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Das Testament des Sherlock Holmes (Adventure) – Das Testament des Sherlock Holmes

Nach gefühlten 100 Pressemitteilungen darf Sherlock Holmes endlich ermitteln. Rund drei Jahre saß das ukrainische Team von Frogwares am Spiel, im Gegenzug soll der sechste Teil der Adventure-Reihe eine unbekannte Seite des nüchternen Analytikers beleuchten. Als die brutal zugerichtete Leiche eines Bekannten aufgefunden wird, gerät Sherlock selbst unter Verdacht.

© Frogwares / Focus Home / dtp entertainment

Kleines Chemie-Labor

Die Detektivarbeit ist die Stärke des Spiels: Hier wird ein Stück Seil untersucht...
Die Detektivarbeit ist die Stärke des Spiels: Hier wird ein Stück Seil untersucht. © 4P/Screenshot

Interessanter wird es in Holmes berühmtem Labor. Gesteinsbrocken werden mit dem Pinsel von verdächtiger Erde befreit und mit Gegenständen von einem Friedhof verglichen. Auch Chemikalien untersuche ich auf ihre Wirkung. Bei der Analyse machte mir das etwas hakelige Interface einen Strich durch die Rechnung: Die Hähne einiger Fläschchen konnte ich erst nach einigen erfolglosen Versuchen öffnen – und gelangte schon wieder in eine Sackgasse. Eine sauberer programmierte Bedienung oder mehr Hinweise hätten mir auch bei einigen anderen Aufgaben Frust erspart.

Deutlich besser gelungen sind die Zwischensequenzen: Dank passender Kameraeinstellungen  und einer professionellen deutschen Vertonung fühlte ich mich beinahe wie in einen klassischen Krimi. Auch nach dem Filmchen bleibt das Abenteuer stimmungsvoll. Nachdem ich auf dem PC alle Details und Effekte aufgedreht hatte, wirkte

Auf dem Notizblock gelangt man schließlich zu einer Schlussfolgerung.
Auf dem Notizblock gelangt man schließlich zu einer Schlussfolgerung. © 4P/Screenshot

das London des Jahres 1898 glaubhaft und lebendig: In den dunklen Gassen neben der heruntergekommenen Whitechapel Street wimmelt es von Bettlern, Ratten, Arbeitslosen und zwielichtigen Gestalten.

Londons Schattenseiten


Auch eine Opiumhöhle, ein heruntergekommenes Hospital und andere Orte sind stimmungsvoll gestaltet. Mit Heavy Rain kann es die Atmosphäre bei weitem nicht aufnehmen, trotzdem hat es mir Spaß gemacht, das alte London zu entdecken. Die Figuren laufen zwar etwas steif und behäbig, was bei englischen Gentlemen wie Watson aber gar nicht so unpassend wirkt. In Gesprächen bewegen sich die Charaktere außerdem natürlicher, weil sie auch einmal locker das Gewicht aufs andere Bein verlagern oder

Weniger unterhaltsam: Alle paar Minuten muss ein Schloss durch ein fades Nummernrätsel oder Minispiel geknackt werden.
Weniger unterhaltsam: Alle paar Minuten muss ein Schloss durch ein fades Nummernrätsel oder Minispiel geknackt werden. © 4P/Screenshot

lockerer gestikulieren.

Analog zu den heruntergekommenen Schauplätzen werden im Laufe des Abenteuers auch Holmes‘ Ermittlungsmethoden fragwürdiger. Er erpresst z.B. den Reverend oder lässt sich auf die Zusammenarbeit mit einem gefährlichen deutschen Giftmischer ein. Letzterer sitzt wie Hannibal Lecter im Hochsicherheitsgefängnis und gibt beim Besuch philosophische Weisheiten von sich. Dr. Watson, in dessen Rolle ich ebenfalls ab und zu schlüpfe, zweifelt im Laufe des Spiels mehr und mehr an seinem langjährigen Freund und auch als Spieler kann man nicht sicher sagen, ob man Holmes wirklich noch trauen kann. Passend zum linearen Ablauf des Abenteuers werden auch die Dialog-Optionen nacheinander abgearbeitet. Ab und zu gilt es aber eine Entscheidung zu fällen – z.B., ob man den Zeugen eines Verbrechens für eine Information erpresst, bedroht oder nur besticht.

Schludrige PS3-Umsetzung


Die PS3-Version schaut eine ganze Ecke hässlicher aus als die PC-Fassung. Unscharfe

Die mal ruhige, mal dramatische Orchester-Musik hält sich im Hintergrund, unterstützt das Spiel aber gut.
Die mal ruhige, mal dramatische Orchester-Musik hält sich im Hintergrund, unterstützt das Spiel aber gut. © 4P/Screenshot

Texturen, Pixeltreppchen und flackernde Schatten lassen das Bild viel unruhiger wirken als Highlights wie Uncharted 3 oder Heavy Rain. Am meisten stört aber die (immerhin konstant) niedrige Bildrate von rund 20 Bildern pro Sekunde, welche vor allem bei Kameradrehungen unangenehm auffällt.

Die PS3-Fassung leidet außerdem unter Soundproblemen: Ab und zu wird nach einem Dialog schon das nächste Sample angespielt, wodurch abgehackte Sprachfetzen zu hören sind. Die schwache Technik vermiest zwar nicht den Spaß am Rätseln, trotzdem hätten sich die Entwickler bei der Umsetzung ruhig mehr Mühe geben können. Die Steuerung klappt durch die Ego- bzw. Schulter-Perspektive mit dem Controller aber fast genau so gut wie mit Maus und Tastatur.