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Atomic Heart (Shooter) – BioShock aus Russland?

Am heutigen Dienstag erscheint der Ego-Shooter Atomic Heart, nach über fünfjähriger Entwicklungszeit und mehreren Verschiebungen. Trotz reichlich Trailer-Material in den letzten Monaten ist das ambitionierte Actionspiel für viele Interessierte immer noch eine Black Box – in unserem Test räumen wir mit den Vermutungen auf und analysieren, was das Spiel richtig gut macht und wo es sich Patzer leistet. Außerdem spüren wir der Frage nach, die aktuell viele Menschen beschäftigt: Kann man sich dieses Spiel made in Russia guten Gewissens kaufen? Wir erklären euch, warum 4Players deshalb auf eine Spielspaß-Wertung verzichtet.

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BioShock oder was?

Im Vorfeld machte Atomic Heart vor allem durch das Design seiner Spielwelt auf sich aufmerksam: die Farben, die glänzenden Roboter, der Retro-Chique. Dazu kommen dicke Wummen aus Ego-Sicht und mächtige Fähigkeiten, die den Handflächen des Protagonisten entspringen – fertig ist natürlich sofort die Mär vom „neuen BioShock„. Doch ist da was dran? Jein! Mit den Blitz- oder Telekinese-Gimmicks, die ihr neben bleihaltiger Munition im Kampf nutzt, hält tatsächlich ein Hauch von BioShock Einzug. Gleichzeitig weckt der regelmäßige Einsatz von fiesen Äxten, Macheten oder Keulen aber Erinnerungen an Dying Light 2. Half-Life 2-Veteranen wiederum denken beim Spaziergang in der halboffenen Spielwelt schon mal an City 17 samt Umland – und die teils sehr umfangreichen unterirdischen Komplexe mit ihren vielen Rätselmechanismen haben durchaus einen Touch der Zelda-Dungeons mit auf den Weg bekommen. Atomic Heart geizt also nicht damit, Versatzstücke aus großen Spielemarken zu verbauen – dabei entsteht aber ein reizvolles und durchaus einzigartiges Ganzes, das auch ganz gut ohne das Label „BioShock-Killer aus Russland“ auskommt.

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Köpfchen gefragt: Euer smarter Handschuh kann viele Dinge erledigen, zum Beispiel beim Lösen von Rätseln helfen. © 4P/Screenshot

Gespielt wird ausschließlich in Ego-Sicht, eure Figur bewegt sich recht behäbig, kann aber mit schnellen Dash-Manövern im Kampf ausweichen. In den – je nach Spielstil – 30 bis 40% der gesamten Spielzeit, die man unter freiem Himmel verbringt, könnt ihr größere Entfernungen mit kleinen roten PKWs zurücklegen – die Karren steuern sich gut, überfahren kleine Robos im Nu, geraten aber sofort in Brand, wenn ihr ein Bäumchen oder die Leitplanke touchiert. Dabei sprechen wir übrigens immer von mehreren hundert Metern Fahrt – Atomic Heart ist kein echter Open-World-Shooter mit gigantischer Far Cry-Spielwelt. Mit überschaubar viel Munition im (begrenzten) Inventar ausgestattet, leuchtet man den mechanischen Antagonisten auf vielfältige Art und Weise heim: Raketenwerfer, Kalaschnikow, Pistole, Shotgun & Co. sorgen für ordentlich Schaden – vor allem das MG fühlt sich aber nicht ansatzweise so präzise und druckvoll an, wie man das heutzutage von CoD & Co. gewöhnt ist. Auch in puncto Trefferfeedback reagieren die Blechbuben unter Beschuss nicht so deutlich, wie ich es mir gewünscht hätte. Axt, Morgenstern und weitere Totschläger sind eine willkommene Art, Munition zu sparen – es gibt sogar alternative Schlagmodi, nur leider keine Option, die massiven Waffen (wie in Dying Light 2) zum Blocken von Nahkampfangriffen zu nutzen.

Hex, hex


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Bisschen Portal am Start: Die Denkaufgaben in den Story-Dungeons sind meist fair, und manchmal fordernd. © 4P/Screenshot

Neben der Schock-Fähigkeit, die kleine Blitze aus eurer linken Hand fahren lässt (was vor allem zum Bedienen von Schaltern eingesetzt wird) gibt es eine Handvoll nützlicher Gimmicks, die euch im Kampf zu einer Art Cyber-Magier machen: Per Telekinese-Griff könnt ihr z. B. Feinde mit der linken Hand in die Luft heben, dort festhalten und eifrig per Schusswaffe malträtieren – oder ihr lasst sie krachend auf den Boden rauschen. Beides sieht cool aus und fühlt sich auch gut an. Weniger kraftvoll scheint zunächst eine Art Polymer-Schaum, den ihr auf Feinde und Objekte schießen könnt – doch das Tool hat es in sich: Damit dürft ihr Gegner massiv verlangsamen und sogar an den Boden kleben, zudem könnt ihr den Schaum mit Elementar-Kräften versehen und so effektive Blitz-, Feuer- oder Eisbarrieren bauen. Diese drei Elemente kann man, leider recht umständlich, als Kartuschen übrigens auch seinen Schusswaffen hinzufügen – kreative Ego-Shooter-Spieler haben also einiges zum Ausprobieren und Herumexperimentieren. Sämtliche Fähigkeiten (darunter z. B. ein Schild sowie ein frostiger Eishauch) können stets kostenlos zurückgesetzt und die dafür nötigen Punkte neu verteilt werden.

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Dicke Wummen gegen aggressive Roboter – mit diesen Worten lässt sich die Action in der Oberwelt gut zusammenfassen. © 4P/Screenshot

Das geschieht an roten Schaltschränken, die an eine Kühl-Gefrier-Kombi im Retro-Stil erinnern – meist findet ihr sie neben den Speicherstationen. Ja, es gibt zwar einige zusätzliche Checkpoints z. B. bei Bosskämpfen, ihr solltet euren Spielstand jedoch regelmäßig an diesen Stationen manuell speichern. Doch zurück zu den Upgrade-Schränken: Dort kauft man Waffen (nachdem man Baupläne gefunden hat), verschiebt Dinge aus dem Inventar ins Lager oder zerlegt nicht benötigte Dinge – ich empfehle euch dringend, letztere Option zu nutzen, so kommt ihr bedeutend schneller an die Ressourcen für Dinge, die ihr wirklich haben wollt. Klug ist, dass in den Welten aufgesammelte Sachen – das Auflesen funktioniert wunderbar angenehm per Ansaug-Handschuh-Move – bei vollem Inventar automatisch ins Lager wandern; weniger cool ist, dass das auch mit neu gebauten Knarren passiert – ich hab‘ ein paar Mal recht dumm geschaut, wo meine neue Wumme abgeblieben ist. Kurz vor dem Bosskampf mit dem Kampfroboter „Igelchen“ erlaubte mir das Spiel zudem partout nicht, eine mächtige Polymer-Knarre zu erwerben – vor lauter Schreck stürzte Atomic Heart bei jedem Kaufversuch ab.

Power of the Polymer


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Schwimmen im Polymer: Der Glibber sieht nicht nur schick aus, sondern führt euch auch an höhere Stellen. © 4P/Screenshot

Generell hat der fast durchsichtige Glibber, der nicht nur in euren Fähigkeiten zum Einsatz kommt, sondern auch in der Spielwelt in größeren oder kleineren Pfützen und Gebilden auftaucht, eine wichtige Bedeutung: Zum einen für die Story, weil diese wissenschaftliche Errungenschaft die Basis für den Technik-Aufschwung der Sowjets bildete, zum anderen in spielerischer Hinsicht – denn ihr könnt in den Glibber eintauchen und dort herumschwimmen. Weil das Polymer stabile Strukturen bildet, ist es z. B. möglich, auf diese Weise durchs Fenster im ersten Stock eines ansonsten verschlossenen Gebäudes zu gelangen. Das Ganze ist nicht so gut ausgearbeitet und elementar in den Spielablauf eingebunden wie bei Prey, dennoch passt das Konzept zur schrägen Spielwelt und eröffnet ein paar zusätzliche Optionen.

Kommentare

100 Kommentare

  1. ray2077 hat geschrieben: 07.03.2023 20:25 Es ist ein sehr geiles Spiel, wenngleich ich anfangs nicht gewusst habe ob ich es mir kaufen werde. Anfänglich nach diesen Vorwürfen von allen Seiten, weil sich Mundfish nicht klar gegen den Angriffskrieg geäußert hatte ...
    Sie haben sich dazu geäußert und ich verstehe dieses vorsichtige Statement. Wenn man bedenkt, dass diese Leute in Russland angehörige haben und dieses Damoklesschwert über ihnen schwebt, bei zu scharfer Kritik mit Gefängnis und schlimmeren zu rechnen haben.
    Nun ein geiles erfrischendes Game mit BioShock Déjà-vu ohne geklont zu wirken. Gute Ideen, spannende missionen eun Rätsel/Geschicklichkeitseinlagen.
    Kann ich jedem nur empfehlen der BioShock geliebt hat 👍
    Weil ich bis vor kurzem ähnlich dachte... Hier etwas background
    Khorneblume hat geschrieben: 27.02.2023 14:53 Auch die FAZ hat sich Atomic Heart mal gewidmet. Neben dem schon bekannten Wirbel um Ostereier und den Sitz in Moskau, wird nun auch eine Verbindung zu Gazprom aufgedeckt:
    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/ ... 02743.html
    Hab ruhig weiter Spaß am Spiel (kein Sarkasmus)... Aber kenn trotzdem die Hintergründe.
    Edit:
    FAZ Artikel inzwischen hinter bezahlschranke... Drum:
    https://www.golem.de/news/atomic-heart- ... 72165.html

  2. Es ist ein sehr geiles Spiel, wenngleich ich anfangs nicht gewusst habe ob ich es mir kaufen werde. Anfänglich nach diesen Vorwürfen von allen Seiten, weil sich Mundfish nicht klar gegen den Angriffskrieg geäußert hatte ...
    Sie haben sich dazu geäußert und ich verstehe dieses vorsichtige Statement. Wenn man bedenkt, dass diese Leute in Russland angehörige haben und dieses Damoklesschwert über ihnen schwebt, bei zu scharfer Kritik mit Gefängnis und schlimmeren zu rechnen haben.
    Nun ein geiles erfrischendes Game mit BioShock Déjà-vu ohne geklont zu wirken. Gute Ideen, spannende missionen eun Rätsel/Geschicklichkeitseinlagen.
    Kann ich jedem nur empfehlen der BioShock geliebt hat 👍

  3. Ich muss aufhören Spiele zum vollen Preis zu kaufen. Da schiesst man mal 20 EUR in den Wind. Für dies Gerät hier hät ich aber gern 20 EUR Schadenersatz. Hab mich durch das unvermeidliche extralange Startblablubb mit pseudolustigen Sachen und einer unnötig ausgewalzten lang bekannten Bioshock/Prey-Geschichte gequält um dann absolut hässliche Gegner extrem unlustigen Kampf schlechtesgelöster Steuerung ever (Halten Sie L3 für Hexersicht, äh Scan wasweisich - Ja wir alle lieben L3) zu finden. Man könnte meinen Mundfish wär ne Tarnfirma der CIA um mal so richtig Zorn auf Russland zu schüren.
    Ich glaub ich spiel jetzt einfach nochmal Prey. Mir fehlt noch die Trophäe für ohne Kräfte.

  4. hat mich mittlerweile leider komplett verloren, schade :cry:
    die Open World und deren Belanglosigkeit macht (wie so oft) alles kaputt
    die Testgelände sind öde, aber mehr oder weniger notwendig - man verliert komplett den roten Faden einer ohnehin nur mäßig interessanten Story und verwickelt sich in immer gleichen, mega ätzenden Magnet-Spielereien
    die Gegner verlieren leider auch schnell ihre Faszination, da es gefühlt nur 3 verschiedene gibt
    manche Bossfights sind aber wirklich rein von der Choreographie her bemerkenswert
    als linearer Titel hätte es Bioshock das Wasser reichen können, aber man musste ja wieder einen auf Ubisoft machen und alles unnötig strecken
    wirklich wirklich schade, denn der Ersteindruck war richtig klasse - weniger wäre mehr gewesen :?
    und wer auch immer auf diese Reparaturdrohnen kam durch die man keinen Feind los wird - schäm dich, schäm dich richtig
    sehr bedauerlich dass die Motivationskurve derart schnell abfiel

  5. starhorst hat geschrieben: 22.02.2023 15:35
    MikeimInternet hat geschrieben: 22.02.2023 15:03 Ich komme darauf, weil ich nach langer Zeit Bioshock Infinite spiele und wieder sehr beeindruckt von dem Spiel bin. Will sagen, wer vielleicht an Atomic Heart interessiert ist, aber aus Gründen das Spiel nicht kaufen will und zudem Bioshock Infinite noch nicht gespielt hat, findet in diesem Klassiker eine tolle Alternative für kleines Geld.
    Kann an der Stelle auch "Prey" empfehlen. Hab ich jetzt vor kurzem das erste mal gespielt und war begeistert. Erinnerte mich vom Stil her auch etwas an Bioshock.
    Aus irgendeinem Grund habe ich den Anfang des Spiels zweimal nicht überwunden. Bin mir nicht mehr sicher woran es lag. Vielleicht an komischen Waffen ?

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