Veröffentlicht inTests

Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn (Action-Adventure) – Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn

Als seinerzeit Peter Jackson’s Herr der Ringe in die Kinos kam, durfte man dank EA parallel dazu mit dem Pad durch Mittelerde streifen. Seitdem ist viel Wasser den Anduin hinunter geflossen und das Fantasy-Universum für Konsolenspieler beinahe in Vergessenheit geraten. Zusammen mit Headstrong Games schickt Warner Bros. abermals kleine und große Hobbits mit Remote und Move-Controller in den Kampf gegen Saurons Schergen.

© Headstrong Games (Wii) / TT Fusion (PS3, PS2, PSP, DS) / Warner Bros. Interactive

Mittelerde-Ausflug mal anders

Der Kampf um Mittelerde steht kurz vor dem Ende. Aragorn, Legolas, Gandalf und die anderen Gefährten stehen vor den Toren Mordors, während Frodo Beutlin und Sam Gamdschie versuchen, den Einen Ring im Feuer des Schicksalsberges zu zerstören.

Comicstil und gut eingesetzte Effekte zeichnen die Kulisse des neuen Mittelerde-Abenteuers aus.

Das dunkle Tor öffnet sich, eine Horde an Orks, Uruk-hai und Höhlentrollen kommt auf die ums Überleben kämpfenden Bewohner Mittelerdes zugestürmt. Nachdem er eine flammende Rede gehalten hat, stürzt sich Aragorn, der zukünftige König, ins Schlachtgetümmel und dezimiert mit gezielten Schwerthieben die Gegnermassen. Die Waagschale scheint zu Gunsten der Gefährten auszuschlagen als plötzlich ein Balrog auftaucht und sich den Weg durch das Schlachtfeld bahnt…

Moment mal? Ein Balrog? Beim letzten Gefecht gegen Sauron? Das stimmt doch nicht! Da hat doch irgendjemand etwas durcheinander gebracht. Richtig. Und sie wird auch gleich dafür abgestraft! Denn wie sich herausstellen sollte, ist dieser Kampf nur Kinderkram. Nachgespielt von Sam Gamdschies Nachwuchs, der sich mit den Erlebnissen der Ringsaga die Zeit vertreibt, bis der König höchstpersönlich zu einem Festival nach Hobbingen kommt.
Und die Schweste Elanor, deren überbordende Balrog-Fantasie das Spiel mit den Brüdern zu einem jähen Ende gebracht hat, wird von Frodo, Sams ältestem Sohn, auch entsprechend erbost darauf hingewiesen.

Erzählerische Neugier

Dieses Stilmittel nutzt das Team von Headstrong Games für „Die Abenteuer von Aragon“ (AvA) sehr konsequent und größtenteils sehr gelungen, um die wesentlichen Geschehnisse  der Film-Trilogie in den knapp neun bis elf Stunden Spielzeit unterzubringen. Meist beginnt der gute Sam seinen Kindern die Geschichte „seiner“ Erlebnisse und natürlich den Kämpfen von Aragorn bei seinem Abenteuer zu erzählen, bevor es in die Vergangenheit geht und damit in ein weitestgehend klassisches Action-Abenteuer geschaltet wird.
Dabei bildet man einen gelungenen Querschnitt der wesentlichen Elemente aus den drei Filmen ab: Die zwergischen Minen Morias werden genauso besucht wie Helms Klamm oder die Pelennor-Felder.

In der Anfangsphase ist man in der Rolle Aragorns allerdings sehr häufig mit irgendwelchen Hol- und Bring-Aufträgen beschäftigt, die von Scharmützeln unterbrochen werden. Erst ab etwa einem Drittel nimmt der Kampfanteil immer mehr zu, bis es schließlich zur entscheidenden Schlacht kommt.

Idyllisch, comichaft, zwiespältig

Bereits im Tutorial, das man mit Frodo (Gamdschie, wohlgemerkt)  im Auenland verbringt, um alle Elemente der Steuerung und vor allem des Kampfes kennenzulernen, wird deutlich, dass die Grafikabteilung nicht ganz sicher war, in welche Richtung man gehen wollte. Einerseits werden Farbgebung, die teils wunderschönen Lichteffekte und Figurendesign von einem starken Comic-Look geprägt. Der orientiert sich zwar hinsichtlich des grundlegenden Designs an der Filmvorlage, schafft es aber häufig, sich davon zu lösen und eine Stimmung ähnlich des 2004 bei Vivendi erschienenen „Hobbits“ zu erzeugen.

Die Remote-Steuerung setzt die Bewegungen gut in Aktionen um.

Schade ist allerdings, dass die Figuren z.B. eine nur rudimentäre Mimik haben: Wird gesprochen, bleiben die Lippen eng aufeinander gepresst und man fragt sich, wieso Tolkien nicht erwähnte, dass die Bewohner Mittelerdes allesamt hervorragende Bauchredner sind. Das ist umso bedauerlicher, da sowohl die deutsche als auch die englische Sprachausgabe durchweg gelungen sind, für die Warner u.a. den Sam Gamdschie-Darsteller Sean Astin hinter das Mikrofon zerrte. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls schade, dass trotz der guten Sprecher viele Dialoge nur über Sprechblasen ablaufen.

Allerdings war man sich mitunter uneinig, wie weit man mit dem Comicstil gehen sollte. Während z.B. Gimli, Gandalf und auch Aragorn sich zwar an ihren Filmvorbildern orientieren, aber dennoch wunderbar in diese Welt eingefügt wurden, sind Frodo Beutlins und Legolas Gesichter erschreckend realistisch. Diesen Brüchen innerhalb der ansonsten stimmungsvollen Spielwelt begegnet man immer wieder und wird dementsprechend aus der Atmosphäre herausgerissen, die nicht nur von der Kulisse, sondern auch von der Musik aufgebaut wird, die komplett aus Elementen des Film-Soundtracks besteht.