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Dragon Quest 9: Hüter des Himmels (Rollenspiel) – Dragon Quest 9: Hüter des Himmels

Wie heißt das älteste japanische Konsolen-Rollenspiel? Nein, nicht Final Fantasy, sondern Dragon Quest – es debütierte schon 1986 auf dem NES. Zwar wurde es von westlichen Spielen wie Wizardry & Co inspiriert, aber Designer Yuji Hori traf damit nicht nur den Nerv seiner Landsleute, sondern legte den Grundstein für eine Fülle an Abenteuern, die meist für leere Straßen zwischen Sapporo und Nagasaki sorgen. Kann die Premiere auf dem Handheld auch westliche Rollenspieler begeistern?

© Level 5 / Square Enix / Nintendo

Seelenlose Gruppendynamik

Im Gasthaus kann man seine Gruppe neu zusammen stellen, alte Helden parken oder einfach welche kreieren.

Kommen wir zu den guten Seiten des Spiels abseits der idyllischen Kulisse aus der Zeichenfeder von Akira Toriyama: Dem offenen Partymanagement und der Karriere. Bis zu drei Leute kann man in seine Gruppe aufnehmen, so dass man mit maximal vier Helden unterwegs ist, die auch wie an der Schnur gereiht über die Karte laufen und später per Schiff fahren. Aber das sind keine echten Nebencharaktere, sondern selbst erstellte und leider die ganze Zeit über komplett stumme Mitläufer, die im Kampf entweder nach voreingestellter Taktik von alleine oder in jeder Runde nach Befehl zuschlagen. Das verleiht ihnen zwar eher Robotercharakter, aber immerhin kann man sie individuell entwickeln.

Zu Beginn ist man lediglich mit einem Barden als Hauptheld unterwegs, den man optisch anpassen kann – allerdings halten sich die Individualisierungen hinsichtlich Augen, Haar und Statur in bescheidenen Grenzen. Ein, zwei Stunden später kann man sich dann in einem Gasthaus Krieger, Kampfkünstler, Diebe, Magier oder Priester in männlicher oder weiblicher Variante zur Verstärkung erstellen. Auch hier legt man selbst Hand an und erstellt sich die Helden nach Maß. Zwar steigen ihre Grundwerte wie Leben, Geschick, Charme oder Stärke automatisch auf, aber man kann ihre Talentpunkte manuell verteilen – und auf die kommt es an.

Karriere nach Maß

Bei jedem Aufstieg kann man entscheiden, welches Waffen- oder Klassentalent man fördern möchte, damit irgendwann neue Fähigkeiten zur Verfügung stehen. Nur wenn der Barde sich für das Schwert entscheidet, kann er irgendwann den Drachenhieb vollführen; nur wenn er die Peitsche fördert, kann er ihren hypnotisierenden Hieb ausführen. Das Gleiche gilt für die Zaubertalente des Magiers oder den Mut des Kriegers, der zu besonderen Aktionen führen kann. Da jede Klasse fünf unterschiedliche Bäume der Entwicklung bietet, hat man genug Auswahl für individuelle Karrieren. Wer einige der epischen

Quests erfüllt, bekommt auch noch Zugriff auf Spezialisierungen in sechs Sonderklassen wie etwa Waffenmeister, Paladin, Jäger oder Superstar. Und man kann jederzeit neue Abenteurer erstellen oder alte im Gasthaus parken.

Ein Großteil der Motivation entsteht ganz einfach daraus, dass man so oft und schnell aufsteigt und Gold anhäuft, dass immer etwas zu verteilen oder zu kaufen ist. Kaum hat man sich versehen, gibt es wieder neue Handschuhe, Schilde, Ringe oder Stiefel, die einen der vier Helden ganz anders aussehen lassen. Und wenn man Glück hat, findet man vielleicht in einer der Truhen oder in der Beute eines Monsters einen besonderen Gegenstand – es gibt immerhin fünf Stufen der Seltenheit, dargestellt durch Sterne. Der Sammeltrieb wird natürlich durch hunderte Rüstungen, Klingen, Zauber und Rezepte geschürt, die es in allen erdenklichen Varianten gibt.

Leider sind die Gefechte viel zu leicht. Erst sehr spät kommt es auch mal zu anspruchsvolleren Kämpfen.

Im Alchenomikon kann man alle bisher gefundenen Rezepte nachschlagen, die man für die Herstellung von Tränken, Waffen, Rüstungen und Zubehör braucht. Richtig gehört: Man kann auch Klingen herstellen. Für den Dolch „Giftnadel“ braucht man z.B. ein magisches Tierhorn und drei Portionen Schauderschlamm. Satte zwölf Waffentypen vom Schwert über den Bumerang bis hin zu Fächer und Peitsche stehen zur Auswahl.

Die über 200 Quests beinhalten zunächst nur simple Hol- und Bringdienste sowie Gestenspielereien: Da muss man jemandem einen Schleimtropfen, dem anderen einen Fledermausflügel bringen oder in einer Kirche eine Pirouette drehen. Immerhin deuten einige verschlossene Türen an, dass es erst später Schlüssel oder Aufgaben für den Zugang geben wird. Und auch wenn Dragon Quest nicht gerade mit spannender Missionsqualität, kann man immerhin mit Quantität und einigen interessanten Nebengeschichten punkten. Leider verspielt man aber auch das Rätselpotenzial in den Katakomben – kaum ergibt sich mal die Möglichkeit einer logischen Aufgabe, muss man einfach nur alle Schalter bedienen.

Achievements und Online-Spiel

Square Enix bringt das hauseigene Rollenspiel zwar keinen kreativen Zentimeter weiter nach vorne, macht handwerklich allerdings auch nichts falsch: Die Steuerung läuft fast ausschließlich über das Digikreuz; der Stylus kann zwar für Drag&Drop-Kleiderwechsel oder Kartenerkundung genutzt werden, wird aber kaum benötigt, so dass fummelige Wechsel nicht stattfinden müssen. Außerdem gibt es eine ebenso edle wie informative Übersicht, was die Weltkarte oben und den Spielbereich unten angeht – jedes Menüs sitzt, jede Zahl passt, das Interface ist komfortabel.

Und man bedient zielsicher moderne Instinkte wie kooperatives Spiel über WiFi und Achievements. Man gewinnt nebenbei vergoldete Auszeichnungen, wenn man etwa eine bestimmte Waffenklasse oder Statistik erreicht. Das ist schön für das Zeugnis bzw. Kampfarchiv, in dem man jederzeit blättern kann, aber irgendwie fühlen sich diese Ausschüttungen fade an, weil man nicht wirklich etwas dafür leisten muss.

Auch das Onlinespiel mit Freunden ist zwar eine lobenswerte Sache, aber angesichts der fehlenden Herausforderungen kaum nötig – man hat nichts davon, wenn man mit jemandem kooperativ auf Zufallskarten spielt. Immerhin muss man nicht zwingend in einer Gruppe losziehen und kann selbstständig kämpfen. Aber all die zunächst interessanten Möglichkeiten wie der Hilferuf an einen menschlichen WiFi-Helden verpuffen angesichts der fehlenden Gefahr. Was bleibt ist der Austausch von Statistiken, aber wer hat darauf schon Lust? Und wie viele Leute findet man in Deutschland in der Umgebung, die man über DragonQuest kontaktieren kann?

Schade ist auch, dass alle erspielten Gegenstände oder Monster nur auf dem Modul des Host gespeichert werden. Sprich: Alle Mitläufer müssen das Ganze nochmal selbst erstellen, wenn sie etwas davon haben wollen. Immerhin wird Nintendo kostenlose Quests zum Runterladen anbieten, die das Hauptspiel nochmal erweitern. Viel wichtiger wäre es aber gewesen, einen zweiten Speicherplatz für das normale Abenteuer zu reservieren: So kann tatsächlich nur ein Abenteuer auf einem Modul gespielt werden! Wer seinen Geschwistern den DS leiht, damit diese ihren eigenen Charakter erstellen können, wird nur enttäuschte Gesichter gesehen – das ist nicht möglich ohne den bisherigen Spielstand zu löschen.