Wenn sich jemand mit leicht zugänglichen Rhythmus-Konzepten auskennt, dann Harmonix – und natürlich Künstler, die mal bei Harmonix beschäftigt waren. Wie z.B. Brian Gibson, eine Hälfte des für Thumper verantwortlichen Teams von Drool. Er hat u.a. an Guitar Hero, Rock Band und Amplitude mitgearbeitet. Und eine gewisse Ähnlichkeit mit Letzterem ist nicht von der Hand zu weisen. Denn hier steuert man eine Art Chromkäfer auf einem rasend schnellen Highway durch neun Levels, die in jeweils 20 bis 30 Segmente unterteilt sind.
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Wobei „steuern“ leicht übertrieben ist. Denn das merkwürdige Wesen bewegt sich von alleine. Man hat nur die Möglichkeit, per X und dem Analogstick bzw. Digipad einzugreifen, um z.B. Hindernissen auszuweichen, sich in die Kurven zu legen oder Geschosse postwendend zum Absender zurückzujagen. Das alles muss aber im Rhythmus der Musik passieren, deren elektronische Beats am besten per Kopfhörer genossen werden sollten. Klingt einfach? Ist es auch. Zumindest theoretisch. Praktisch hingegen stellt man spätestens ab dem dritten der neun Abschnitte fest, wieso Drool bei der Beschreibung „Rhythm Violence“ als Marschrichtung ausgegeben hat. Denn schon das pure Überleben wird zu einer enormen Herausforderung.
Nur noch ein Versuch…
Lange Kurven, kurze Richtungswechsel, Sprünge, Hindernisse, später auch noch Spurwechsel und das alles mitunter in einem frenetischen Tempo bringen das Adrenalin in Wallung. Gleichzeitig werden sowohl Konzentrations-Fähigkeit als auch Hand-Auge-Ohr-Koordination auf eine harte Probe gestellt, die mitunter unschaffbar scheint. Fünf Versuche. Zehn. 15. Oder noch mehr. Wer schnell frustriert, sollte nach Level 1 mit all seinen Segmenten das Pad gut wegschließen. Doch wer sich nicht so leicht vom Zweifel an den eigenen Fähigkeiten besiegen lässt, wird feststellen, dass man immer wieder dem ominösen Satz „Nur noch einen Versuch, du kannst es schaffen“ als autosuggestivem Mantra folgt, bis man das jeweilige Segment hinter
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sich gebracht hat. Ich wiederhole: Das Segment, nicht das gesamte Level. Glücklicherweise bedeutet nicht jeder Fehler automatisch das Aus. Denn zuerst verliert man eine Art Schild, das man zu Beginn eines neuen Segments wieder aufladen kann, wenn man die Markierung nicht verfehlt.
Ganz harte Rhythmus-Veteranen werden zudem versuchen, in jedem Abschnitt eine „S“-Wertung zu bekommen – was im Normalfall eine weitgehend fehlerfreie Leistung bedingt. Ich war irgendwann einfach nur noch froh, durchzukommen. Punktzahlen wurden (zumindest beim ersten Durchlauf) zur Nebensache – ebenso wie die stylische, aber weitgehend spartanische Kulisse, die auf klare metallische Strukturen und Geschwindigkeit anstatt Polygon-Pomp und Schnörkeln setzt. Schade ist allerdings, dass bestimmte Mechaniken nicht erwähnt werden und man nur mehr oder weniger durch Probieren (oder die große weite Welt des Internet) auf die Lösung kommt. Denn mir wird zwar erklärt, dass ich an bestimmten Stellen springen und mit dem Chromkäfer kurzzeitig abheben kann. Dass ein längerer Druck auf die X-Taste allerdings auch eine längere Sprungphase bedeutet, sollte mir eigentlich nicht neu sein. Dennoch hat es etwas länger gedauert, bis mir die Idee kam, auf der Taste zu verharren.
Besser in VR?
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Es ist nur ein kleiner Punkt im Hauptmenü: VR-Modus. Doch diese Auswahl hat entscheidende Auswirkungen auf die Wahrnehmung und gefühlt sogar auf den Schwierigkeitsgrad. Und wer glaubt, dass die rasante, mit treibender Musik unterlegte Achterbahnfahrt für Bewegungskrankheit sorgen würde: Fehlanzeige. Drool hat es für diese optionale Darstellung ihrer „rhythmischen Gewalt“ geschafft, ein grandioses Mittendrin-Gefühl zu schaffen und gleichzeitig Nebenwirkungen wie induzierte Übelkeit zu vermeiden. Vielleicht weil man den Kopf eigentlich kaum bewegt und stattdessen nur mit den Augen die vor einem liegende Strecke taxiert, während man gleichzeitig auf die akustischen Stichpunkte achtet, die einem Thumper in die Ohren jagt.
Und entgegen meiner ersten Erwartung hatte ich in der VR-Ansicht sogar weniger Schwierigkeiten. Meine Theorie: Weil die Konzentration unter Headset und Kopfhörern gebündelter ist als vor dem Bildschirm. Möglicherweise auch, weil mit der VR-Brille der letzte Restzweifel in Form des möglichen Input Lags ausradiert wurde. Das bedeutet nicht, dass Thumper in der virtuellen Realität zu einem Kinderspiel wird – es ist und bleibt eine stets wachsende Herausforderung. Doch es ist eine Herausforderung, der ich unter dem Headset wesentlich lieber begegne als vor dem großen Fernseher.