Auf nach Urzikstan
Urzikstan kennt ihr nicht? Wir auch nicht. Aber offenbar hielten es die Entwickler für eine gute Idee, einen Krisenstaat in der Kaukasusregion zu erfinden, in dem ein Großteil des Spiels stattfinden kann. Passend dazu bekommt man es dort mit Al-Qatala zu tun, einer ebenfalls fiktiven, terroristischen Vereinigung. Gleichzeitig gibt es aber Anschläge in London und wahnsinnig viele böse Russen, die mitmischen – eine seltsame Melange. Nichtsdestoweniger gelingt es Call of Duty: Modern Warfare als einem der wenigen Spiele, zumindest in Grundzügen aufzuzeigen, wie moderner Terror entstehen kann. Wenn nämlich von Giftgas und Massenerschießungen gepeinigte Zivilisten erst zu Widerstandskämpfern und später zu Feinden der westlichen Welt werden – Parallelen zu Irak und Afghanistan sind offensichtlich.
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Zudem zeigt das neue Modern Warfare die Gewalt, die Toten und das Leid in einem solchen Krisen- oder besser Kriegsgebiet sehr deutlich. Bisweilen plakativ, vielleicht sogar voyeuristisch – aber auch ohne Schönfärberei. Zum Beispiel flieht man in einer Szene aus einer Kleinstadt über einen Spielsplatz. Unterhalb eines Wandgraffitis mit Fußball spielenden Kindern liegt die Leiche eines Jungen und starrt den einen aus toten Augen an. Andernorts sieht man beim Anschlag in London und der anschließenden Erstürmung eines Hauses, wie Zivilisten ums Leben kommen oder sich zu Tode erschrocken vor den Gewehrläufen der Eingreiftruppe wegducken. In einer anderen Mission wird eine besonders eindringliche Bedrohungssituation inszeniert: Der Spieler findet sich in einem Botschaftsgebäude wieder, das von Al-Qatala angegriffen wird. Zunächst hetzt er die Treppen hinab und muss dann Foyer mit ansehen, wie die Angreifer hinter einer Panzerglasscheibe wahllos Menschen erschießen. Die Mörder sind nur wenige Meter entfernt, ihre Taten kann man glasklar sehen – doch der Spielfigur können sie (noch) nichts anhaben.
Böse Russen, gute Amerikaner?
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Jein. Russische Soldaten werden im Spiel bis auf wenige Ausnahmen tatsächlich extrem negativ dargestellt (wohl daher erscheint das Spiel auf PS4 nicht in Russland): Sie setzen Giftgas ein, liquidieren Gefangene, drangsalieren die Zivilbevölkerung, foltern Widerstandskämpfer. Andererseits räumt Captain Price (ein britischer Soldat) in einer Szene ein, dass er und sein Team Grenzen überschreiten, die eigentlich nicht überschritten werden sollten. Dass er es trotzdem tut und man als Spieler diese Handlungen nicht verhindern kann, ist schade. „Wir machen die Drecksarbeit, damit die Welt sauber bleibt“ lautet einer seiner prägnantesten Sprüche.
Es ist tatsächlich glaubhaft, dass dieser Soldat von der Notwendigkeit seiner ethnisch mehr als fragwürdigen Handlungen überzeugt ist – trotzdem schade, dass Infinity Ward d
en spannenden nächsten Schritt (einmal mehr) nicht geht. Einen Soldaten, der da eben nicht mitmacht. Den Befehl verweigert. Vielleicht sogar seinen Vorgesetzten bedroht. Immerhin macht das Studio mit der Widerstandskämpferin Farah Karim eine Frau zur eigentlichen Hauptfigur dieser CoD-Episode – Farah gibt Befehle, wird intensiver beleuchtet als alle anderen Charaktere und führt ihre Leute schließlich auch in die Schlacht.