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Assassin’s Creed 2 (Action-Adventure) – Assassin’s Creed 2

Vor gut zwei Jahren ist Ubisoft mit Assassin’s Creed ein Wagnis eingegangen: Mit der Produzentin Jade Raymond am Ruder, die im Vorfeld mehr Aufmerksamkeit auf sich zog als das eigentliche Spiel, wurde im wichtigen Weihnachtsgeschäft eine brandneue Marke veröffentlicht. Der Mut zur historischen Zeitreise sollte sich auszahlen: Mit annähernd zehn Millionen verkauften Spielen wurde aus dem Abenteuer ein Erfolg. Allerdings schwankte die internationale Kritik zwischen Mittelmaß und Bestnoten, denn das Spieldesign rund um den eleganten Meuchelmörder hatte seine Schwächen. Können die Entwickler diesmal alle überzeugen?

© Ubisoft Montreal / Ubisoft

Viel drum, wenig dran

Dass man sich weg vom Abenteuerspielplatz hin zu vor allem architektonisch spektakulären Schauplätzen entwickelt hat, bedeutet nicht, dass es abseits der gut 17 bis 20 Stunden in Anspruch nehmenden Hauptstory nichts zu tun gibt. Ganz im Gegenteil: Die meisten der im Vorgänger noch zwingend benötigten Nebenmissionen wie Rennen, Auftragsmorde usw. sind jetzt optional verfügbar, um sich entweder die Zeit zu vertreiben oder aber den Inhalt seiner Geldbörse aufzustocken.
Nicht nur das: Die Sammelaufgaben, die im Vorgänger sehr unglaubwürdig wirkten (sammle 100 Flaggen hier, sammle 100 Flaggen da), wurden besser in die Geschichte integriert und sind motivierender.

Bei Händlern gibt es nicht nur Kunstwerke für die eigene Villa, sondern auch allerlei Nützliches wie verbesserte Waffen und Rüstungen zu erstehen.

So gibt es z.B. immer wieder so genannte Glyphen zu finden, die zwar für den Hauptstrang der Geschichte nicht wichtig sind, die aber eine Verbindung zur Gegenwart Desmonds bzw. dem Relikt herstellen, dem sowohl die Assassinen als auch die Templer auf der Spur sind. Gleichzeitig werden sie genutzt, um die Action mit nicht gerade fordernden, aber interessanten Rätseln aufzulockern. Mal müssen Gemälde richtig zusammengesetzt werden, ein anderes Mal Gemeinsamkeiten entdeckt und dann wiederum quasi mit Infrarot durchleuchtet werden, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen.

Unter Tage nichts Neues

Aber ausgerechnet eine der größten Neuerungen schafft es nicht, Faszination zu entfachen: Insgesamt sechs außerhalb der Hauptstory liegende Gewölbe gibt es zu erforschen, die teils unter-, teils oberirdische, mitunter auch mit Wachen und Schaltern gefüllte Räumlichkeiten offenbaren. Klingt auf Anhieb gar nicht mal so schlecht. Doch da es sich in der Umsetzung letztlich nur um eine weitere Variation alter Elemente handelt, die man auch in den „regulären“ Städten erleben kann und zudem die Illusion einer „Welt“ unter den Städten überhaupt nicht entsteht, wirken diese „Dungeons“ vollkommen aufgesetzt.

Man hätte hier die Möglichkeit gehabt, z.B. alternative Fluchtrouten anzubieten, die wirkungsvoller, aber z.B. mit Fallen auch ungleich gefährlicher hätten sein können als die Flucht über die Straßen und Dächer. Stattdessen bekommt man das gleiche Klettern und das gleiche Kämpfen wie „draußen“ – einzig die Schalter, die eine Tür öffnen, die man erreichen muss, bevor das Zeitlimit abläuft, sind anders. Ubisoft scheitert daran, eine glaubwürdige Unterwelt mit eigenen Gesetzen zu inszenieren oder hier ein frisches Spielgefühl anzubieten, das akrobatischer, geheimnisvoller oder gefährlicher ist.

Renaissance Manager

Auch die offensichtlich aus GTA Vice City entliehene Möglichkeit, sich als Geschäftsmann zu verdingen, kann nur anfänglich 

Die neuen Rauchbomben sind nicht nur ein probates Mittel, um Verfolger aufzuhalten – in der Verwirrung kann man auch mit seinen Doppelklingen die Runde machen und die Gegner unbeobachtet dezimieren.

überraschen. Es entfacht natürlich einen gewissen Reiz, die Wirtschaft eines kleinen Provinzdorfes anzukurbeln, indem man einen Architekten mit Verbesserungen der Infrastruktur sowie dem Ausbau der vorhandenen Geschäfte beauftragt. Zumal man auch direkt daraus Profit schlägt: Einerseits, indem die Geschäfte einem je nach Ausbaustand Rabatte gewähren. Andererseits, da der Tourismus durch die Verbesserungen angekurbelt wird und man daran partizipiert. Auch die Gemälde, die man überall kaufen kann und die in der als zentraler Treffpunkt dienenden Villa aufgehängt werden, sorgen dafür, dass der Wert der Stadt und damit die Einnahmen steigen.

Das Problem: Geld hat irgendwann keine Bedeutung mehr. Wieso sollte Ezio die zahlreich in den Städten verteilten Schatzkistchen ausräumen, wenn er mit einem Besuch in der Villa und dem Leeren seiner Schatulle ungleich schneller reich werden kann? Zumal man das Geld ohnehin meist nur nutzt, um seinen Medizin- oder Giftvorrat aufzustocken. Zwar wird einem auch geraten, sich neue Waffen mit verbesserten Eigenschaften oder eine bessere Rüstung zu kaufen. Da die Kämpfe aber auch mit den Standardklingen zu bewältigen sind und ggf. nur etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen als mit einer stärkeren Waffe, wird das Potenzial auch hier nicht ausgeschöpft.

Wie übrigens auch in den Nebenmissionen, die mehr als nur ein unterhaltsamer Zeitvertreib hätten sein können: So etwa, wenn man nach einem erledigten Attentat von seinem Auftraggeber nicht nur einen Batzen Geld, sondern z.B. einen Plan bekäme, auf dem man postierte Wachen sieht, so dass man ihnen im Vorfeld aus dem Weg gehen könnte. So bieten die 

verschiedenen Aufträge leider „nur“ eine nette kleine Anekdote der Auftraggeber, die allerdings hilft, der italienischen Renaissance etwas Leben einzuhauchen.

Klettern auf Schienen 2.0

Die Aussicht ist faszinierend, das Klettern zu automatisch und zu leicht.
Das Klettern im Vorgänger hinterließ ein zwiespältiges Gefühl. Auf der einen Seite war es ein erhebendes Gefühl, immer höhere Türme zu erklimmen, die Aussicht zu genießen oder bei den intensiven Fluchtversuchen geschickt wie eine Katze und ohne Unterbrechung von Vorsprung zu Vorsprung, von Dach zu Dach oder von Balken zu Balken zu hüpfen. Doch irgendwann wurde klar, dass die auf Automatismen und einfachste Bedienung zugeschnitte Sprung- und Klettermechanik sich dem cineastischen Erlebnis unterordnen musste, das man kreieren wollte, anstatt auf lange Sicht auch spielerische Höhepunkte zu setzen. Das machte die aus den Klettereien resultierende Aussicht nicht weniger spektakulär, aber ich wünschte mir schon im Vorgänger mehr Herausforderung.

Die gibt es in AC2 – allerdings leider nicht so konsequent und weitreichend, wie ich es mir vorgestellt hatte. Denn im Wesentlichen klettert Ezio die italienische Architektur ebenso frisch, fromm, fröhlich und frei sowie mit minimalem Einsatz  empor. Es wird zwar eine  neue Mechanik eingeführt, die geringfügiges Timing erfordert, um höhere Sprünge von Stein zu Stein einzuleiten, die ab und an sogar eingesetzt werden muss, um weiterzukommen. Doch gibt es dadurch keine grundsätzliche Änderung des Spielgefühls.