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Doom (Shooter) – Alte Ballerschule, moderne Dynamik

Während Bethesda verzweifelt versucht, die Tester bis zum offiziellen Release von Doom fernzuhalten, stellt der eine oder andere Händler schon vorab die Versionen in die Regale. Dementsprechend sind wir losgezogen und haben die deutsche Wirtschaft unterstützt, um euch vor dem Wochenende im ersten Teil des Test unsere Eindrücke bis zum Zeitpunkt etwa in der Hälfte der Kampagne anbieten zu können. Nächste Woche finalisieren wir dann mit dem Kompletterlebnis inklusive Editor und Mehrspielermodus.

© id Software / Bethesda Softworks

Zwischenfazit vom 13.05.2016

Lange war ich mir nicht sicher, was mich am meisten stört. Doch irgendwann ist es mir bewusst geworden. Doom fühlt sich in der Kampagne nicht mehr so düster, verstörend und bedrohlich an wie früher. Es ist nicht mehr „doomig“, wobei die schwach inszenierte Geschichte das kleinste Übel darstellt, aber auch deutlich macht, wo Defizite zu anderen Horror-Shootern wie Resident Evil 4/5 oder Dead Space liegen. Doch schaue ich auf Geschwindigkeit, Atmosphäre oder Farbgebung fühlt sich alles mehr nach Quake an – inklusive „Quad Damage“. Und als solches funktioniert es tatsächlich: Die Ballermechanik ist gelungen, die Waffen klingen herrlich brachial, man hat zahlreiche Aufrüstungsoptionen, die großräumiger und gelegentlich verschachtelt angelegten Abschnitte bergen viele Geheimnisse. Allerdings muss man auf Horror und Spannung wie noch in Doom 3 in der ersten Spielhälfte fast komplett verzichten. Kompensiert wird dies durch hektische sowie nach den ersten Stunden zunehmend fordernde ballistische Gefechte mit Adrenalin-Garantie, bei denen die Glory Kills überraschenderweise nicht aus dem Spielfluss reißen, aber auf Dauer mangels Variation an Reiz verlieren. Zudem wird die Action-Dramaturgie schnell durchschaut: Auf einen ruhigen Gang, in dem man sich mit Munition beladen darf, folgt eine Arena, die man erst verlassen kann, wenn alle Gegner erledigt sind. Danach kommt ein ruhiger Gang, der schließlich von einer Arena mit noch mehr Dämonen in noch fieserer Kombination gefüllt ist – undsoweiter in Dauerschleife, unterbrochen von gelegentlicher Gebiets-Erforschung. Als Nonstop-Action mit blitzsauberer Kulisse, die primitive Baller-Bedürfnisse befriedigt, kann sich die erste Hälfte der Kampagne von Quake 5, pardon: Doom sehen lassen. Auch wenn es sich nicht richtig entscheiden kann, ob es modern oder altmodisch sein möchte. Ich bin zwar skeptisch, gebe aber die Hoffnung nicht auf, dass die Kampagne in der zweiten Hälfte noch die Kurve kriegt und sich vielleicht über den befriedigenden Eindruck hinaus empfiehlt, der bis jetzt entsteht. Die Neuauflage von Wolfenstein war samt Fortsetzung zu einem ähnlichen Zeitpunkt allerdings bereits ungleich interessanter. Aber zusätzlich warten ja noch der Mehrspieler-Modus sowie der Editor, die die Skala noch nach oben treiben können. Das alles werden wir nächste Woche nach einem Pfingstwochenende in der Hölle beleuchten, wenn wir den Test finalisieren.

Einschätzung: befriedigend


Test, Teil 2: Update vom 17.05.2016



Der Rest vom Gore-Fest

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Der Nahkampf wurde wie das Springen überraschend gut in die Kampfmechanik integriert und sorgt für eine gelungene Dynamik. © 4P/Screenshot

So. Das Höllentor auf dem Mars ist geschlossen, die dämonische Bedrohung nach einem alle Ressourcen fressenden Bosskampf gegen eine moderne Variante eines alten Bekannten erledigt. Satte 18 Stunden habe ich bis zum Abspann benötigt. Aber nicht nur, weil ich einige der mörderischen Arena-Gefechte gegen immer wilder zusammengestellte Feindgruppen nicht überlebt habe und mitunter oft vom letzten der größtenteils gut gesetzten Speicherpunkte neustarten musste. Sondern auch, weil id in den großräumigen Verbindungsarealen zwischen den Arenen viel versteckt hat, was Einfluss auf das Spiel hat und was mich mit meiner notorischen Sammelwut lockte. Die Herausforderungen z.B., mit denen man Runen freischaltet, die wiederum Buffs bzw. leichte Modifikationen mit sich bringen, von denen man aber nur maximal drei aktivieren kann.  

Oder die Roboter, mit denen man Waffenmods freischaltet, die man sogar über Punkte und später durch Aktionen aufrüsten kann und die als Alternativfeuerfunktion zur Verfügung stehen. Auch die Kerne, mit denen man den Prätorenanzug aufrüstet, sind später immer besser in den Gebieten versteckt. Nicht zuletzt findet man nach dem Bewältigen des letzten Gegners und damit dem Öffnen der Tür ein wichtiges Gut: Ruhe. Denn man weiß, dass die nächste Arena schon wartet und kann die Zeit nutzen, um kurz durchzuatmen. Denn auch das ist eine Konstante, die sich in der ersten Kampagnen-Hälfte schon angedeutet hat und bis zum Schluss beibehalten wird: Die Dramaturgie der Action ist bis auf ganz wenige Ausnahmen zu vorhersehbar. Auf die Ruhe folgt der Sturm. Auf eine frisch geöffnete Tür folgt zumeist ein Gang, in dem man Munition und Panzerung auffüllen kann, bevor man schließlich auch die Lebensenergie wieder auf Vordermann bringt. Und dann geht es wieder in die nächste Arena.

Dynamisch, praktisch, gut

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Mit der BFG hat man Gänge und Arenen im Nu leergefegt. © 4P/Screenshot

Da hilft es mir auch nicht, dass id die Dynamik der Gefechte im Stile der alten Dooms oder Quakes, bei denen man sich in vielerlei Hinsicht bedient, punktgenau orchestriert. Um auch nur ansatzweise eine Chance zu haben, muss man ständig in Bewegung bleiben und die in den Arenen zur Verfügung stehenden Hilfsmittel nutzen. Damit meine ich nicht nur die ausliegende Munition für die nicht nachzuladenden, sondern wild feuernden Waffensysteme, Panzerung oder Energie. Sondern vor allem Teleportsysteme oder Sprunghilfen, mit denen man den nur auf Krawall und Angriff gebürsteten Dämonengegnern im letzten Moment aus der Angriffsbahn rutschen kann. Doch so gut und auf den Punkt sich der Shooter mit seiner brachialen Waffenakustik sowie den harmonisch in die Kampfmechanik integrierten Sprung- und Nahkampfoptionen auch anfühlt, vermisse ich etwas. Klar: Die Nutzung der BFG, die als Wellen-Smartbomb durch die Arena rauscht, ist befriedigend. Sie lässt sich aber mit der richtigen Rune auch häufiger als für die Spannung zuträglich verwenden und lässt sich ausnutzen, indem man im Kampfgebiet die gesamten Gegner hinter sich herlaufen lässt (wobei die stets mit ihren Flammenbällen nervenden Imps die Polonäse nur selten mitmachen) und dann abdrückt.

Ich will mehr als nur eine Arena nach der anderen, bei der Spannung nur dadurch aufgebaut wird, dass man nicht weiß, ob in der nächsten Welle vier oder fünf Revenants von zwei oder drei Höllenlords sowie drei oder vier Mancubus ergänzt werden. Eine halbwegs interessante Story wäre nett gewesen. Was das bewirken kann, hat man nicht nur bei Wolfenstein gesehen, sondern auch bei Titeln wie BioShock Infinite, das eine ähnliche Bewegungsdynamik mitbringt. Auch Shadow Warrior als in die Moderne gebrachtes Retro-Ballerei hatte keine Pulitzerpreis-verdächtige Geschichte und war technisch eine Nummer schlechter, hat über die Dramaturgie aber punkten können. Als Arcade-Shooter schließlich hat Bulletstorm für mich frischere Impulse gesetzt. Hier hat sich id nur auf einen Aspekt gestürzt, den die alten Dooms, die ich zuerst auf der PlayStation (und später nochmals auf Xbox Live Arcade) erlebt habe: Die Action. Immerhin haben sie die beinahe vorbildlich modernisiert.