Als Teil einer verdeckten Einheit begebe ich mich zunächst auf die Suche nach dem mysteriösen Kästchen und danach auf eine Reise um die Welt. Warum ich das Artefakt nicht sofort retourniert habe? Und worum handelt es sich beim mysteriösen „Ereignis“ auf Liberty Island, von dem im Verhör ständig die Rede ist. Auf Fragen wie diese gibt es erst im späteren Verlauf Antworten, auch wenn meine Vorgesetzte sie gerne schon früher hören würde. Zudem verläuft die Geschichte je nach meinen Entscheidungen ein wenig anders. Jedes der fünf Kapitel hat eine Abzweigung zu bieten, welche zusammen mit ein paar coolen kleinen Zusatz-Herausforderungen viel Wiederspielwert schafft. Ich hatte eine Menge Spaß daran, auch die alternativen Handlungsstränge kennenzulernen, so dass sich die Standard-Spielzeit von rund drei auf etwa fünf Stunden erhöhte. Für schlanke 25,99 Euro also ein angemessenes Paket.
Außerhalb der Verhöre wirken die Gespräche und Umgebungsrätsel aber nicht immer überzeugend. Vor allem der erstaunlich leere Schwarzmarkt-Level in Mumbai mit Wahrsagerin und Würfelspielchen durchbricht immer wieder die Illusion, sich wirklich in einem spielbaren Agenten-Thriller zu befinden. Schuld daran sind vor allem die platten Charaktere und ihre unglaubwürdigen Smalltalk-Dialoge. Davon abgesehen tragen die Unterhaltungen und kleinen Dialog-Rätsel aber viel zum Gefühl der Präsenz bei. Immer wieder nimmt Instrukteur Doran Kontakt zu mir auf – per Knopf im Ohr und AR-Bildschirm in der Kontaktlinse. Mit Hilfe meiner Hacker-Platine infiltriert er feindliche Netzwerke oder kommentiert süffisant meine opportunistischen Entscheidungen. Nachdem ich mich per Latexmaske als Gangsterboss Jimi Brodigan verkleidet habe, muss ich mich natürlich auch ums Tagesgeschäft kümmern, um nicht aufzufliegen. Ein kleiner Anschlag hier, eine harmlose Exekution dort – und Doran macht einfach die Augen zu: „Ich denke mal das Allgemeinwohl geht vor!“. So sehe ich das auch und drücke eigenhändig den roten Knopf. Rumms!
Echter als das Original?
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Auch in Gesprächen muss ich natürlich besonders Jimi-artig auftreten, um nicht aufzufliegen. Es kann also nicht schaden, die Augen nach Charakterzügen offen zu halten. Die (leider nur englische) Vertonung der Wachen und der finstere Electro-Soundtrack klingen zwar lange nicht so professionell wie in Blood & Truth, sorgen aber allemal für eine passene Atmosphäre. Noch cooler ist die Sequenz, in der ich mich an das Opfer der Maskerade angeschlichen habe. Ich will nicht zu viel verraten, aber im Themenbereich verdeckter Ermittlungen und fieser Verhöre haben sich die Entwickler ein paar richtig lustige Ideen einfallen lassen, die in VR übrigens viel intensiver rüberkommen.
Schade, dass sich dabei das Aktivieren der technischen Gadgets manchmal hakelig gestaltet. Eine Zeigenfinger-Geste etwa funktioniert in brenzligen Situationen nicht immer wie gewünscht. Auch in den stark choreografierten Boxkämpfen mit den eigenen Fäusten passierte es mitunter, dass ich nicht wusste, was die Entwickler überhaupt von mir wollten.
Hübsch und flüssig
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Andererseits sind die Schlägereien natürlich eine ähnlich coole Abwechslung wie die Kletter-Passagen im Stil von The Climb. Als ich nach den langsam abblätternden Rumpfplatten eines abgestürzten Flugzeugs griff, wurden schnell Erinnerungen an Uncharted wach. Dank der 3D-Kulisse in luftiger Höhe wackelten meine Knie hier allerdings noch stärker. Auch die technische Umsetzung sorgt für Immersion. Trotz leichter schwarzer Comic-Ränder bieten die abwechslungsreichen Kulissen ein überzeugendes Gesamtbild – auch wenn man offensichtlich noch weit von „klassischen“ Grafik-Highlights wie Assassin‘s Creed Odyssey entfernt ist. Schön auch, dass das Gebotene mit einer GeForce GTX 1070 in relativ hohen Einstellungen flüssig bleibt, trotz der gestiegenen Auflösung der Rift S.