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Das Testament des Sherlock Holmes (Adventure) – Das Testament des Sherlock Holmes

Nach gefühlten 100 Pressemitteilungen darf Sherlock Holmes endlich ermitteln. Rund drei Jahre saß das ukrainische Team von Frogwares am Spiel, im Gegenzug soll der sechste Teil der Adventure-Reihe eine unbekannte Seite des nüchternen Analytikers beleuchten. Als die brutal zugerichtete Leiche eines Bekannten aufgefunden wird, gerät Sherlock selbst unter Verdacht.

© Frogwares / Focus Home / dtp entertainment

Fast wie am Tatort

[GUI_PLAYER(ID=97457,width=475,text=Was steckt hinter den Morden und den Beschuldigungen an Londons berühmten Privatdetektiv?,align=left)]Neu ist auch die Entwicklung für mehrere Plattformen: Neben PC-Spielern können erstmals auch Besitzer einer PS3 oder Xbox 360 ermitteln. Damit Konsolenspieler nicht mit einem trägen Cursor-Pfeil kämpfen müssen, haben die Entwickler das Spiel in die Ego-Perspektive verlegt. Wer möchte, kann seiner Figur auch über die Schulter schauen; am PC gibt es außerdem eine klassische Ansicht mit starren Perspektiven. Ich würde aber auch Traditionalisten die Ego-Sicht empfehlen, denn dadurch gewinnt der Streifzug durchs ohnehin hübsch inszenierte London an Atmosphäre. Am Rechner wird das Spiel dann wie ein Shooter mit Maus und Tastatur gesteuert.

Das Abenteuer beginnt mit einem einfachen Auftrag: Im Jahr 1898 sorgt der zur Hilfe gerufene Privatdetektiv dafür, dass der Marquis von Conyngham seine gestohlene Perlenkette zurückbekommt. Als sie kurz danach erneut verschwindet, wird Holmes verdächtigt. Er hielt sie schließlich als Letzter in den Händen. Kurz danach findet er auch noch den Leichnam des schrecklich misshandelten Bischofs von Knightsbridge in seinen Gemächern und rutscht immer tiefer in die verschwörerische Geschichte. Eine Reihe hetzerischer Enthüllungs-Artikel machen ihn für alle möglichen älteren Verbrechen verantwortlich.

Keine Polizei!


Die Hotspot-Anzeige wird mit Holmes' sechstem Sinn verknüpft: Man darf nur ab und zu die Hotspots anzeigen lassen. Darüberhinaus gibt es keine Hilfe.
Die Hotspot-Anzeige wird mit Holmes‘ sechstem Sinn verknüpft: Man darf nur ab und zu die Hotspots anzeigen lassen. Darüberhinaus gibt es keine Hilfe. © 4P/Screenshot

Als Holmes in den Gemächern seines ermordeten Freundes eintrifft, beschließt er, die Polizei erst einmal außen vor zu lassen den Tatort und auf eigene Faust zu untersuchen. Der aufgeregte Reverend drängt ihn zwar dazu, den Inspektor zu rufen, doch der abgeklärte Privatdetektiv lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich schlüpfe in Sherlocks Rolle, halte den nervösen Geistlichen etwas hin und untersuche den von Blut und Erde verdreckten Tatort. Die Steuerung funktioniert in allen drei Varianten gut: Ich gehe zur Leiche, aktiviere per Knopfdruck die Nahansicht und richte den Blick nacheinander auf drei Körper-Regionen. Das Opfer wurde übel gefoltert. Die zerschnittene Leiche mit ihren gebrochenen Fingern und andere brutal zugerichtete Todesopfer haben auch die USK dazu bewegt, das Spiel erst ab 16 freizugeben. Neben den frischen Wunden hat der Bischof aber auch ältere blaue Flecken. Im Schrank finde ich außerdem eine Peitsche und ein Bußgürtel. Offenbar war der Geistliche Schmerzen gewohnt, weil er sich regelmäßig selbst peinigte. Er muss der Folter also ziemlich lange widerstanden haben.

Welche Information wollten die Einbrecher aus ihm heraus prügeln? Die Fußabdrücke am Eingang geben immerhin einen Hinweis auf ihren sozialen Status. Sie zeigen das Muster genagelter Sohlen, wie sie von einfachen Arbeitern getragen werden. Ein Abdruck stammt außerdem von einem teuren italienischen Lederschuh, welcher dem Bischof offenbar vor dem Verschwinden ausgezogen wurde. Ein kleiner Nebenverdienst eines beauftragten Schlägertrupps? Nachdem ich noch ein paar weitere Indizien gesammelt habe, füge ich die gesammelten Informationen auf meinem Notizblock zusammen. Zwei Informationen führen zu einer Erkenntnis: Erstens: Der Bischof besaß keine Wertgegenstände – nicht einmal im Tresor. Zweitens: Das Nebenzimmer wurde nicht durchsucht. Als Schlussfolgerung kann ich aus drei Ergebnissen auswählen. Die richtige lautet in diesem Fall: Die Mörder haben etwas Bestimmtes gesucht. Nach und nach fügt sich das Puzzle zusammen, bis ich schließlich das richtige Ergebnis in der Hand halte, welches mich an den nächsten Schauplatz führt, an dem ich z.B. Bekannte von Verdächtigen vernehme.

Clevere Schlussfolgerungen


Der tote Bischof wurde übel zugerichtet. Im späteren Spielverlauf muss auch eine Obduktion gemeistert werden.
Der tote Bischof wurde übel zugerichtet. Im späteren Spielverlauf muss auch eine Obduktion gemeistert werden. © 4P/Screenshot

Obwohl die Multiple-Choice-Aufgaben der Deduktion sehr einfach gestrickt sind, ist es befriedigend, die Indizienkette auf dem Papier zu vervollständigen – und natürlich vorher gewissenhaft den Tatort zu untersuchen. Dieser Bereich der Detektivarbeit ist eine klare Stärke des Spiels. Die Ermittlungsergebnisse wirken etwas glaubwürdiger als z.B. in Memento Mori 2.

 

Zwischendurch strecken die Entwickler die Spielzeit leider immer wieder mit durchwachsenen Deschiffrierungs-Puzzles und faden Minispielen, welche das eigentlich gute Erzähltempo ausbremsen. Bevor ich mich ins Westgate-Hochsicherheitsgefängnis begebe, muss ich erst einmal ein Schachrätsel lösen. Zu dem Puzzle gibt es bis auf eine Andeutung in einem Brief keinerlei Hinweise. Da ich kein Schach spiele, dauert es eine ganze Weile, bis ich das richtige Muster erkannt habe, mit dem die Figur das Feld einfärben muss. Unter dem letzten Feld steckte schließlich eine lockere Fliese und darunter eine geheime Nachricht. Die Minispiele sind verantwortlich für den schwankenden Schwierigkeitsgrad: Bei einigen steckte ich lange in der Sackgasse, der Großteil lässt sich aber zu leicht lösen. Wenn es wieder einmal ein Schloss zu knacken gibt, muss ich z.B. einfach nur einen Metallbügel in die vorgegebene Form biegen – unheimlich spannend! Zum Glück lassen einige schwere Exemplare sich aber nach einer verstrichenen Zeitspanne einfach überspringen.

  1. auF_jagD hat geschrieben:Allerdings ist die "neue" Ego-Sicht schon in den letzten 3 Sherlock Holmes spielen mit von der Partie. Insofern verstehe ich die Betonung auf "neu" nicht...
    Ja hatte auch das Gefühl, dass der Tester nicht unbedingt die früheren Teile gespielt hat!
    risikofaktor hat geschrieben: Ok, man kann die Rätsel schon lösen, allerdings bremsen diese die gute Story doch oft nur unnötig aus.
    Naja, vielleicht hat es damit zu tun, dass dies noch gute, klassische Adventures sind und da gehören diese für manche unnötigen Rätsel einfach dazu!

  2. risikofaktor hat geschrieben:Ja, hast schon Recht. Harvey und Satinavs Ketten war zu einfach... aber ein paar Hinweise (keine wirklichen Tipps) was bei einem Rätsel zu tun ist, wäre ja nicht zuviel verlangt... Schon alleine bis man mal rausgefunden hat bei einem hakeligen Schieberätsel wie man die Zahlen verschieben kann...
    Jep, genau so etwas meinte ich damit.

  3. Ja, hast schon Recht. Harvey und Satinavs Ketten war zu einfach... aber ein paar Hinweise (keine wirklichen Tipps) was bei einem Rätsel zu tun ist, wäre ja nicht zuviel verlangt... Schon alleine bis man mal rausgefunden hat bei einem hakeligen Schieberätsel wie man die Zahlen verschieben kann...

  4. Ich kann dieses Geheule vom "zu wenige Hinweise" nicht mehr ertragen. Der Tester beschwert sich ständig darüber, bei Harveys Neue Augen ist er dann strahlend froh, dass es schöne Hinweise gibt. Ich finde es da aber übertrieben, da wird einem ja förmlich gesagt "Tu dies, tu das.". Lieber etwas anspruchsvolle Rätsel! Klar, bestens ist es wenn das Spiel einem die von vornherein die Wahl zwischen mehr und weniger Hinweisen, aber wenn es mal jemand net packt, dann gibt es Komplettlösungen. Übrigens: ich meine bei Satinavs Ketten konnte man anklicken ob man mehr Hinweise will, und selbst da hat sich der selbe Tester beschwert. Bisschen Anspruch darf man wohl erwarten.

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