Veröffentlicht inTests

Finding Paradise (Adventure) – Auf der Suche nach Emotionen

Ganze sechs Jahre ist es her, dass Kan Gao uns mit dem Adventure To the Moon auf eine gefühlvolle Reise in 16 Bit schickte. So schrieb Ben damals in seinem Fazit: „ To the Moon hatte mein Herz gefangen und bis zum Finale nicht mehr losgelassen.“ Nachdem die spielbare Kurzgeschichte A Bird Story bereits einen ersten Eindruck davon vermittelte, erleben wir im offiziellen Nachfolger Finding Paradise die ganze Lebensgeschichte von Patient Colin. Ob uns auch diese fesseln konnte, lest ihr im Test.

© Freebird Games / Freebird Games / XD Network

Steckt die Taschentücher weg


Wenn Kan Gao ein Spiel entwickelt, kann man sicher davon ausgehen, dass ich am Ende schluchzend und doch glücklich in einem Tränenmeer versinke. So schaffte Gao es in To the Moon mich intensiv in die Lebensgeschichte seiner Charaktere zu ziehen, die so wunderbar verträumt, mal naiv und mal tragisch war. Leider schafft Finding Paradise dies nicht.


Dabei sind die Grundvoraussetzungen zunächst dieselben: Dr. Rosalene und Dr. Watts erhalten erneut einen Auftrag den letzten Lebenswunsch eines sterbenden Patienten zu erfüllen. Dafür implementieren sie ihm mit der Technologie der „Sigmund Corp“ eine alternative Biografie, die auf seinen persönlichen Erinnerungen basiert. Protagonist Colin gibt sich jedoch schrecklich bescheiden, denn sein einziger Wunsch ist es glücklich zu sterben, ohne dass zu viele Erinnerungen verändert

[GUI_STATICIMAGE(setid=83101,id=92557521)]
Dr. Rosalene und Dr. Watts sollen den letzten Wunsch eines sterbenden Menschen erfüllen. © 4P/Screenshot

werden. Doch das ist nicht so einfach, wie es klingt. Wie im Vorgänger durchläuft man daher verschiedene Altersstufen  und sammelt Erinnerungskugeln, um die jeweils nächste Stufe zu aktivieren und etwas über das Leben des Protagonisten zu lernen. Wie im Vorgänger erfährt man dabei erst im Verlauf der Reise, wie man dem Patienten seinen Wunsch erfüllen kann.

Erinnerungen Sammeln wie ein Roboter

Leider klickte ich mich irgendwann nur noch wie ein Roboter von Raum zu Raum. Es gab kaum Erkundungsreize und man fand keine Notizen oder Erinnerungsstücke, was mittlerweile in fast jedem Adventure Standard ist. Und das eine stumpfe Schieberätsel, das man mit leichten Variationen immer wieder machen musste, war viel zu leicht. Wieso sollte ich mich also anstrengen? Die Objekte, die Erinnerungskugeln enthalten, sind so offensichtlich gekennzeichnet, dass man zu keinem Zeitpunkt nach ihnen suchen muss. Auch weiß man stets wie viele Kugeln man noch finden muss, um zum nächsten Abschnitt zu gelangen. So besteht das ganze Spiel aus den immer gleichen Abläufen: Kugeln finden, zu Gegenständen bringen, die als Tore in neue Erinnerungen dienen, Schieberätsel lösen und das Ganze von vorne. Wieder und wieder und wieder

[GUI_STATICIMAGE(setid=83101,id=92557518)]
Der immer gleiche Rätseltyp ist kaum mit der emotionalen Geschichte verknüpft. © 4P/Screenshot

 

Es fehlen Spannung und Aha-Momente abseits der Geschichte. Zuletzt zeigte die erneut am Soundtrack beteiligte Laura Shigihara mit ihrem Rakuen, wie viel intensiver eine Geschichte wirkt, wenn Rätsel und Erkundungsreize mit der Erzählung verknüpft sind. Und Gao versucht sogar im letzten Drittel mit kleinen Arcade-Einlagen etwas Abwechslung in die Routine zu bringen. Leider fühlte es sich genauso an: Wie ein Element, das man einfügt, um wenigstens etwas Spielerinteraktion abseits vom Klicken anzubieten. Auch werden neue Elemente wie das Wechseln zwischen Rosalene und Watts oder das Verändern ihrer Kleidung, inklusive Gurkensocken und lustigem Schnauzbart, nur kurz zu Beginn ermöglicht und direkt wieder verworfen. Die Finesse eines What Remains of Edith Finch oder Night in the Woods ist weit entfernt.

Selbst der sonst so grandiose Soundtrack will sich diesmal nicht so richtig ins große Ganze einfügen. Die Klavierstücke sind zwar erneut allesamt atmosphärisch, doch es fehlen starke Themen wie ein „For River“ aus To the Moon oder „Searching my Life“ aus Rakuen, die immer wieder an wichtige Momente und Charaktere erinnern und so die emotionale Geschichte untermalen.