BioShock oder was?
Im Vorfeld machte Atomic Heart vor allem durch das Design seiner Spielwelt auf sich aufmerksam: die Farben, die glänzenden Roboter, der Retro-Chique. Dazu kommen dicke Wummen aus Ego-Sicht und mächtige Fähigkeiten, die den Handflächen des Protagonisten entspringen – fertig ist natürlich sofort die Mär vom „neuen BioShock„. Doch ist da was dran? Jein! Mit den Blitz- oder Telekinese-Gimmicks, die ihr neben bleihaltiger Munition im Kampf nutzt, hält tatsächlich ein Hauch von BioShock Einzug. Gleichzeitig weckt der regelmäßige Einsatz von fiesen Äxten, Macheten oder Keulen aber Erinnerungen an Dying Light 2. Half-Life 2-Veteranen wiederum denken beim Spaziergang in der halboffenen Spielwelt schon mal an City 17 samt Umland – und die teils sehr umfangreichen unterirdischen Komplexe mit ihren vielen Rätselmechanismen haben durchaus einen Touch der Zelda-Dungeons mit auf den Weg bekommen. Atomic Heart geizt also nicht damit, Versatzstücke aus großen Spielemarken zu verbauen – dabei entsteht aber ein reizvolles und durchaus einzigartiges Ganzes, das auch ganz gut ohne das Label „BioShock-Killer aus Russland“ auskommt.
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Gespielt wird ausschließlich in Ego-Sicht, eure Figur bewegt sich recht behäbig, kann aber mit schnellen Dash-Manövern im Kampf ausweichen. In den – je nach Spielstil – 30 bis 40% der gesamten Spielzeit, die man unter freiem Himmel verbringt, könnt ihr größere Entfernungen mit kleinen roten PKWs zurücklegen – die Karren steuern sich gut, überfahren kleine Robos im Nu, geraten aber sofort in Brand, wenn ihr ein Bäumchen oder die Leitplanke touchiert. Dabei sprechen wir übrigens immer von mehreren hundert Metern Fahrt – Atomic Heart ist kein echter Open-World-Shooter mit gigantischer Far Cry-Spielwelt. Mit überschaubar viel Munition im (begrenzten) Inventar ausgestattet, leuchtet man den mechanischen Antagonisten auf vielfältige Art und Weise heim: Raketenwerfer, Kalaschnikow, Pistole, Shotgun & Co. sorgen für ordentlich Schaden – vor allem das MG fühlt sich aber nicht ansatzweise so präzise und druckvoll an, wie man das heutzutage von CoD & Co. gewöhnt ist. Auch in puncto Trefferfeedback reagieren die Blechbuben unter Beschuss nicht so deutlich, wie ich es mir gewünscht hätte. Axt, Morgenstern und weitere Totschläger sind eine willkommene Art, Munition zu sparen – es gibt sogar alternative Schlagmodi, nur leider keine Option, die massiven Waffen (wie in Dying Light 2) zum Blocken von Nahkampfangriffen zu nutzen.
Hex, hex
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Neben der Schock-Fähigkeit, die kleine Blitze aus eurer linken Hand fahren lässt (was vor allem zum Bedienen von Schaltern eingesetzt wird) gibt es eine Handvoll nützlicher Gimmicks, die euch im Kampf zu einer Art Cyber-Magier machen: Per Telekinese-Griff könnt ihr z. B. Feinde mit der linken Hand in die Luft heben, dort festhalten und eifrig per Schusswaffe malträtieren – oder ihr lasst sie krachend auf den Boden rauschen. Beides sieht cool aus und fühlt sich auch gut an. Weniger kraftvoll scheint zunächst eine Art Polymer-Schaum, den ihr auf Feinde und Objekte schießen könnt – doch das Tool hat es in sich: Damit dürft ihr Gegner massiv verlangsamen und sogar an den Boden kleben, zudem könnt ihr den Schaum mit Elementar-Kräften versehen und so effektive Blitz-, Feuer- oder Eisbarrieren bauen. Diese drei Elemente kann man, leider recht umständlich, als Kartuschen übrigens auch seinen Schusswaffen hinzufügen – kreative Ego-Shooter-Spieler haben also einiges zum Ausprobieren und Herumexperimentieren. Sämtliche Fähigkeiten (darunter z. B. ein Schild sowie ein frostiger Eishauch) können stets kostenlos zurückgesetzt und die dafür nötigen Punkte neu verteilt werden.
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Das geschieht an roten Schaltschränken, die an eine Kühl-Gefrier-Kombi im Retro-Stil erinnern – meist findet ihr sie neben den Speicherstationen. Ja, es gibt zwar einige zusätzliche Checkpoints z. B. bei Bosskämpfen, ihr solltet euren Spielstand jedoch regelmäßig an diesen Stationen manuell speichern. Doch zurück zu den Upgrade-Schränken: Dort kauft man Waffen (nachdem man Baupläne gefunden hat), verschiebt Dinge aus dem Inventar ins Lager oder zerlegt nicht benötigte Dinge – ich empfehle euch dringend, letztere Option zu nutzen, so kommt ihr bedeutend schneller an die Ressourcen für Dinge, die ihr wirklich haben wollt. Klug ist, dass in den Welten aufgesammelte Sachen – das Auflesen funktioniert wunderbar angenehm per Ansaug-Handschuh-Move – bei vollem Inventar automatisch ins Lager wandern; weniger cool ist, dass das auch mit neu gebauten Knarren passiert – ich hab‘ ein paar Mal recht dumm geschaut, wo meine neue Wumme abgeblieben ist. Kurz vor dem Bosskampf mit dem Kampfroboter „Igelchen“ erlaubte mir das Spiel zudem partout nicht, eine mächtige Polymer-Knarre zu erwerben – vor lauter Schreck stürzte Atomic Heart bei jedem Kaufversuch ab.
Power of the Polymer
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Generell hat der fast durchsichtige Glibber, der nicht nur in euren Fähigkeiten zum Einsatz kommt, sondern auch in der Spielwelt in größeren oder kleineren Pfützen und Gebilden auftaucht, eine wichtige Bedeutung: Zum einen für die Story, weil diese wissenschaftliche Errungenschaft die Basis für den Technik-Aufschwung der Sowjets bildete, zum anderen in spielerischer Hinsicht – denn ihr könnt in den Glibber eintauchen und dort herumschwimmen. Weil das Polymer stabile Strukturen bildet, ist es z. B. möglich, auf diese Weise durchs Fenster im ersten Stock eines ansonsten verschlossenen Gebäudes zu gelangen. Das Ganze ist nicht so gut ausgearbeitet und elementar in den Spielablauf eingebunden wie bei Prey, dennoch passt das Konzept zur schrägen Spielwelt und eröffnet ein paar zusätzliche Optionen.