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Der Herr der Ringe: Der Krieg im Norden (Rollenspiel) – Der Herr der Ringe: Der Krieg im Norden

Wie Litfaßsäulen harren sie stur am Platz: Legolas, Frodo, Gimli, Elrond, Arwen – fast alle sind sie da. Und werden zu Stichwortgebern, wenn man sie anspricht, zu Touristenführern in Sachen Mittelerde, Sauron oder Ringgeister. Niemand sonst hält sich dort auf, wo Tolkien das prachtvolle Bruchtal beschrieb. Die Lizenzfiguren sind eindimensionale Staffagen in einer leblosen Kulisse. Wie Denkmäler mahnen sie vor den Folgen ideenloser Lizenzarbeit – symbolisch für das gesamte Spiel.

© Snowblind Studios / Warner Bros. Interactive Entertainment

Überschätzt hat sich Snowblind auch mit der Inszenierung. Denn so interessant eine Erzählung ist, die parallel zu den Abenteuern der Bücher verläuft. So schön der Besuch bekannter Orte auch sein mag: Die furztrockene Aneinanderreihung erklärender und beschreibender und hinweisender und mahnender Textreihen übertrifft locker manch japanische Dialogwüste. Schade um die guten deutschen und besseren englischen Sprecher! Immerhin darf man die Unterhaltungen offen gestalten und erfährt auf Wunsch viel Wissenswertes über die Geschichte und den Zustand Mittelerdes.

Trotz unterschiedlicher Fähigkeiten bleiben die Helden leider blass. Nur die Elbin tut sich als Zauberin ein wenig hervor.

Trotz unterschiedlicher Fähigkeiten bleiben die Helden leider blass. Nur die Elbin tut sich als Zauberin ein wenig hervor.

Zu allem Überfluss haben die Autoren allerdings den Figurenaufbau aus dem Drehbuch herausgeschrieben – anders ist die komplette Abwesenheit jedweder Charakterdarstellung nicht zu erklären: Die drei Helden, ein Dunedain genau wie Aragorn, ein Zwerg und eine Elbe, bleiben jedenfalls so blass wie Gandalfs weißer Umhang. Sie haben weder eine Geschichte noch eine Beziehung zueinander. Sie reden kaum miteinander und von Spannungen zwischen Zwergen und Elben haben diese drei noch nie gehört…

Bleichgesichter

Nicht einmal als Spielfiguren tun sie sich mit Bestimmtheit hervor: Die Elbin zaubert zwar, der Zwerg wütet im Nahkampf und der Mensch kann sich einige Sekunden lang unsichtbar machen, doch unterm Strich beherrschen sie alle dieselben Fertigkeiten, lassen sich auf ähnliche Art entwickeln. Ihre wenigen Spezialfähigkeiten sind zu unscheinbar, als dass sie sich darüber auszuzeichnen könnten. Nur die Elbin tut sich mit Heil- und Schutzzaubern hervor – doch selbst sie ist fast immer am Knopf-Knopf-Knopfen. Richtig witzlos sind sogar die sekundären Sinne, mit denen der Zwerg schwache Mauern und die Elbin magieanfällige Wände, der Mensch hingegen Dunedain-Verstecke aufspürt. So findet man mit jeder Figur eben eine andere Schatztruhe… Was soll man sagen?

Glück im Unglück: Beim gemeinsamen Erleben treten die Eigenheiten natürlich deutlicher hervor, denn man freut sich nun mal über eine dreimal so große Ausbeute. Und man kann sich im Gefecht besser aufeinander abstimmen. Ein Trio, das sich von Beginn an als Team entwickelt, erlebt die Kämpfe aus einer ganz anderen Perspektive.
Brachiale Scharmützel im großen Mittelerde: In Krieg im Norden steckt der Geist von Baldur's Gate: Dark Alliance - moderner Zeitgeist hätte ihm besser gestanden.

Brachiale Scharmützel im großen Mittelerde: Krieg im Norden atmet den Geist von Baldur’s Gate: Dark Alliance – moderner Zeitgeist hätte ihm besser gestanden.

Keine Frage – die Möglichkeiten sind da. Als Elbe braut man etwa aus Kräutern Tränke und verteilt sie an Kameraden. Spielt man als Zwerg alleine, denkt die Dame jedoch nicht einmal daran. Überhaupt kommt das Zusammenspiel mit vom Spiel gesteuerten Begleitern kaum zum Tragen. Sie blockieren dann gerne enge Durchlässe und setzen ihre besonderen Fähigkeiten nur zaghaft ein.

Fundament statt Stuck

Wie soll man Snowblind also das Vertrauen schenken, das sie immer und immer eingefordert haben? Man darf nicht einmal ein gewähltes Ausrüstungsstück mit dem gegenwärtig angelegten Gegenstand vergleichen – eigentlich die leichteste Pflichtübung für Rollenspiel-Macher. Eine ähnlich leichte Übung wie das zufällige Ausschütten jener Edelsteine, die einem Gegenstand besondere Fähigkeiten verleihen. Weil man aber viel zu schnell bedeutend stärkere Waffen findet, lohnt es sich überhaupt nicht, die aktuelle mit einem Bonus zu versehen – man wird sie ohnehin bald ablegen.

Und als wollten sie ihr kraftloses Tun noch einmal unterstreichen, knallen die Entwickler schließlich von der Geschichte losgelöste Herausforderungen auf die Landkarte, in denen das Trio in bekannten Kulissen wie Osgiliath gegen etliche Feindwellen kämpft. Völlig egal, dass diese Helden dort nichts zu suchen haben. Völlig egal, dass die Schauplätze kleine Arenen sind, in denen eine Gegnerwelle nach der nächsten jede Lust am brachialen Scharmützel vernichtet. Zum Aufleveln ist das super. Inhaltlich ist es Schindluder. Nein, so sehr sich das Traditionsstudio auch auf seine Stärken verlässt: Nach fünf Jahren sind diese Stärken in ihrer Urform nur noch ein stabiles Fundament. Ein starkes Spiel sieht heute anders aus.

  1. Kann ich bestätigen, im Couch-Koop hats sehr viel Spaß gemacht. Generell ein unterschätztes Spiel, nicht von den niedrigen Wertungen abschrecken lassen, wenn man das Genre mag

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