newcomer will dank innovativem Gameplay und einer satten Portion Rollenspiel selbst Baldur`s Gate 2 in Verlegenheit bringen. Ob die Senkrechtstarter aus dem Ruhrgebiet den britannischen Riesen ausknocken und die Schwertküste unsicher machen können, erfahrt Ihr in unserem ausführlichen Test!

4P Testbild
© 2rogan - stock.adobe.com / Nintendo, Microsoft, Sony

Grafik

Gothic setzt nicht auf Hochglanz-Fantasy, sondern auf derbes Mittelalter-Flair: Kristallpaläste, Hochglanzsäle und glitzernde Rüstungen gibts nicht. Dafür matschige Lager, düstere Minen und urige Außenbezirke. In den Lagern dominieren Holz, Stein und Leder. In der etwa 2km² großen Landschaft findet Ihr von der weiten Wiese, über enge Schluchten bis hin zu schaurigen Wäldern beeindruckend natürlich wirkende Locations. Riesige, und vor allem angenehm stimmungsvoll gestalte, Landschaften, versteckte Höhlentrakte, lauschige aber gefährliche Wälder und rauschende Wasserfälle machen die 2km² Gothic zu einem Erlebnis – wenn denn Eure Hardware die entsprechende Sichtweite und Detailstufe erlaubt.
Überall gibt es Kleinigkeiten zu entdecken, die selbst Erkundungen ohne Quests und Kämpfe das Flair einer (gefährlichen) Sightseeing-Tour verleihen: Arbeiter reparieren ihre Hütten, im Wald fällt ab und zu Laub von den Bäumen, und wenn es dunkel wird, legen sich gefräßige Scavenger-Rudel schlafen, während Sternschnuppen am Himmel aufleuchten. Überhaupt gehören die liebevoll texturierten und animierten Monster zu den Highlights des Spiels. Dadurch, und dank des Tag- und Nachtwechsel sowie der tollen Wettereffekte wirkt Gothic äußerst lebendig. Aber erst das authentische Eigenleben der NSCs, die mit schönen Gesichtsanimationen begeistern, macht das Ganze zu einem echten Rollenpielerlebnis: Morgens sind die meisten müde, recken und strecken sich, gehen dann fluchend Ihrer Arbeit nach, schwatzen mit Freunden, erleichtern sich nach ein paar Bier und gehen abends wieder zu Bett. Die Grafik hinterlässt bei genauerem Hinsehen zwar manchmal einen oberflächlichen Eindruck (Bitmap-Bäume, Clipping-Fehler), aber insgesamt bleibt die Optik eindrucksvoll.

Sound

Die stimmungsvolle Musikuntermalung schafft es, sich einprägsam aber nie aufdringlich in die herbe Mittelalter-Atmosphäre einzubringen. Zu den epischen Melodien gesellen sich situationsabhängige Soundeffekte, die der faszinierenden Welt von Gothic den letzten Schliff geben: Vögel zwitschern, Wachen murmeln, Arbeiter fluchen, Schmiede hämmern und wenn sich der Himmel verdunkelt, naht ein leises Donnergrollen, bevor Regentropfen vom wolkenverhangenen Firmament prasseln. Die Wettereffekte und der bewegte Himmel tragen zwar einen großen Teil zur stimmigen Atmosphäre bei, aber erst die ausgezeichneten Sprechern setzen Gothic das Sahnehäubchen auf: Noch nie wirkten Gespräche so realistisch und so lebendig. Außerdem dürfen sich alle Fans derber Spielmannsmusik auf den Auftritt von In Extremo freuen!