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Where the Water Tastes Like Wine (Adventure) – Stille Post

Die Vereinigten Staaten Mitte der 30er Jahre: Die Golden Gate Bridgeist gerade im Entstehen, die Große Depression hat eine weltweiteWirtschaftskrise ausgelöst, in den USA sind ein Viertel aller Menschenarbeitslos. Das ist die Bühne, auf der Johnnemann Nordhagen über dieMythen und Legenden erzählt, von denen ‘Merica getragen wurde. Bei seinem Erscheinen auf PC war Where theWater Tastes Like Wine ein Spiel wie kein zweites – trifft das auch auf die Umsetzungen für PlayStation 4 und Nintendo Switch zu?

© Dim Bulb Games / Serenity Forge / Good Shepherd Entertainment

Vergissmeinnicht

Zwei geschickte Kniffe unterstreichen dabei das Thema des Spiels auf clevere Art. Zum einen werden die Geschichten im Inventar zwar unter ihrem ausführlichen Titel abgelegt, komplett nachlesen kann man sie aber nicht. Zum anderen sind sie in Kategorien unterteilt, die recht wenig mit der emotionalen Wirkung zu tun haben, die sich ein Gesprächspartner am Lagerfeuer erhofft. An Einzelheiten muss man sich daher selbst erinnern.

Man kennt das: Manche davon bleiben besser im Gedächtnis als andere, einige verschwinden sogar – was spätestens dann interessant wird, wenn der Titel längst ein anderer ist, weil sich die Geschichte im Laufe der Zeit ja verändert hat. Oder… hieß diese hier nicht schon immer so?


Und so liest man nicht nur davon, dass sich Erlebnisse beim Hörensagen verändern. Man spürt auch, warum das geschieht. Man trägt selbst dazu bei, dass sich eine alltägliche Begebenheit zum verschwommenen Zerrbild verändert und versteht, wie sie zum Mythos werden kann. Klasse, dass Nordhagen diese Veränderung so überzeugend vor Augen führt!

Nicht jede Geschichte zählt

Genau deshalb ist es allerdings auch schade, dass die Unterhaltungen mit den 16 Figuren am Lagerfeuer nicht wie glaubwürdige Unterhaltungen ablaufen, sondern im Wesentlichen daraus bestehen, eine richtige Geschichte nach der anderen anzuklicken. Erschwerend kommt hinzu, dass man nicht alle Erzählungen bei jedem Plausch verwenden darf, sondern nur eine begrenzte Auswahl aktuell aktiver. Bevor man sich an ein Feuer setzt, muss man also anhalten, um zu überlegen, welche Geschichten die dort sitzende Person schon kennt und welche Art von Erzählungen sie gerne hört – was ein ebenso spaßfreier wie langwieriger Vorgang ist.

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Passend: Wandern für unterwegs. Auch auf Switch hört und liest man die abwechslungsreichen Geschichten. © 4P/Screenshot

Dummerweise wird man dadurch ausgerechnet beim Komplettieren der 16 zentralen Geschichten zu einem lustlosen Abarbeiten motiviert. Denn wer merkt sich schon, welcher NPC was bereits gehört hat – und wozu sollte man sich die Mühe machen, wenn es einfacher geht? „Besser“ läuft man nämlich zum Lagerfeuer, an dem sich ein Gesprächspartner als nächstes angekündigt hat, wechselt die aktiven Geschichten, feuert sie ab und wiederholt das Ganze, bis man alles aus der jeweiligen Person herausgeholt hat. Dieses Vorgehen dürfte nicht im Sinne des Erfinders sein.

Glück im Unglück: Man muss das nicht tun. Zumal man es leichter hat, wenn man bald ausreichend viele der 16 Hauptfiguren getroffen hat. Denn deren Geschichten haben immer den von einem Gesprächspartner gewünschten Effekt. Trotzdem hätte es dem Abenteuer gutgetan, wenn Nordhagen nicht auf diese Weise zum Abklappern des roten Fadens animiert hätte.

Laut, leise und zurück

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Die Switch-Version wurde allerdings nicht an die Besonderheiten der Hardware angepasst. Die Texte wurden etwa viel zu klein belassen. © 4P/Screenshot

Ein Wort schließlich zu den technischen Besonderheiten der Konsolenumsetzungen, die Nordhagens Studio nicht selbst vorgenommen hat, sondern bei DO Games (Xeno Crisis, Shikhondo) entstanden. Grundsätzlich gibt es daran nichts zu beanstanten – nur die Switch-Fassung leidet einmal mehr darunter, dass die Entwickler einige Besonderheiten der Konsole einfach ignorieren. So sind die Texte dank des unverändert übernommenen Verhältnisses von Schrift und Bild dermaßen klein, dass man beim Spielen im Handheld-Modus spätestens dann ins Schwitzen kommt, wenn man auf deutsche Untertitel angewiesen ist. Auf auch im Original nicht eingesprochene Texte trifft das natürlich ebenfalls zu.


Die niedrigere Bildrate stört beim gemütlichen Wandern hingegen nicht – der schwankende Lautstärkepegel, mit dem sich unterschiedliche Charaktere zu Wort melden, allerdings schon. Beim Benutzen von Kopfhörern muss man deshalb mitunter die Lautstärke anpassen. Und apropos: Will man im Menü verschiedene Einstellungen ändern, ist kaum erkennbar, auf welchem Menüpunkt man sich gerade befindet. All das schadet dem Spiel weniger drastisch als andere Umsetzungen – ärgerliche und vor allem leicht vermeidbare Einschnitte sind es aber allemal.