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Darksiders (Action-Adventure) – Darksiders

Erste Eindrücke können täuschen. Denn wer nur flüchtig auf Darksiders schaut, sieht nur einen weiteren Action-Prügler, der auf der  God of War-Welle mitreiten möchte. Und der  Hauptdarsteller Krieg will in seiner Hybris den griechischen Altmeister Kratos zum Duell fordern. Ein Kampf, der auch für den apokalyptischen Reiter eine Nummer zu groß scheint. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Denn Darksiders ist der Beweis, dass auch bei Spielen eine Liebe auf den zweiten Blick möglich ist.

© Vigil Games / THQ Nordic / THQ / THQ Nordic

Und das ist etwas, dass ich in den ersten zwei kampfbetonten Stunden kaum für möglich gehalten hätte. Doch mit zunehmender Dauer nimmt der prozentuale Anteil von Auseinandersetzungen innerhalb der Gesamtspielzeit immer mehr ab, wie der integrierten Statistikübersicht  zu entnehmen ist – und das ist durchweg positiv zu sehen. Mittlerweile spiele ich

Dass Engel nicht nur gute Wesenszüge tragen, ist spätestens seit Bayonetta bekannt – und Darksiders gewinnt den himmlischen Geschöpfen eine weitere interessante Facette ab.
Darksiders bereits zum zweiten Mal durch. Und dieses Verlangen haben nicht all zu viele Titel aus diesem Bereich in mir ausgelöst.

Stylisch mit Abstrichen

Und dass, obwohl die Technik nicht immer überzeugen kann. Das Tearing, das einem vor allem auf der 360 und reduziert auch auf PS3 begegnet (hier muss man mit leicht längeren Ladezeiten vorlieb nehmen), kann zart besaiteten Grafik-Gurus das Wasser in die Augen treiben und ist im Jahr 2010 unverständlich. Dass man letztlich doch gewillt ist, darüber hinwegzusehen und es schließlich sogar ignoriert bzw. nur noch beiläufig wahrnimmt, ist ein weiteres Indiz dafür, wie sehr Mechanik und vor allem Story packen können. Denn was kümmert mich die grobschlächtige V-Synchronisation, wenn Krieg mit dem Engel des Todes über den Sinn des Lebens philosophiert? Oder wenn er auf seinem Rachefeldzug mit einem ehemaligen Himmelsschmied (der in der englischen Version einen herrlich schottischen Akzent hat) in einem sportlichen Wettkampf die „Tauben rupft“, sprich: Die Engel gleich zu Dutzenden vom Himmel holt? Diese Elemente können durchaus wichtiger sein können als visuelle Brillanz.

Was nicht heißen soll, dass Darksiders abseits der Tearing-Probleme hässlich ist – ganz im Gegenteil: Das Design mit seinen stilisierten farbstrotzenden Comic-Figuren, die allesamt gut animiert über den Bildschirm huschen, macht einiges her. Aber wie der spielerische Beginn zeigt sich auch die Visualisierung anfänglich spröde: Der Gegensatz zwischen Comic-Look bei den Figuren, die vom Ansatz her auch aus Blizzards Warcraft-Universum stammen könnten, auf der einen sowie den beinahe realistischen Umgebungen auf der anderen Seite kann mich nach wie vor nicht überzeugen.
Doch je mehr man mit dämonischen Elementen und Gegenden konfrontiert wird, bei denen die Grafiker sich nicht an wirklichkeitsgetreue Areale halten müssen, sondern ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, umso überzeugender und homogener wirkt die Verbindung von Kulisse und Darstellern. Dennoch erreicht man nie die optische Wucht eines God of War, das mit brachial-düsteren Szenen punktet oder einer Bayonetta, die mit Exotik und bizarren Elementen fasziniert.

Könnte auch die Hauptrolle im nächsten WarCraft-Teil spielen: Krieg!
Dass ein Kämpfer, der sich nicht scheut, Höllenschergen wie Engelschöre gleichermaßen zu ihrem Schöpfer zurückzuschicken, dies nicht ohne einen Hauch von visueller Gewalt erledigen kann, versteht sich von selbst. Doch im Gegensatz zu Titeln wie God of War ist auch dieser Bereich stark stilisiert und vom Comic beeinflusst: Egal ob Krieg nun Engeln erst die Flügel entfernt, bevor er sie mit seinem Schwert zerteilt, ob er Kanonenfutter-Zombies mit seiner mächtigen Hand den Schädel zerquetscht, Standard-Gegnern mit Standard-Finishern den Garaus macht oder teils Bildschirm füllenden Bossen nach einem harten Kampf spektakulär das Herz entreißt: Stil siegt über Gewaltdarstellung. Dementsprechend wirken die Dämonenblutfontänen in der auch hierzulande ungeschnittenen Version mit ihren wenigen Farbschattierungen wie aus einem Pulp-Comic.

Lob muss man auch der deutschen Lokalisierung zollen. Unter dem Strich ist die ebenfalls enthaltene englische Sprachvariante zwar einen Tick intensiver und mit namhaften Sprechern wie Mark Hamill besetzt, doch die lokale Variante enttäuscht keinesfalls. Gleiches gilt für den meist orchestralen Soundtrack, der vor allem in der Anfangsphase gewaltig dazu beiträgt, Assoziationen zu God of War zu wecken – was nicht verwunderlich ist, kommen die Kompositionen doch aus der Feder der Kratos-Komponisten Cris Velasco und Mike Reagan, die auch hier ihre akustische Magie wirken lassen.