Die Statistiken der KI-Piloten sollen durch regelmäßige Updates aktualisiert werden und so die Leistungen ihrer realen Pendants besser widerspiegeln. Neu hinzugekommen ist neben altbekannten Werten für Erfahrung, Rennkunst, Aufmerksamkeit und Tempo die Kategorie „Fokus“ bzw. „Konzentration“, mit der die mentale Verfassung des Fahrers abgebildet werden soll. Ist der Teamkollege z.B. unzufrieden oder gedanklich abgelenkt, wird er seine theoretische Top-Leistung in anderen Bereichen nicht abrufen können. Käufer der Deluxe Edition haben die Möglichkeit, einige der besten Fahrer der F1-Geschichte als Teamkollegen zu engagieren – wenn man sie sich leisten kann. Realistisch betrachtet ist es natürlich grober Unfug, diese Legenden in die modernen F1-Boliden zu setzen und sie zusammen mit heutigen Piloten auf die aktuellen Strecken zu schicken. Trotzdem ist es ein tolles Gefühl, ein Wiedersehen mit Ausnahmetalenten wie Michael Schumacher, Ayrton Senna oder Alain Prost zu feiern und im gleichen Team für die Konstrukteursmeisterschaft zu kämpfen. Aber wo ist eigentlich Mika Häkkinen? Stattdessen muss hier David Coulthard in die Bresche springen. Was ebenfalls traurig stimmt: Im Gegensatz zu früheren Teilen fehlt das Arbeitswerkzeug der Legenden komplett – man findet im Fuhrpark also keinen einzigen der klassischen F1-Wagen, von ausgemusterten Strecken wie dem Nürburgring, dem (alten) Hockenheimring oder Adelaide ganz zu schweigen.
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Mit der Karriere-Variante „Echter Saisonbeginn“ schlägt man einen weiteren Bogen zur echten Formel Eins: Hier startet man an einem beliebigen Zeitpunkt in der Meisterschaft, wobei der jeweilige Tabellenstand der Fahrer- und Konstrukteurs-Wertung berücksichtigt wird. Wie es danach weitergeht, liegt dann in den eigenen Händen. Haken an der Geschichte: Man darf nicht einem der bekannten Fahrer eine alternative Zeitlinie schenken und z.B. Sebastian Vettel zu seinem ersten WM-Titel mit Aston Martin führen. Stattdessen ist nur der selbsterstellte Pilot in diesem Modus willkommen, der mit seinem Einstieg einen der vorhandenen F1-Stars verdrängt – schade!
Devon Butler ist wieder da!
Die größte Ergänzung ist ohne Zweifel der Story-Modus „Braking Point“, der sich primär um die Auseinandersetzung zwischen dem jungen Nachwuchstalent Aiden Jackson und dem alternden Veteranen Casper Akkerman dreht, die als Teamkollegen lernen müssen, miteinander klarzukommen. Nach DTM Race Driver wagte Codemasters bereits bei F1 2019 wieder erste zaghafte Versuche, das Renngeschehen mit einer Hintergrundgeschichte aufzuwerten. Dort feierte auch ein gewisser Devon Butler seinen Einstand, der für Braking Point ins Fahrerlager zurückkehrt und seinem Ruf als rücksichtsloser Intrigant einmal mehr alle Ehre macht.
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Das Konzept hinter dem Story-Modus gefällt: Bei den eingestreuten Interview-Sequenzen findet tatsächlich mal ein echtes Gespräch statt und man wird sowohl von Text-Beiträgen auf dem TV-Schirm als auch bei Social Media auf dem Laufenden gehalten. Spielerisch unterscheidet sich Braking Point deutlich von einem klassischen Rennwochenende: Anstatt sich mit Aufgaben wie Trainingsprogrammen, Qualifikation oder Setups auseinandersetzen zu müssen, wird man hier meist während laufender Rennen in Szenarien geworfen, um vorgeschriebene Missionsziele zu erfüllen. Dabei gilt es z.B. sich noch mit einem beschädigten Boliden ins Ziel zu retten oder sich innerhalb weniger Runden unter Zeitdruck durch das Feld zu pflügen, um zu einem bestimmten Fahrer aufzuschließen. Nur hin und wieder muss man innerhalb der 16 Kapitel komplette Rennen über eine mittlere Distanz von etwa 25% absolvieren. Insgesamt sorgen diese Racing-Häppchen mit abwechslungsreichen Zielen für gute Unterhaltung. Die ordentlich inszenierten Zwischensequenzen können jedoch nicht über die erschreckend dünne und vorhersehbare Handlung hinwegtäuschen. Schön wäre es z.B. gewesen, die Karriere von Aiden bereits hinter dem Kart zu verfolgen, was dem Story-Modus auch eine zusätzliche Komponente in spielerischer Hinsicht beschert hätte. Wer auf der Suche nach einer guten Kombination aus Story und Motorsport ist, sollte daher lieber zu Klassikern wie Days of Thunder, der Lauda-Verfilmung Rush oder zur Dokumentation „Senna“ greifen. Obwohl noch viel Luft nach oben ist, muss man Codemasters trotzdem dafür loben, das Rennspiel-Genre um die Story-Facette bereichern zu wollen.
Rotstift und Altlasten
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Während man sich auf der einen Seite über neue Zusätze wie Braking Point oder die Koop-Karriere freut, setzt Codemasters auf der anderen Seite einmal mehr den Rotstift bei manchen Features an. Neben dem bereits erwähnten Verzicht auf historische F1-Rennwagen und klassische Pisten fehlen auch die damit verbundenen Einladungs-Events sowie Meisterschaftsvarianten. Die verkürzten Layouts mancher Strecken sucht man hier ebenfalls vergeblich. Darüber hinaus werden wieder einige Altlasten mitgeschleppt: Die Auswirkungen der lästigen Interviews sind immer noch schnell durchschaut, am PC vermisst man weiterhin eine Maus-Unterstützung bei der Menünavigation und auf allen Plattformen eine Unterstützung von Cross-Play. Die KI agiert zeitweise immer noch etwas zu übermotiviert und aggressiv, schadet sich bei manchen Kamikaze-Aktionen aber auch häufig selbst. Darüber hinaus wird das spannende Thema VR immer noch konsequent ignoriert und der Editor mit seinen vorgefertigten Gesichtern ist kaum der Rede wert. Immerhin bin ich aus rein persönlichen Gründen froh, dass „Michael“ als Audioname endlich wieder ein Comeback feiert, nachdem er jahrelang verschwunden war. Und auch die automatische Anfahrt an die Box wirkt jetzt weniger realitätsfern.