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Bionic Commando (Action-Adventure) – Bionic Commando

Da sitzt man auf der Couch und lauscht. Es sind diese leisen Töne, die einen magisch anziehen. Wenn das Klavier behutsam, ja fast schon bedächtig im Hintergrund anklopft, will man zunächst nicht an ein rasantes Actionspiel denken. Schon gar nicht an die moderne Wiedergeburt eines Arcade-Hits längst vergangener Zeiten. Erst als die Akkorde vom sanften Dur ins dominantere und gleichzeitig düstere Moll fließen, schleicht sich eine Ahnung von Bedrohung, aber auch eine heroische Entschlossenheit ins Ohr. Es kribbelt im Nacken. Und man will endlich spielen.

© GRIN / Capcom

Das schwache Krawumm

Vor allem innerhalb der Schluchten legt das Spiel noch mal zu: Während waghalsiger Sprünge wird man von fliegenden Robotern attackiert – Nervenkitzel pur.

Nathan kann normale Feuerwaffen vom ratternden Maschinengewehr bis hin zum Raketenwerfer mit Zielsuchfunktion nutzen. Allerdings kommt bei diesem Bumbängbum gegen feindliche Soldaten zu Beginn keine all zu große Begeisterung auf, denn die KI ist, wie schon bei Lost Planet <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=12785′)“>

, nicht der Rede wert – die Feinde gehen alles andere als koordiniert vor, kennen keine Umzinglungen und sind in der Regel nur aufgrund ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit eine Gefahr. Nur eine Sache machen sie wirklich gut: den Nahkampf. Kommt man ihnen zu nahe, zücken sie ihren Stromknüppel und da reicht meist ein Treffer für das Game Over. Außerdem schicken sie, wenn man sie im Griff hat, tatsächlich Strom über das Stahlseil – sehr fies. Und spätestens, wenn man im Archiv auf mehrere der schwer bewaffneten Grunts mit ihren MGs trifft, die ein gnadenloses Unterdrückungsfeuer aus der Distanz entfachen und dabei von einfachen Soldaten flankiert werden, kommt man auch endlich ins Schwitzen. 

Trotzdem spielen die Wummen und damit die klassische Projektilaction innerhalb der Kämpfe eher eine untergeordnete Rolle, weil sie gegenüber den physikalischen Möglichkeiten des Arms doch zu schwach sind; das ist eine gute Designentscheidung, denn sie zwingt zum kreativen Einsatz der vernichtenden Biotechnik. Und spätestens, wenn die fliegenden Biomechs zu zweit oder gar zu dritt heran rauschen, muss man auch mit einem durchschlagenden Raketenwerfer taktisch klug haushalten.

Allerdings ist es letztlich keine konsequente Designentscheidung, denn die Schusswaffen hätten für meinen Geschmack noch viel öfter ineffizient sein oder auf bessere Panzerung treffen müssen – dafür hätte es letztlich noch mehr Gegnertypen, noch mehr Bosskampfvielfalt gebraucht. Man kann z.B. auch überaus erfolgreich mit dem Scharfschützengewehr aus dem Hinterhalt feuern oder mit einer Ladung Schrot gleich mehrere Feinde flach legen, ohne dass die KI entsprechende Gegenmaßnahmen trifft. Aber immerhin ist Munition für bessere Waffen relativ rar gesät und erst der geschickte Einsatz des Greifhakens löst unterm Strich so manche knifflige Kampfsituation.

Akrobatik ist Trumpf

Altair lässt grüßen: Manchmal traut man seinen Augen kaum, wenn das Missionsziel irgendwo im Nichts liegt…

Richtig Spaß macht das Spiel ohnehin erst beim akrobatischen Duell aus der Distanz. Man kann Gegner anvisieren, sie greifen und dann verschiedene Manöver ausführen: Man kann sie fixieren und sich mit einem mächtigen Tritt an sie heran ziehen – das ist ideal, um sie über Abgründe zu schleudern. Oder man fixiert sie und hebt sie in die Luft, um sie dann entweder auf dem Boden zu zerschmettern oder wie ein Geschoss auf den nächsten Feind zu werfen. Vor allem, wenn man sich Felsen oder gar Autos schnappt, um sie durch die Luft zu schleudern – das kracht und hinterlässt meist nur Staub und Schrott.

Im Laufe des Spiels lernt Nathan noch einige weitere martialische Manöver, wenn er erfolgreich kleine Miniquests à la „Vernichte fünf Biomechs“ oder „Töte einen Gegner am Greifhaken aus Luft“ abschließt. Da wäre zum einen die Sprungattacke samt Bereichsschaden: Wenn man sich aus größerer Höhe fallen lässt und noch in der Luft einen Knopf betätigt, wird daraus ein mächtiges Stampfen, das alle Gegner in Sichtweite zu Boden wirft und sogar tötet. Hinzu kommt die wirkungsvolle Rundumattacke: Wenn Nathan seine Wutleiste durch erfolgreiche Angriffe aufgeladen hat, kann er mit seinem Stahlseil einmal um seine eigene Achse wirbeln und alle Gegner im Umkreis treffen – das ist ideal in den Gefechten, denn

man wird auch des Öfteren von einer Übermacht umzingelt.

Eine Welt am Abgrund

Im Gegensatz zu Spider-Man verlangt die offene Schwungphysik ein gutes Timing – dafür ist die Befriedigung um so größer, wenn man in einen Flow kommt.
Wie kommt Nathan überhaupt in dieses ganze Wurmschlamassel mit Game Over als ständigem Begleiter? Immerhin saß er vor kurzem noch als Krimineller in der Todeszelle. Aber nach einem Terroranschlag auf die Hauptstadt des Landes hat die Regierung ihn kurzerhand rehabilitiert. Und das, obwohl „Mutanten“ wie er mittlerweile von der Gesellschaft verspottet werden. Eigentlich hatte Nathan keine Lust auf die heuchlerische Heldenrolle, in die ihn jetzt jene zwingen wollen, die ihn damals verarscht haben.

Nathan wird mit der Aussicht erpresst, nach erfolgreichem Einsatz seine verschollene Frau Emely wieder sehen zu dürfen. Wer kann da schon Nein sagen? Leider wird dieses interessante Motiv letztlich viel zu selten eingeflochten, so dass man die Beziehung schwer einordnen kann. Der muskelbepackte Rastamann lässt sich jedenfalls grummelnd auf den Deal mit der Regierung ein und wird in deren Auftrag in die nahezu komplett zerstörte Hauptstadt Ascension City geflogen.