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Football Manager 2013 (Sport) – Football Manager 2013

Wodurch zeichnet sich eine Spitzenmannschaft im modernen Fußball aus? Unter anderem dadurch, dass sie Schwächephasen der Gegner eiskalt ausnutzt, man schaue derzeit auf den FC Bayern München oder den FC Barcelona. Auch der hierzulande nicht offiziell erhältliche Football Manager 2013 von Sports Interactive möchte von dem jüngsten Straucheln der deutschen Konkurrenz profitieren.

© Sports Interactive / Sega

Die Grenze zur Realität verschwimmt…

Fakten, Fakten, Fakten: Man braucht entgegen der ersten Befürchtung gar nicht so viel Fußballverrücktheit, um hinter den staubtrockenen Tabellen die Spieler-Persönlichkeit zu entdecken.
Fakten, Fakten, Fakten: Man braucht entgegen der ersten Befürchtung gar nicht so viel Fußballverrücktheit, um hinter den staubtrockenen Tabellen die Spieler-Persönlichkeit zu entdecken. © 4P/Screenshot

Über 1,2 Millionen Zuschauer waren am Fernseher dabei, als der FC Bayern München vergangenes Wochenende in der laufenden Bundesligasaison beim HSV zu Gast war. 57000, darunter auch ich, waren in der ausverkauften Imtech-Arena mit von der Partie. Und sie alle wurden Zeuge, wie Coach Thorsten Fink mit einer neuen Taktik versuchte, die Bayern mürbe zu machen. Dass diese Taktik bereits zur Halbzeit über den Haufen geworfen werden musste, ist bedauerlich, war aber vor allem den wie entfesselt aufspielenden und nach Belieben dominierenden Bayern sowie einigen individuellen Fehlern geschuldet. Was hätte Fink anders machen können, anders machen sollen? Den formschwachen Maximilian Beister früher auswechseln? Oder war vielleicht schon die defensive Systemumstellung ohne echten Stürmer mit einem Rafael Van der Vaart als verkappte Spitze das grundlegende Problem? Wäre ein 4-2-2-2 besser gewesen? Das vorrangig zum Einsatz kommende 4-2-3-1? Ein 4-4-2 mit Raute? Oder doch mit zwei Viererketten? Hätte man unter der Woche anders trainieren müssen? Diese Fragen kann ich nicht beantworten. Ich weiß nur, dass ich etwas anderes probiert hätte. Denn auch mich beschäftigt tagein, tagaus die Frage nach der besten Mannschaftsaufstellung, dem optimierten Training und der ideal auf den Gegner abgestimmten Taktik. Und dank des Football Manager 2013 (FM2013) kann ich diesen Gedankenspielen freien Lauf lassen und mich beinahe befähigt fühlen, beim nächsten frei werdenden Trainerstuhl im Profifußball meine bewerbende Visitenkarte abzugeben.

Die Matchdarstellung mag spröde und oberflächlich wirken, doch Lauf- und Ballwege sowie Umsetzung der Taktikvorgaben sind unerreicht.
Die Matchdarstellung mag spröde und oberflächlich wirken, doch Lauf- und Ballwege sowie Umsetzung der Taktikvorgaben sind unerreicht. © 4P/Screenshot

Natürlich weiß ich, dass ohne entsprechende Lizenzen, Prüfungen usw.  gar nix geht.  Doch was der Football Manager von Sports Interactive als Trainer-Simulation an Atmosphäre, Detailverliebtheit, Spannung und vor allem Glaubwürdigkeit auf den Bildschirm bringt, sucht seinesgleichen und gibt mir die Illusion, wirklich einen entsprechenden Job ausfüllen zu können. Natürlich kann man argumentieren, dass dies auch in den letzten Jahren immer der Fall war. Dem kann ich nicht widersprechen. Doch auch wenn sich an der Oberfläche ähnlich wenig getan hat wie bei der dieses Jahr regressiven deutschen Konkurrenz, sind es viele Details, noch besser verzahnte Inhalte und Eingriffsmöglichkeiten, die das Erlebnis hier noch kompletter machen. Allerdings muss man mitunter einiges probieren, um herauszufinden, welche Auswirkungen diese oder jene Aktion hat. Und in dieser Zeit wird man häufiger das Nachsehen haben und muss Niederlagen in Kauf nehmen – einfach, weil man noch nicht die Erfahrung hatte, um das gewünschte Ergebnis abschätzen und mit den oberflächlich scheinenden, aber in enorme Tiefen reichenden Auswahl-Möglichkeiten in Relation setzen zu können.  

Fußball ist Kopfsache

Gleich geblieben ist die nach wie vor spröde Präsentation. Auch wenn die Navigation überarbeitet wurde, muss man anfänglich zu lange wühlen oder sich wild durch die Gegend klicken, bis man in den trockenen Tabellen und Bildschirm füllenden Statistiken schließlich das findet, was man sucht. Doch für mich als halbwegs Fußballverrückten dauert es nicht lange, bis Bilder in meinem Kopf entstehen, Emotionen aufwallen und die Namen und Zahlenkolonnen zu Persönlichkeiten werden.

Wieso nur als Import?


Electronic Arts hält die Bundesliga-Lizenz hierzulande exklusiv. Dementsprechend darf Sega diesen Manager schon seit einigen Jahren nicht mehr offiziell in Deutschland veröffentlichen.


Auf was muss man verzichten?


Hinsichtlich der Profivereine der deutschen Bundesliga gibt es keine Wappen. Spielerkader, Trainerstäbe, Stadien, Funktionäre etc. sind komplett und akkurat vorhanden. © 4P/Screenshot

Denn es gibt in dieser knallharten Trainer-Simulation viel zu tun, wobei man vieles auch durch im Allgemeinen gut agierende Assistenten erledigen lassen kann, wenn man z.B. noch kein Gespür für bestimmte Ursache-/Wirkung-Prinzipien hat. Trainingspläne müssen erstellt und ggf. angepasst werden, damit auch individuelle Bedürfnisse der Spieler befriedigt oder ihre Schwächen ausgemerzt werden. Auch Pressekonferenzen, persönliche Gespräche oder Motivationsreden an die Mannschaft darf man nicht außer Acht lassen. Dabei kommt es dieses Mal nicht nur auf den Inhalt an, sondern auch, mit welcher Tonalität man das Gesagte zu Protokoll gibt. Ist man zurückhaltend, erzielt man andere Ergebnisse als bei einer forschen Herangehensweise. Ist man ruhig, erreicht man vielleicht schneller das gewünschte Ziel als aggressiv. Das Schöne: Man hat den Eindruck, dass diese Nuancierungen wirklich Auswirkungen haben und bekommt teilweise umgehend Feedback: Spieler reagieren positiv auf Lob in Pressekonferenzen, aber fordern auch mal zu einem persönlichen Gespräch auf, bei dem durchaus die Fetzen fliegen können.