Die Entwicklung und die Charakterisierung Batmans kommen zu kurz: Das mag fürs Erzählerische gelten, spielerisch kommt die Fledermaus allerdings ganz groß raus! Denn obwohl er sein Repertoire an Aktionen und Hilfsmitteln nur behutsam aufstockt, sind das genau die Erweiterungen, die ihn zu einem besseren Helden machen. Rocksteady baut das mit Arkham Asylum geschaffene Fundament unheimlich geschickt aus. Kein Handgriff wirkt überflüssig, keiner scheint zu fehlen. Der Joker ist zurück. Welche Rolle spielt der fiese Clown im Plan von Hugo Strange?
Grundsätzlich ändert sich natürlich gar nichts. Noch immer bewegt sich Batman frei in der gesamten Spielwelt. Nur wenige Areale bleiben ihm so lange verschlossen, bis ihm die Handlung den notwendigen Einlass gewährt oder bis er das benötigte Werkzeug zum Erreichen des Eingangs erhalten hat. Wie auf der Gefängnisinsel muss der Maskenmann dabei kleine Rätsel lösen oder Geschicklichkeitstest bestehen. Feinde bekämpft er entweder im direkten Einer-gegen-Alle-Modus oder schaltet sie ähnlich lautlos aus wie es ein Sam Fisher tun würde. Letzteres ist immer dann wichtig, wenn viele Sträflinge Waffen tragen. Denn der Superheld ist verwundbar: So schnell und sicher er aus der Dunkelheit heraus Feinde ausschaltet, so wenig kann er gegen direktes Feuer ausrichten. Wo er im Vorgänger jedoch immer im Wechsel durch Räume mit bewaffneten Schurken schleichen und durch Gebiete mit unbewaffneten Bösewichten prügeln musste, verschmelzen beide Elemente diesmal.
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Und die Sträflinge haben dazu gelernt: Sie greifen vielseitiger an und verteidigen cleverer. Klar, der gewöhnliche unbewaffnete Handlanger kennt nach wie vor nur das Gliedmaßen-ins-Gesicht-Manöver, das ich mit einem Druck auf die Kontertaste jederzeit abwehre. Allerdings greift der gewöhnliche unbewaffnete Handlanger jetzt auch zu zweit oder zu dritt an. Dann muss ich den Konter zweimal oder dreimal auslösen – Batman knallt dann die Köpfe eines Duos nebeneinander auf den Boden oder wirbelt den Unglücksraben eines Trios im flächendeckenden Kreis herum. Er beherrscht etliche solcher Angriffe, die häufiger als zuletzt in Zeitlupe gefeiert werden. Und das hat viel mehr als einen augenscheinlichen Vorteil: Weil der Zähler für aneinander gereihte Attacken nicht so schnell zurückgesetzt wird, habe ich mehr Bedenkzeit für die nächste Aktion. Muss ich kontern? Kann ich zuschlagen? Soll ich einen mächtigen Spezialangriff ausführend und falls ja, welchen?
Werden die brachialen Prügeleien damit zum Kinderspiel? Ganz im Gegenteil. Weil einige starke Gegner neue Angriffe dazugelernt haben und weil ich einige von ihnen nur mit bestimmten Angriffen verletzen kann, muss ich viel genauer überlegen, welche der vielen möglichen Aktionen die richtige ist. Rocksteady opfert einen Teil der rasanten Action zugunsten taktischer Überlegungen – eine richtige Entscheidung! Auf ähnliche Art und Weise stärken sie auch das überlegte Vorgehen beim Schleichen. Zwar hat sich hier ebenfalls wenig verändert: Batman hangelt noch immer in der Dunkelheit hoher Decken und schlägt von oben blitzartig zu. Er überrascht Feinde, wenn er aus Lüftungsschächten hervor prescht oder sie durch zerstörbare Wände ausschaltet. Die Wachen sind diesmal aber aufmerksamer: Sie werfen nicht nur Granaten nach ihm und schießen Wasserspeier, an denen er entlang hangelt, einfach kaputt. Sie legen auch Minen aus und suchen in Lüftungsschächten nach ihm. Einige scannen sogar mit einem Wärmesensor die Wasserspeier. Auf der Gefängnisinsel konnte ich mich meist mit ein paar Hüpfern von einem Wasserspeier zum nächsten retten, wenn die Fledermaus entdeckt wurde. Diesmal ist es schwieriger. Diesmal muss Batman den ganzen Raum zu nutzen wissen. Auch das ist eine wichtige Erweiterung der taktischen Abwechslung. Schade nur, dass man nicht hinter jeder Ecke in Deckung gehen darf, um einen vorbeikommenden Insassen bewusstlos zu schlagen. Daran hätten die Entwickler denken sollen.
Batman: Arkham City (Action-Adventure) – Batman: Arkham City
Heilige Dollarnote! Für Arkham Asylum hatten die britischen Rocksteady
Studios zwar all ihre Leidenschaft für einen guten Comic zum Videospiel
gemacht. Doch selbst in London dürfte niemand den enormen Erfolg des
Abenteuers auf der Rechnung gehabt haben. Kein Wunder, dass sie Batman
erneut auf Schurkenjagd schicken – diesmal direkt in Gotham City. Der
Nachfolger ist größer, schöner und deutlich umfangreicher. Aber wurde er auch gut an die Bedürfnisse der PC-Superhelden angepasst?

© Rocksteady Studios / Warner Bros. Interactive Entertainment