Veröffentlicht inTests

Generation Zero (Shooter) – Mystery mit flauer Spannungskurve

Avalanche ist bislang vor allem mit lauter, krachender Action aufgefallen, die man mit der hauseigenen Apex-Engine ansprechend inszeniert. So stammen z.B. die Just-Cause-Serie oder Mad Max, aber auch das im Mai erscheinende Rage 2 von dem Studio, das sich auf offene Welten spezialisiert hat. Diesem Fundament bleibt man auch mit Generation Zero treu, setzt aber im Umfeld auf optional kooperatives Spiel, sparsam eingesetzte Gefechte und eine mysteriöse Geschichte. Im Test erfahrt ihr, ob diese Mischung aufgeht.

© Avalanche Studios / Avalanche Studios / THQ Nordic

Punktuelle Spannung

Die Action wiederum weiß in großen Teilen zu überzeugen – insbesondere, wenn man mit mehreren Mitspielern (vorzugsweise Freunden) unterwegs ist. Die Roboter schwanken hinsichtlich ihrer Angriffsintelligenz zwar mitunter recht drastisch, doch ihre Aggression und ihre Zielgenauigkeit machen schnell klar, dass man sie niemals unterschätzen darf. Im Normalfall findet man allerdings mehr als genug Medipacks zur Wundversorgung oder Adrenalinspritzen, die einem bei einem Fall der Lebenspunkte auf Null eine neue Chance an Ort und Stelle geben, anstatt einen zum letzten „Safehouse“ zu schicken. Wer sich gar nicht erst in die Gefahr bringen möchte oder wider Erwarten nur knappe Munitionsvorräte hat, darf auch versuchen, sich außerhalb der Sichtweite an den mechanischen Wesen vorbeizumogeln. Hier werden vereinfachte Schleichfunktionen eingesetzt, wobei man die Viecher auch z.B. mit Kassettenrekordern ablenken kann oder sie vielleicht sogar in die Nähe einer vorher platzierten Gasflasche lockt, damit man mit einem gezielten Schuss alle ausschalten kann. Im Rahmen der reduzierten Möglichkeiten von Generation Zero ergeben sich hier immer wieder interessante sowie spannende Situationen.

Allerdings vornehmlich nur, wenn man sich am Hauptpfad entlang hangelt. Erkundet man das Gebiet frei, stellt man fest, dass Gegnergefahr hauptsächlich dann droht, wenn man per Zufall in Areale gerät, in denen man Story-Hinweise findet – also Bereichen, von denen Avalanche weiß, dass der Spieler hier irgendwann landet. Es kann zwar auch vorkommen, dass man in einem entlegenen Landstrich auf Feinde trifft, mitunter sogar richtig gefährliche. Doch man lernt schnell, dass dies eher die Ausnahme ist und dass man sich recht sicher fühlen kann, solange man nicht der Geschichte folgt. Da aber die Erkundung wie bereits erwähnt auch nur selten mit irgendwelchen besonderen Gegenständen belohnt wird, habe ich nach den ersten neugierigen Stunden nur selten den Hauptpfad verlassen. Und dann bekommt man ein Action-Abenteuer mit Ego-Sicht und Mystery-Anstrich, das hinsichtlich des Spieltempos eine durchaus interessante Balance aus Tempo und Action auf der einen sowie Ruhephasen auf der anderen  Seite zu finden versucht.

Solide Koop-Ballerei

[GUI_STATICIMAGE(setid=85640,id=92585279)]
Die Waffen fühlen sich durch die Bank gut an. © 4P/Screenshot

Die zahlreichen Waffen, die sich auch mit gefundenen Erweiterungen wie z.B. Zielfernrohren aufrüsten lassen, fühlen sich durch die Bank richtig gut an. Und mit den Schwachstellen, die jeder Roboter-Gegner hat und die vor allem bei den mächtigeren Modellen wie dem an ED-209 aus Robocop erinnernden, aber deutlichgrößeren Metall-Zweibeiner eingangs schwer herauszufinden sind, wird deren gezielter Einsatz gefordert. Und hier kommt auch endlich die Koop-Mechanik ins Spiel. Denn während die „kleineren“ Feinde zwar in der Gruppe gefährlich werden, aber letztlich auch solo überwältigt werden können, profitiert man in den Gefechten gegen die großen Invasoren von Mitstreitern, die den Koloss ablenken, damit man gezielt die Deckung gebenden Metallplatten abschießen und die dahinter liegenden Schwachpunkte attackieren kann. Wobei man auch als Solist gegen diese Metallgiganten tatsächlich eine Chance hat, dann aber vermehrt Gimmicks und Ablenkungen nutzen muss. Abgesehen davon wird die Langeweile zu mehreren ebenfalls minimiert, vor allem wenn man mit einem Kumpel unterwegs ist und sich mit dem über die Interpretation der gefundenen Hinweise unterhält. Schade ist allerdings, dass auch hier einige Mechaniken zu finden sind, die einen unfertigen Eindruck hinterlassen. Dass man als Gast in einem Spiel, auch wenn dies von einem Kumpel geöffnet wurde, mitunter kilometerweit vom Host auftaucht und erst lange latschen muss, falls der Gastgeber nicht die raren Teleport-Radios nutzen möchte, ist eine unglückliche Entscheidung. Dass jeder Spieler in seinem Client individuell auf die Kisten, Rucksäcke usw. zugreifen kann, in denen sich Beute oder Munition befindet, ist eine gute Idee – so gibt es keinen Streit. Dass jeder aber eine andere Ausschüttung hat, gefällt weniger und zeigt exemplarisch, dass Avalanche auch beim Design des Mehrspieler-Modus die Orientierung verloren hat und sich als uneinheitlich zeigt.

[GUI_STATICIMAGE(setid=85640,id=92585273)]
Die offene Welt ist ansehnlich und weiträumig, bietet aber abseits der für den Story-Fortschritt wichtigen Gebiete kaum Belohnungen, wenn man sich für die Erkundung entscheidet. © 4P/Screenshot

Für ein noch strafferes Spielerlebnis hätte ich auch gerne auf den letztlich belanglosen Rollenspiel-Unterbau verzichtet. Das viel zu kleine Inventar, bei dem neu gesammelte Gesundheitspacks nicht einmal automatisch den bereits auf einer Schnelltaste liegenden zugeordnet werden, sorgt für störende Logistikunterbrechungen. Die verschiedenen „Fähigkeiten“, die z.B. für schnelleres Nachladen etc. sorgen, wirken zwar durchdacht und bleiben bodenständig. Doch diese hätte es nicht gebraucht – in den Gefechten sind die Auswirkungen im Verlauf meist nur marginal spürbar – erst wenn man den Anfangsstatus mit den Verbesserungen nach zig Stunden vergleicht, werden die Unterschiede offenischtlich. Apropos nicht gebraucht: Auf den Kleidungs-Schnickschnack, den man sammeln und anlegen kann, hätte ich auch verzichten können, auch wenn man später Klamotten findet, die gewisse Attribut-Vorteile mit sich bringen. Das Sammelsurium an draufgestülpten Mechaniken macht auf mich in der Summe den Eindruck, dass Avalanche irgendwie alle so gut wie möglich ins Boot holen wollte, ungeachtet der Auswirkung dieses oder jenen Elements auf den Spielablauf. Man wäre besser bedient gewesen, sich auf die Gefechte und die mysteriöse Story zu konzentrieren und diese zu optimieren. Denn genau hier liegen die bereits mittelfristig zu kurz kommenden Stärken von Generation Zero, die in der offenen Welt an zu vielen Stellen von Belanglosigkeit abgelöst werden, was auch der spannende Mystery-Ansatz nur eingeschränkt auffangen kann.