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Captain Tsubasa: Rise of New Champions (Sport) – Kein gutes Fußballspiel

Ein Bolzplatz mit Erdkrümmung, absurde Superschüsse und japanische Jungs, die mit viel Fleiß und Teamwork zu echten Fußballstars reifen wollen – dafür steht Captain Tsubasa. Das neue Spiel Rise of New Champions fängt den Charme der Anime-Vorlage großartig ein. Nur leider gibt es auf dem Platz ein paar gravierende Mängel, die unser Test erläutert.

© Bandai Namco / Bandai Namco

Auf dem Platz!

 

Captain Tsubasa: Rise of New Champions folgt nur an der Oberfläche den von FIFA und PES seit vielen Jahren zementierten Grundregeln: kurzer Pass, Steilpass (mit Dreiecks-Taste), Sprints (per R1), lange Pässe bzw. Flanken und natürlich Schüsse. All das geht sofort von der Hand, Fußballkenner müssen sich kaum ungewöhnen. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber fast schon auf: Denn es gibt zwar Einwürfe, Eckbälle und gelegentliche Abseitsstellungen, doch sonst pfeift der Schiri nicht – man kann, fast wie im NES-Kultspiel Nintendo World Cup, nach Herzenslust grätschen und bodychecken, dass die Gegner nur so herumpurzeln. Das Spielfeld fühlt sich lang an, leider bietet selbst die weiteste Kameraperspektive nicht die Übersicht, die Fußballspieler gerne für ihre Spielzüge haben. Auch reagieren die Kicker nicht so flink wie erwünscht: Rasante Pass-Stafetten sind fast nur möglich, wenn man blindlings mehrfach auf die X-Taste hämmert – wartet man ab, ob der erste Pass auch ankommt und will dann rasch in die Spitze weiterspielen, reagiert der Spieler oft nicht schnell genug.

 

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Clash wie in Dragon Ball: Treffen zwei Spieler mit gleich starkem Willen aufeinander, sieht das so aus – dann muss man schnell auf die Buttons hämmern. © 4P/Screenshot

Am wichtigsten ist aber die „Wille“-Anzeige, die bei über jedem Spieler angezeigt wird: Sie entscheidet, ob und wie oft bzw. wie lange der Sportler sprinten, grätschen oder tricksen kann. Das heißt in der Praxis: Hat man einen Sprint über die Außenbahn hingelegt und dabei zwei Mittelfeldspieler vernascht, reicht der Wille in der Regel nicht mehr für einen Übersteiger-Trick beim Verteidiger – dann ist ein Pass zum nächsten, vielleicht gerade willensstärkeren Mitspieler angebracht. Auch in der Verteidigung kommt das zum Tragen: Eine Lücke zulaufen und dann noch Grätschen ist nicht immer möglich, wenn die Leiste schon recht leer ist. Ist man in der Defensive, wechselt der eigene Cursor automatisch zu dem Spieler, der dem ballführenden Angreifer am nächsten ist; zusätzlich kann man aber selbst tauschen. Ein gewöhnungsbedürftiges System, das mich auch nach mehreren Stunden nicht vollends überzeugt hat und immer wieder dafür sorgt, dass ich auf der kleinen Karte kurz schauen muss, welchen Akteur ich gerade lenke. Im Spiel ist die (ausschließlich auf japanische verfügbare) Sprachausgabe übrigens völlig für die Katz – wer will schon die gelegentlichen Sprüche des Kommentator als Untertitel lesen?

 

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So sieht Captain Tsubasa in Aktion aus – Stadion und Rasen können nicht ganz mit den animierten Figuren mithalten. © 4P/Screenshot

Übrigens, und das ist ganz entscheidend, verfügt auch der Torhüter über eine Wille-Anzeige: Und er kann aus dem Spiel heraus am besten bezwungen werden, wenn diese schon geleert ist. Soll heißen: Ihr könnt den schönsten Spielzug machen, trotzdem wird der Mann zwischen den Pfosten einen normal abgegebenen Schuss mit hoher Wahrscheinlichkeit einfach aus dem Winkel fischen. Das stellt die grundlegende Prämisse des Kombinierens, Freispielens und Abziehens gehörig auf 

den Kopf – und ist ein dauerhaftes Ärgernis für Fußballfreunde. Aufgeladene Superschüsse, vor allem aus kurzer Distanz, können den Keeper zwar überwinden, wenn seine Leiste nicht fast leer ist, trotzdem fühlt sich das Toreschießen für Fußballkenner dann oft schal an. Die coolen Perspektiven, z.B. wie der Goalie mit dem Leder ins Netz fliegt, nutzen sich bald ab und können beiweitem nicht die Schönheit spontaner Treffer ersetzen. Denn darin liegt ja auch der Reiz eines Fußballspiels: An der Unberechenbarkeit, ob ein Ball am Tor vorbeifliegt, gegen den Posten kracht oder, am besten sogar noch mit Touchierung des Aluminiums, satt tönend in den Winkel kracht.

 

Modi-Vielfalt

 

In puncto Spiel-Varianten lässt sich Captain Tsubasa: Rise of New Champions, das an anderer Stelle geizig ist (wenige Schwierigkeitsgrade & Kameraperspektiven), nicht lumpen: Neben den zwei Story-Strängen gibt es Versus-Matches für bis zu vier Kicker, einen ordentlichen Trainingsmodus mit einigen Tutorials sowie einen Bearbeitungsmodus für erstellte Teams. Auch im Archiv kann man ein bisschen Zeit verbringen: Zum Beispiel mit dem Anhören der Musikstücke oder Informationen zu all den Spielern der japanischen Teams und (wenigen) Nationalmannschaften.

 

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Auf Knopfdruck aktiviert man die V-Zone – dann werden alle eigenen Kicker im Umkreis für kurze Zeit stärker. © 4P/Screenshot
Online gibt es s ogenannte „Raum-Spiele“ gegen befreundete oder zufällige Online-Gegner und mit dem „Liga-Spiel“ eine langfristige Variante – samt unterschiedlich starker Ligen, dem Managen von Teamwerten sowie Auf- und Abstiegsmöglichkeiten; leider tritt man anfangs in den Neulings-Ligen 3 und 2 ausschließlich gegen Computergegner an.

Eine Vorab-Testversion für Switch stand uns nicht zur Verfügung. Die PC-Fassung ist derzeit mangelhaft: Momentan funktionieren Vollbild-Modus und randloser Fenstermodus nicht fehlerfrei und sorgen dafür, dass Beschreibungstexte der Buttons nicht auf den Buttons angezeigt werden – alles ist irgendwie verschoben. Abgesehen davon, dass der Online-Modus aufgrund nicht erreichbarer Server gar nicht funktioniert und man nur Offline-Partien spielen kann, gibt es massive Probleme bei der Bildwiederholrate – nein, nicht in Bezug auf die FPF-Performance bei 30, 60 oder unbegrenzt. Das Problem ist, dass das Spiel mit höheren Bildwiederholraten gar nicht flüssiger, reaktionsfreudiger oder geschmeidiger, sondern bloß schneller läuft. Stellt man auf 60 Bilder pro Sekunde um, dann laufen Menü, Zwischensequenzen und das Spielgeschehen einfach mit entsprechend höherer Geschwindigkeit. Stellt man gar auf „unbegrenzt“, ist alles nachzu lächerlich beschleunigt – von dem Gewackel bei der Aufstellung der Charaktere vor der Partie bis hin zur Torjagd. Bei der PC-Version ist hier etwas grundsätzlich schief gelaufen! Immerhin können Tastatur- und Controller-Steuerung angepasst werden.