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The Witcher 2: Assassins of Kings (Rollenspiel) – The Witcher 2: Assassins of Kings

Krieg an den Grenzen, uralte Kreaturen in den Wäldern und Gier in den adligen Köpfen – die nördlichen Reiche kommen nicht zur Ruhe. Überall Heerlager und Soldaten, Verräter und Rebellen. Was für Geschichten verbergen sich hinter den Konflikten der Menschen und Anderlinge, der Fürsten und Könige? Wem kann man trauen, wen soll man unterstützen? In der Rolle eines Hexers gerät man in einen blutigen, drei Akte tiefen Strudel der Machtpolitik.

© CD Projekt / Namco Bandai

Vernarbter Womanizer

[GUI_PLAYER(ID=72348,width=350,text=Die ersten zehn Minuten des Abenteuers.,align=right)]Billig, steril oder kitschig. Manchmal auch alles zusammen. Fantasy ist gerade aufgrund all der berühmten Vorlagen und Traditionen ein verdammt schwieriges Feld. Vor allem, wenn eine Welt auf eine ganz eigene, markante Weise blühen soll. Aber sobald sich Entwickler an Zwerge, Elfen und Magie wagen, muss man sich noch vor dem ersten dummen Dialog oder bösen Bug vor dem schrecklichen Artdesign fürchten. Falls dann noch weibliche Charaktere auftauchen, geht die Vorfreude auf ein Abenteuer für Erwachsene meist in animierten Peinlichkeiten unter. Dann noch Sex im Spiel? Bitte nicht…

Umso eleganter wirken schon die ersten Szenen in diesem hochwertig inszenierten Rollenspiel: Der Hexer erwacht neben einer rothaarigen Schönheit, streicht ihr sanft über die Hüfte – ein sinnlicher Moment. Überhaupt werden die Frauen hier ebenso erotisch wie schlagfertig dargestellt, sind meist cleverer und vor allem in der Rolle der Zauberin mächtiger als die ebenso plumpen wie primitiven Männer – natürlich gibt es auch die zickige Ausnahme.

Später geht es meist derber zur Sache, es gibt Bordelle und explizite Gelegenheiten, zig mögliche schlüpfrige Techtelmechtel für den Hexer, der wie ein James Bond der Fantasy keiner Schönheit aus dem Weg geht. Ich erinnere mich auch an kein Abenteuer, in dem Sex so oft thematisiert wurde und „ficken“ so oft aus den Boxen schallte, egal ob in Witzen oder Dialogen. Ist das ein Problem? Nein, im Gegenteil: All das passt in diese Fantasywelt, die in ihrer Tonalität eher an das derbe Gothic als an das pathetische Herr der Ringe erinnert. Und wer will, kann hier auch der Liebe den Vorzug geben.

Gejagter Hexer

Für ein Techtelmechtel ist der Hexer immer zu haben - und sie werden für ein Videospiel hervorragend inszeniert.

Für ein Techtelmechtel ist der Hexer immer zu haben – und sie werden für ein Videospiel hervorragend inszeniert.

Geralt von Rivia, dieser vernarbte Wolf mit den gelben Raubtieraugen und dem weißen Haar, pflegt ohnehin einen anderen Stil. Er erscheint im Prolog fast wie ein sanfter Liebhaber. Man spielt quasi den mysteriösen männlichen Gegenentwurf zum ordinären Wachmann, der ein paar Sekunden später sein Schweinegesicht durch die Zeltwand schiebt und von des Königs Befehl grunzt. Viele Szenen wie diese prägen sich ein, weil sie einfach so gut arrangiert werden.

Geralt wirkt gegenüber seinem Debüt in The Witcher (Wertung: 85%) reifer, aber auch gezeichneter – ein düsterer Held mit bewegter Vergangenheit, ein gnadenloser Monsterjäger und gejagter Individualist in einer Welt der Vorurteile und des Rassismus‘. Nicht nur diese Charakterisierung gelingt den Entwicklern ausgezeichnet; auch die Nebendarsteller von Geralts alten Kumpanen bis hin zu all den Rittern, Baronen und Magiern wirken glaubhaft und greifbar, werden auf Englisch sehr gut, auf Deutsch gut gesprochen.